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Knackfuß, Hermann; Michelangelo [Ill.]
Michelangelo — Künstler-Monographien, Band 4: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.71515#0014
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6

Michelangelo.


Abb. 5. Studie nach dem Leben. Rötelzeichnung
in der Sammlung der Kunstakademie zu Venedig.

Nach einer Originalpbotographie von Braun, Element
L Cie. in Darnach i. E. und Paris.)

nach dem lebenden Modell.
Unter den Zeichnungen, die
sich von seiner Hand erhalten
Haben, finden sich mehrfach
anatomische Skizzen (Abb. 4
und 9). Sogenannte Aktstu-
dien nach dem Leben kommen
verhältnismäßig selten vor;
sie sind aber wundervoll aus-
gesührt und bekunden auch
ihrerseits das gediegenste
anatomische Wissen (Abb. 5).
Die größte Mehrzahl der
Studienblätter Michelangelos
— gleichviel ob sie seiner
Jugendzeit oder seinem Al-
ter angehören — lassen er-
kennen, daß der Meister aus
dem Gedächtnis, auf Grund
seiner vollkommenen Kennt-
nis der Knochen und Mus-
keln, sich über die gerade in
Frage kommende Ansicht eines
menschlichen Körpers oder
Körperteils Rechenschaft zu
geben gesucht hat; die Haut
erscheint dabei sozusagen nur
wie ein dünner Überzug über
den formbestimmenden Teilen
(Abb. 6).
Piero de' Medici, Lo-
renzos Sohn und Nachfolger,
Hatte nicht dessen glänzende
Eigenschaften geerbt. Zwar

setzte er den Michelangelo, der ihm in dem un-
gewöhnlich kaltenJanuar des Jahres 1494 den
Gefallen that, im Hofe des Palastes einen
kunstvollen Schneemann aufzubauen, wieder
in die Stellung ein, welche derselbe unter-
Lorenzo inne gehabt hatte, aber er schätzte
einen spanischen Schnellläufer ebenso hoch
wie den jungen, schon so großen Künstler.
Florenz ertrug die Herrschaft Pieros nicht
lange; im November 1494 wurden die
Mediceer vertrieben. Michelangelo ging
diesem Ereignis, das er herannahen sah,
aus dem Wege; der Traum eines Freundes,
dem Lorenzo der Herrliche warnend er-
schienen War, soll ihn veranlaßt Haben, Flo-
renz zu verlassen. Er begab sich zunächst nach
Venedig und dann, da er dort keine Be-
schäftigung fand, nach Bologna, wohin sich
auch die Mediceer geflüchtet Hatten. Hier
brachte ihn der Umstand, daß er es versäumt
Hatte, sich ein Kennzeichen geben zu lassen,


Abb. 6. Armstudien. Rötelzeichnung in der Sammlung der Kunstakademie
zu Venedig. (Nach einer Originalphotographie von Braun, Clement L Cie.
in Dornach i. E. und Paris.)
 
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