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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0362

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übcr Kunsr uno ceßen.

347

Das Äußere biefes reichen Kaufes ift auffallenb einfach, faft fchmucklos. Aber man
hat fogleid) Den einbruck, als hülle fid) hier ein oornehmer Herr in ein graues Über-
öeroanb, nur um ben 61anz zu Derbergen, ben er barunter zum Fefte tragen roill. Unb
neben oielem glücklich unb unglücklich Bunten unb Unruhigen, bas fid) ringsum auf biefem
Berge bem Blicke barbietet, roeiß fid) foldie 3urückl)altung aufs befte zu behaupten. Sie
ftellt einen ähnlichen, roieberum aus bem beutfchen, bem nieberbeutfdjen Polkstum unb
aus ber Perfönlichkeit feines Urhebers heraus zu erklärenben Perzid)t auf ftarke, augen-
fällige Wirkung bar, roie bas faft Ton in Ton geftimmte Kolorit feiner Bilber. Wenige
fanft in einanber klingenbe Farbentöne: bas tiefe örau bes Putjes, bas bunkle Grün ber
KachehUmrahmungen, bas rounberooll metalllifche Blau=Sd)roarz ber eifen=Klinker an ein-
zelnen Rot)bau=TeiIen unb bas hellere Bläulid)=Rot ber Dad)=3iegel. Selbft bie Cinienführung
ift unenblich zurück gehalten: fie oerroenbet, roie bei allen irgenb Strebenben in bem Bezirke
biefer heute fo ganz hiftorifch oerborrten Kunft felbftnerftänblid) ift, alle gefchichtlichen Anklänge.
TIur eine leife gotifdje ITote zittert burd) bie fpitjen Bogen ber Kad)el=Umrat)mungen. So ift
alles wirklich kaum mehr als Hülle, als ein beutliches Sinnbilb ber Tlbgefchloffenheit unb bes
fllleinbleibenroollens. Die öefinnung ber fofung am Seiten=6iebel: fteh feft mein Haus im
IPeltgebraus, fie roirb auch in Stein unb Färbung ausgefprochen. über Behrens roäre ein armer
Künftler, roenn er nicht an einer Stelle für all biefen Perzicht, faft möchte man ihn Hein-
fagen nennen, entfdjäbigen wollte. So hat er fid) benn einen großen feierlichen Orgel*
klang oorbehalten in bem fonft nur oorbereitenben flnbante biefes Prälubiums: es ift bie
fjaupttljür. Sie oerrät allein, roas bes Cintretenben innen roartet, ohne bod) untreu zu
plaubern. Denn bie Cinien bes golbgelben TITetalU Ornaments auf bem oiolett getönten
örau ber Thüre finb fo rounberfam fremb unb heilig zugleich, baß fie bem Tempel irgenb
eines längft nerfchollenen öötterbienftes ben Eingang fchmücken bürften. Sie wirken
roie eine roeite priefterlid) fegnenbe öebärbe,
allein fie heifchen auch Ehrfurcht unb roecken
hieratifche Schauer, bie faft zu nieberbrückenb
finb für ben heiteren weltlichen 3roeck biefes
Haufes, bie aber oerraten, roie hoher Kunft
biefer Illeifter fähig roäre, roenn man ihn oor
größere Aufgaben ftellte. Tritt TTachts ein Be-
fucher, bem ber Herr bes Haufes holb ift, aus
biefer Thüre, fo flammt ob feinem Haupte ein
Od)t auf. Cs ftrahlt aus einem kryftallenen
ölafe, bas geformt ift, roie ein ebler Stein ber
Berge, unb bas ben köftlichen flbfchluß bes
reichen £inien = Aufbaues biefer einzigen Thür
bilbet. TDer bürfte fagen, er hätte ihresgleichen
fchon gefehen?

Starke Triebe in uns rillen roiberfprechen
ber Steigerung ber Kunft roie ber f ebens=Form.
Jebe Form bebeutet 3roang, fie lenkt uns oon
ben breiten unb ebenen Pfaben ab, fie heifcht
oon uns entfagung oielen fäffigkeiten unb
Behaglichkeiten gegenüber, eine Kunft, bie bem
niltag nur ein Spiegel=Bilb feiner eigenen breit
unb bümmlich lächelnben 3üge norhält, ift ein
bequemer öaft, unb roer ihn oertreiben roill,
barf nicht barauf rechnen, laut willkommen
geheißen zu werben. Jebe flnberung ber Sitte f)erren=stui)i aus bem speife-3fmmer.
 
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