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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0032

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Die Entstehung der Künstler-Kolonie.

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des Protektors standen ihnen nicht nur Ateliers
zur Verfügung — diese wurden z.T. provi-
sorisch in dem »Prinz-Georgs-Palais« be-
nannten Rokoko-Pavillon im »Herrengarten«
eingerichtet —, sondern sie erhielten auch
Wohnungs - Zuschüsse, bez w. beträchtliche
andere Zuwendungen aus Fonds des Staates
und des Grossherzoges, welcher sich die Ober-
leitung der Kolonie persönlich vorbehielt
und die Errichtung eines Künstler-Hauses
mit zweckmässigen Ateliers in hochherzigster
Weise in Aussicht stellte. Sie sollte keine
»Schule« sein, sondern eine »frei schaffende
Gemeinde« teils schon gereifter, vollbewusster
und bewährter Künstler, teils junger, viel-
versprechender Talente, denen hier unter
glücklichen Umständen Gelegenheit gegeben
war, sich kräftig zu entwickeln. Im Laufe
des September 1899 traten dann noch unter
gleichen Voraussetzungen und Bedingungen
zwei Künstler hinzu, denen bereits ein be-
deutender Ruf vorausging: der Architekt
Josef M. Olbrich, ein Schüler Otto Wagner's,
des Führers der Jung-Wiener Gruppe, und
Peter Behrens, ein Hamburger, der bei den
Ersten gewesen war, die gegen Mitte der
90 er Jahre sich in München der Gewerbe-
Kunst zugewendet hatten.

So gingen denn die »Sieben« im Herbst
1899 an das Werk. Zunächst galt es, noch
wenigstens durch einen kleinen Raum auf
der Pariser Welt-Aus Stellung von 1900 zu
zeigen, dass man da sei, und Professor Josef
M. Olbrich übernahm es trotz der knappen
Frist, einen Gesamt-Entwurf zu schaffen. Die
übrigen Mitglieder beschränkten sich — da
der Reichs-Kommissar keinen weiteren Raum
mehr zu vergeben hatte — auf grössere und
kleinere Einzelstücke, unter denen jedoch so
vorzügliche Arbeiten waren, dass sie wohl
als das Beste ihrer Art auf der Welt-Aus-
stellung gelten konnten. Zugleich wurden
die Vorbereitungen für die eigene Ausstellung
vollständig eingerichteter Häuser in Angriff
genommen, die im Frühjahre 1901 auf der
Mathilden-Höhe eröffnet werden sollte. Hier-
bei unterlagen alle grösseren Dispositionen der

Entscheidung des Schirmherrn der Kolonie,
der an allem thätigsten Anteil nahm.

Der Grossherzog hat eine durchaus
selbständige Auffassung von dem Wesen der
Gewerbe-Künste, und mehr als das: er ver-
mag selbst mit dem Stifte seinen künstle-
rischen Absichten Ausdruck zu geben, in-
soweit es nötig ist, um den Werkzeichner
oder Handwerker bei der Ausführung genau
zu dem hinzuführen, was in dem künst-
lerischen Geiste des hohen Herrn Gestalt
gewonnen hatte. So ist denn auch sein Ver-
kehr mit den Künstlern derart, dass diese
stets glauben, mit einem Künstler zusammen
Pläne zu entwerfen und zu schaffen. Bei
aller Bestimmtheit der eigenen Auffassung,
gibt der Grossherzog seine Ideen nie als
Befehle, denen der Künstler sich bedingungs-
los zu. unterwerfen habe; er lässt vielmehr
dem Schaffenden seine volle Freiheit und
tritt gegebenen Falls auch von seiner eigenen
ursprünglichen Auffassung gerne zurück,
wenn der Künstler einen besseren Vorschlag
zu machen und zu begründen weiss.

Es sei auch nicht versäumt, darauf hin-
zuweisen, dass auch Ihre Königliche Hoheit
die Grossherzogin Victoria Mehta eine be-
geisterte und fein empfindende Freundin der
schönen Künste ist. Die hohe Frau übt
selbst die Malerei aus und verfolgt mit leb-
hafter Teilnahme alle Vorgänge des künst-
lerischen Lebens. Sie hat insbesondere die
Pflege der feinen Frauen-Arbeit, der Stickerei
und Weberei etc. in Anregung gebracht und
unter ihren Schutz genommen, ein Gebiet,
das wie kein anderes dazu angethan ist, ver-
edelten Geschmack und künstlerische Auf-
fassung unter der gebildeten Frauen-Welt
und somit in den Familien zu verbreiten.

Schon nach kurzer Zeit Hessen sich denn
auch günstige Folgen feststellen und na-
mentlich die rasche Beschaffung der Fonds
und Garantie - Summen für die Ausstellung,
zu welchem Zwecke unter dem Vorsitze des
Majors Freiherrn von Heyl ein Finanz-Aus-
schuss hervorragender hessischer Persönlich-
keiten zusammentrat, bewies, dass man im
 
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