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Koch, Alexander [Editor]; Fuchs, Georg [Editor]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0197

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Ausstellung der Künstler-Kolonie Darmstadt. Ludwig Habich.

bringt, das sich und andere
erfreut an hübschen For-
men, Scherzen und Ge-
schmeiden, die es klirrend
aus seinem bunten Korbe
vor uns ausschüttet. —
Habich hat den grossen
Platz vor dem Ernst-
Ludwigs - Hause und so-
mit den repräsentativen
Mittelpunkt des Kolonie-
Gebietes in den Bann
seines Geistes gezogen
durch die beiden Kolossal-
Figuren vor dem Haupt-
Portale. Der Baumeister
des Hauses ist bescheiden
zurückgetreten, um den
Bildhauer in gewaltiger
Sprache das sagen zu
lassen, was an dieser
Stelle gesagt werden
musste. Habich empfand
es klar und, wie die Wir-
kung des Geschaffenen
uns fühlen lässt, mit Feuer
und Begeisterung, dass
hier ein Symbol des
grossen Gedankens, des
kräftigsten, jugendfrohen
Wollens sich erheben
müsse, zugleich auch ein
Ehrenmal für den Stifter

des Hauses und ein Sinnbild des Gelübdes,
das die Künstler zu erhebendem Thun ver-
einigen sollte. — -»Der Mann«, »Das Weib«,
beide jung, stark und schön. Er, bereit zur
That, voll Begierde nach dem berauschenden
Entfalten aller jugendlichen Kräfte, sie, zu-
versichtlich harrend und bereit, das Erlösende
mit dem Jubel der reinen Seele zu begrüssen:
so hat Habich seine Symbole erschöpfend
gewählt gestaltet. Das Gebende und das
Empfangende hat er hier als die gebietenden
Prinzipien einer neuen Gemeinschaft von
Künstlern aufgerichtet, wie einst die Alten
ihre Götter-Bilder vor die Thore stellten.
Doch er hat sich nicht knechten lassen vom
Geiste der antiken Kunst und hat es vor-
gezogen, lieber einmal etwas vom Ziele ab-

zuirren oder darüber hinauszugehen, wie
vielleicht in der etwas zu wuchtigen Pose
der Hände und Arme der männlichen Figur,
als das sattsam Nachgeahmte wieder nach-
zuahmen. Und bei uns muss es in der That
schon recht viel heissen, wenn bei einem
solchen Vorwurfe die antike oder barocke
Plastik nicht Gevatter steht. Habich, ein
Schüler der Münchener realistischen Schule,
ging hierbei freilich nicht die Bahn strenger,
hieratischer Stilistik, welche ihn wohl zu
Kolossen geführt hätte, die, aus dem Ge-
steine kaum hervortretend, als stumme, ge-
heimnisvolle Wächter stehen, eine Plastik
nach Art der »Rolande«, nur mit höherer
Kultur, oder nach Art der grandiosen Tempel-
und Grabes-Wächter Ägyptens und Babylons.

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