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Klein, Anton [Hrsg.]
Leben Und Bildnisse Der Grosen Deutschen (Vierter Band) — Mannheim: [Verlag nicht ermittelbar], 1798 [VD18 90764374-ddd]

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https://doi.org/10.11588/diglit.62450#0080
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36 OTTO DER GROSE, KAISER &c.
ten; aber alle seine Kriege waren gerecht. Er hat nicht im Anfälle einer
Fürstenlaune, aus nichtigen Ursachen, oder hingerisien von politischen Raen-
ken sein Volk auf die Schlachtbank geführt. Welcher Eroberer ist darin
dem grosen Otto gleich? ,
Er war unerschrocken, tapfer und standhaft; sein Scharfblick durch-
drang schnell alle Verhseltnisse; seine entworfenen Plane führte er mit einer
erstaunens würdigen Schnelligkeit aus. Er war in den Waffen grau gewor-
den, aber am Ende seiner Tage schlug sein Herz noch eben so lebhaft für
das Wohl der Menschen, wie in der Brust des feurigen Jünglinges. Die
schoensten Züge in der Schilderung dieses grosen Kaisers sind die Treue,
mit der er die geschlossenen Vertraege und Bündnisse hielt: (denn nie hat
Otto sein detitsches Wort gebrochen) und die dankbare Freygebigkeit,
womit er die dem Staate geleiteten Dienste vergalt. Ein dankbarer Fürst!
welche erhabene Lehre für die Herrscher der Nachwelt!
Rechnet nun diesem grosen Manne seine Andacht nicht zu hoch am
Finster war sein Zeitalter, der Geist der Menschen beugte sich vor dem
Ausspruche der Priester, und diese waren selbst noch Barbaren. Wer haette
also Otten die reine prünklose Religion lehren sollen? Die Vorurtheile
haeuften sich, die Religion war unkenntlich geworden, ihre Grundsaetze
waren verunstaltet, und die Priester naehrten zum Theile jene falsche Be-
griffe , wodurch man sich von dem wahren Ziele der heiligen Religion ent-
fernte; Ausschweifungen und Thorheiten waren daher die Folgen dieser
Grundsaetze. Die Diener der Kirche zu bereichern, war nach der dama-
ligen Denkungsart das verdienstlichste Werk vor Gott, und ihn in seinen
Heiligen zu ehren, die sicherste Gewaehrleistung der Seligkeit. Auch der
biedere Otto ward hingerisien von diesem Wahne, den die Priester so
sorgfaeltig naehrten. Und doch liess sein groser Geist sich nie von Priestern
regieren. Otto war immer Selbstherrscher.
Otto war zweymal vermaehlt. Seine erste Gemahlin Editha war die
Tochter des Koeniges Eduard I. von England. Sie gebar ihm Luidulfen,
den Herzog von Schwaben, Und Luitgarden, die Gemahlin des Lothrin-
gischen Herzogs Konräd. Nach Edithens Tode vermaehlte er sich mit
Adelheiden , der Wittwe des italienischen Koeniges Lothar. Mit ihr
erzeugte er Otto II., und Mathilden, erste Aebtissin von Quedlinburg.
Eine edle Slavin gab ihm einen natürlichen Sohn Wilhelm, den er zum
Erzbischoffe von Mainz machte. Dieser Wilhelm war zugleich Statthalter
von Thüringen.
Otto war majestaetisch von Gestalt; sein Auge war feurig; seine Le-
bensart einfach und maesig; und nur zu gewißen Zeiten zeigte er die Pracht
des Kaisers. Nie Vertauschte er die vaterlaendische Kleidung mit einer
fremden. Sein Anblick foderte Ehrfurcht; aber sein freundschaftlicher
Umgang riss zur Liebe hin. Er liebte die Tugend, und an seinem Hofe
waren die reinsten Sitten. Otto verdient den Fürsten der Nachwelt zum
Muster vorgestellt zu werden. Er war Held und guter Mensch in gleich
hohem Grade: stellet nun die Kolosien der Geschichte neben diesen Otto —
und vergleichet!
 
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