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Kockel, Valentin [Hrsg.]; Universitätsbibliothek Augsburg [Hrsg.]
Ansicht, Plan, Modell: zur Darstellung antiker Architektur am Beispiel von Pompeji und Herculaneum ; [dieses Heft begleitet die Ausstellung, die vom 27.11. bis zum 16.12.1996 in der Universitätsbibliothek Augsburg stattfindet] — Augsburg, 1996

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https://doi.org/10.11588/diglit.28559#0012
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altertumsinteressierten Welt anregen. In dieser Situation mußte ein Unternehmen mit
größter Aufmerksamkeit rechnen, das ab 1778 nicht weniger als 18 Tafeln zu Pompeji
brachte und außerdem den ersten Plan des Theaters von Herculaneum abbildete.

Die „Voyage Pittoresque” des Abbe de Saint-Non

Zwischen 1778 und 1786 erschien in Paris in zahlreichen Lieferungen eine der prächtig-
sten Reisebeschreibungen des 18. Jhs., die Voyage pittoresque ou Description des
Hoyaumes de Naples et de Sicile. Dem Leser sollte eine fiktive Reise durch das südliche
Italien ermöglicht werden, das damals bis auf die direkte Umgebung Neapels von den
Bildungsreisenden noch kaum besucht wurde. Landschaft, Kunst und Architektur wurden
auf über 440 Tafeln und Vignetten im Großfolio-Format ausgebreitet und mit einem aus-
führlichen Text kommentiert.

Als Herausgeber zeichnete Jean Baptiste Claude Richard, Abbe de Saint-Non (1727-
1792), der sich als wohlhabender Kunstkenner und gelegentlich als Stecher bereits einen
Namen gemacht hatte. Saint-Non hatte für sein Projekt einige bekannte Künstler gewin-
nen können. Der Großteil der Abbildungen wurde arbeitsteilig von drei jungen Zeichnern
erarbeitet, die eigens auf Kosten des Abbe Süditalien und Sizilien vom November 1777
bis zum Dezember 1779 bereisten. Der Text stammte vom Abbe selbst, obwohl er an der
Reise nicht teilgenommen hatte. Bei d.er Kritik fand das Werk großen Anklang, geschäft-
lich war es ein Mißerfolg und zehrte das Vermögen des Abbe und seines Bruders auf.

Pompeji und Herculaneum spielen in den ersten beiden Bänden eine wichtige Rolle.
Ein doppeltes Faszikel mit 16 Tafeln ist allein Pompeji gewidmet. Der Abbe konnte sich
im Begleittextzu Recht rühmen, insofern besonders 'pikante' Denkmäler vorzulegen, als
sie kaum bekannt und noch niemals publiziert worden seien. In dem begleitenden Text
gibt Saint-Non recht freimütig über die Methoden seiner Mitarbeiter Auskunft: "Obwohl
man niemandem erlaubt zu zeichnen oder irgendein Maß zu nehmen, weder in Pompeji,
noch im Schloß von Portici, ist es unseren Zeichnern gelungen, sich Pläne und Hisse zu
beschaffen.... Diese erfahrenen Künstler wurden von den Schwierigkeiten noch ange-
trieben und konnten, indem sie mehrfach zurückkehrten und die Wächter nichts bemerk-
ten, Maße nehmen und Pläne erarbeiten, auf deren Treue und Genauigkeit man absolut
zählen kann."

Auf den pompejanischen Ansichten von Desprez tummeln sich übrigens die Architek-
ten zwischen schlafenden oder unaufmerksamen Wachleuten, sicher ein ironischer Kom-
mentar zum Zeichenverbot. Über die Zeichnungen des Theaters von Herculaneum teilt
Saint-Non nur kryptisch mit, man habe sie von - anonym bleibenden - Architekten und
Zeichnern des Königs von Neapel übermittelt bekommen.

Die Voyage konnte mit ihren Pompeji-Faszikeln tatsächlich alle Wünsche der
Subskribenten erfüllen. Die damals ausgegrabenen Bezirke Pompejis (Theaterportikus;
Isistempel; Dorischer Tempel; Stadttor; Villa des Diomedes) wurden umfassend publi-
 
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