9
sehen Kriege 664 a. u. lebte, seine sogenannten schwebenden
Bäder, wo äusser dem gewärmten Wasser, auch das ganze
Zimmer durch den Fussboden geheitzt wurde, erfand; eine
Einrichtung, welche bis dahin unbekannt war, die aber unter
den von nun an mit den Reichthümern der ganzen W eit gleich-
sam überschütteten Römern, besonders seitdem der zu Pompejus
Zeit hochberühmte Arzt Asklepiades sie empfahl, zu dem aus-
schweifendsten Luxus gedieh, denn mit dieser Zeit, der Periode
des Sulla und Scaurus, Lucullus und Pompejus, begann, wie
überall, so auch in diesem Zweige des Lebensgenusses, der ge-
waltigste Luxus, der erst als Liebe zur Bequemlichkeit sich ein-
schlich, dann als Schönheitssinn sich empfahl, dann aber bloss
nach dem Reitze der Neuheit haschte, und endlich unter den
Kaisern in die geschmack- und sinnloseste \ ersclrwendung aus-
artete. Seneca schildert in den oben erwähnten Briefe an Lu-
cilius, als Gegenstück zu der frühem Einfachheit zu Scipio's
Zeiten, die Beschaffenheit der Bäder zu seiner Zeit mit folgen-
den Worten: „Arm dünkt man sich jetzt und gemein, wenn
nicht die Wände von grossen kostbaren Medaillons glänzen,
nicht alexandrinischer und numidischer Marmor eingelegt ist,
nicht allenthalben sich künstliche, der Malerei ähnliche Einfas-
sungen umher ziehen, nicht das Gew ölbe mit Spiegeln überlegt
ist, nicht der thasische Stein, der sonst nur als eine Seltenheit
zur Schau in den Tempeln aufbewahrt wurde, die Bassins ein-
fasst, welche den durch vieles Schwitzen erschöpften Körper
aufnehmen, nicht durch silberne Hähne das Wasser hereinfliesst.
Gleichwohl ist nut noch von den Volksbadestuben die Rede; ich
schweige von den Badezimmern der Freigelassenen; denn w elch
eine Menge von Statüen giebt es da nicht? welch eine Menge
nichtstragender Säulen, die zum Zierrathe, des Aufwandes we-
gen, dastehen! welch eine Menge Wassers, das stufenweise mit
Geräusch herabfällt! So hoch ist hier die Ueppigkeit gestiegen,
dass man auf weiter nichts als auf Gemmen treten will. Jetzt
nennt man ein Bad einen Mottenwinkel, wenn nicht die Sonne
durch sehr grosse Fenster hineinscheint, und man nicht allein
gleich während des Badens gefärbt wird, sondern auch von der
Badewanne aus Meer und Land übersehen kann.“ — u. s. w.
Dieser ungeheure Luxus , diese unermesslichen Reichthü-
mer, welche in die Thermen verwandt wurden, wo die Wände
von den kostbarsten Marmor und andern theuern Steinarten
glänzten, wo die künstlichsten musivischen Fussböden eingelegt
waren, wro in den Porticen und Säulen die in Vergoldung und
feinen Stuck eingefugten mannichfaltigen Arabesken und andere
schöne Gemälde und Statüen, die man aus den griechischen
Städten entführt hatte, und die aus den Ruinen wiederum her-
vorgezogen, die sinn-und geschmackvollsten Verzierungen der
grössten Paläste geworden sind, — das Auge bezauberten —
alle diese Pracht zeigt uns zugleich den Hauptgrund, warum die
Thermen bald nach Constantin verfielen. Denn sowohl die An-
lage selbst, als auch die Unterhaltung, theils der Gebäude, theils
der dabei angestellten Personen und dazu in Gebrauch stehenden
Utensilien überstieg immer mehr die Kräfte einer Zeit, wo Für-
sten und Unterthanen, Städe und Staaten tiefer und tiefer in
Armuth versanken. Ein zweiter Hauptgrund war das unausge-
setzte Eifern der christlichen Lehrer gegen die, mit diesen An-
stalten fast nothw endig verbundenen Ausschw eifungen, w ogegen
schon Clemens von Alexandrien sich sehr kräftig aussprach. Da
nun diese strengere Sinnesart mit dem Christenthum selbst im-
mer mehr zunahm, so war es natürlich, dass die spätem,
besonders christlichen Kaiser, wenn sie auch die Sache noch
duldeten, doch ihnen gewiss weder durch Anlegung neuer,
noch durch Wiederherstellung der verfallenen Thermen Vor-
schub thaten. Auch verdient allerdings mit berücksichtigt
zu werden, dass schon längst weder Aerzte noch Nichtärzte
mehr auf das Baden, als ein vorzügliches Heilmittel ein Gew icht
legten, w ofür es doch früherhin unbezweifelt galt. Als bei den
öf teren Belagerungen und Zerstörungen Roms die Wasserleitungen
stark litten, blieben die Badeanstalten trocken und verödet lie-
gen, da man nur immer das unumgänglich nothwendige wieder
herstcllte. Da sich aber dennoch immer noch eine Menge dort
zu versammeln, und selbst ernste Unterhaltungen zu pflegen ge-
wohnt war, so benutzten christliche Lehrer einzelne Basiliken
und andere Versammlungszimmer der Thermen, und es entstan-
den bald daraus Kirchen, auf deren Erhaltung man ausschliess-
lich dachte, das Uebrige aber, besonders wenn ein verhasster,
den Christen durch das Andenken an erlittene Verfolgungen ein-
geprägter Kaisername sich damit verband, dem Verfalle Preis
gab. Obgleich so viele, und unter diesen sehr bedeutende Rui-
nen römischer Bäder auf uns gekommen sind, so ist doch gerade
der Umstand, dass die grosse Manniclifaltigkeit und Verschie-
denheit dieser Anlagen, deren manche, wie z. B. die des Cara-
calla und Diocletian, von einem beinahe nicht zu übersehenden
Umfange sind, die Beobachtung ihrer Eigenthümlichkeiten un-
möglich gemacht, und den Combinationen grosser Baukünstler
ein gar zu weites Feld eröffnet hat, gewiss vor allem Schuld
daran, dass wir vorzugsweise über diesen Gegenstand genügen-
der Forschungen fast gänzlich ermangeln. Schon alt ist die
Klage, dass w ir über ihre innere Einrichtung nie ganz ins Klare
kommen können, und dass alle Bemühungen der grössten und
geistvollsten Baumeister, immer nur etwas wahrscheinliches, nie
etwas Erwiesenes zum Resultat.gehabt haben ; denn dazu fehlen
uns zuvörderst alle unterrichtenden ausführlichen Beschreibun-
gen der alten Autoren selbst, denn die im Vitruv enthaltenen
sind bloss für seine Zeit gültig.
Äusser den zum eigentlichen Baden gehörigen Zimmern,
nebstSeitengemächer zum Heitzen, für die Wasserbehälter u. s. w.
befanden sich bei vielen noch eine Menge zu verschiedenen Zwek-
ken benutzte Säle, Gänge u. s. wr. Das Baden geschah zwar
amlage, doch wurden die Bäder der in ihnen herrschenden
künstlichen Dunkelheit halber, beständig erleuchtet.
Es folgen hier die Abbildungen von 4 Bädern, wie sic in
den Werken des Alexander Donatus enthalten sind:
1) Tliermae Antoninianae.
Regio XII.
Unter diesen Namen versteht man die von Caracalla erbau-
ten, und von Heliogabalus noch vergrösserten Bäder. Antoni-
nus Caracalla, sagt Spartianus (Sever. 2I-), lebte lange in
den Verwünschungen des Volkes fort, obgleich er sehr präch-
tige Thermen erbaut hatte, in denen ein Zimmer eine solche
Struktur des Gewölbes hatte, dass man sie nachzuahmen für
unmöglich hielt, indem, wie man sagte, bronzene oder kupferne
Gitter in so grossen Zwischenräumen auf die Seitenwände ge-
setzt waren und die ganze Wölbung zu tragen hatten, dass ge-
lehrte Mechaniker schon dieses für unmöglich hielten. Die Art,
wie Spartianus, Diokletians und Constantins Zeitgenosse, diese
Erzählung vorträgt, beweiset, dass er diesen Wunderbau nicht
selbst gesehen, so wie, dass er zu seiner Zeit höchst wahr-
scheinlich gar nicht mehr existirt hat. In diesem Zustande nun
weihete und öffnete er seine Bäder dem Volke unter seinem Na-
men, den sie auch für immer behalten haben. Sein, wie die
Römer sagen, unächter Sohn, Antoninus Varius Heliogabalus
läng an,* um diese im Vicus Sulpicius gelegenen Bäder einen gros-
sen prachtvollen Säulengang zu bauen, welchen Alexander Se-
verus vollendete. Von der Grösse und Pracht im Innern der-
selben ist wohl ein starker Beweiss, dass, nach Venuti 2300
2
sehen Kriege 664 a. u. lebte, seine sogenannten schwebenden
Bäder, wo äusser dem gewärmten Wasser, auch das ganze
Zimmer durch den Fussboden geheitzt wurde, erfand; eine
Einrichtung, welche bis dahin unbekannt war, die aber unter
den von nun an mit den Reichthümern der ganzen W eit gleich-
sam überschütteten Römern, besonders seitdem der zu Pompejus
Zeit hochberühmte Arzt Asklepiades sie empfahl, zu dem aus-
schweifendsten Luxus gedieh, denn mit dieser Zeit, der Periode
des Sulla und Scaurus, Lucullus und Pompejus, begann, wie
überall, so auch in diesem Zweige des Lebensgenusses, der ge-
waltigste Luxus, der erst als Liebe zur Bequemlichkeit sich ein-
schlich, dann als Schönheitssinn sich empfahl, dann aber bloss
nach dem Reitze der Neuheit haschte, und endlich unter den
Kaisern in die geschmack- und sinnloseste \ ersclrwendung aus-
artete. Seneca schildert in den oben erwähnten Briefe an Lu-
cilius, als Gegenstück zu der frühem Einfachheit zu Scipio's
Zeiten, die Beschaffenheit der Bäder zu seiner Zeit mit folgen-
den Worten: „Arm dünkt man sich jetzt und gemein, wenn
nicht die Wände von grossen kostbaren Medaillons glänzen,
nicht alexandrinischer und numidischer Marmor eingelegt ist,
nicht allenthalben sich künstliche, der Malerei ähnliche Einfas-
sungen umher ziehen, nicht das Gew ölbe mit Spiegeln überlegt
ist, nicht der thasische Stein, der sonst nur als eine Seltenheit
zur Schau in den Tempeln aufbewahrt wurde, die Bassins ein-
fasst, welche den durch vieles Schwitzen erschöpften Körper
aufnehmen, nicht durch silberne Hähne das Wasser hereinfliesst.
Gleichwohl ist nut noch von den Volksbadestuben die Rede; ich
schweige von den Badezimmern der Freigelassenen; denn w elch
eine Menge von Statüen giebt es da nicht? welch eine Menge
nichtstragender Säulen, die zum Zierrathe, des Aufwandes we-
gen, dastehen! welch eine Menge Wassers, das stufenweise mit
Geräusch herabfällt! So hoch ist hier die Ueppigkeit gestiegen,
dass man auf weiter nichts als auf Gemmen treten will. Jetzt
nennt man ein Bad einen Mottenwinkel, wenn nicht die Sonne
durch sehr grosse Fenster hineinscheint, und man nicht allein
gleich während des Badens gefärbt wird, sondern auch von der
Badewanne aus Meer und Land übersehen kann.“ — u. s. w.
Dieser ungeheure Luxus , diese unermesslichen Reichthü-
mer, welche in die Thermen verwandt wurden, wo die Wände
von den kostbarsten Marmor und andern theuern Steinarten
glänzten, wo die künstlichsten musivischen Fussböden eingelegt
waren, wro in den Porticen und Säulen die in Vergoldung und
feinen Stuck eingefugten mannichfaltigen Arabesken und andere
schöne Gemälde und Statüen, die man aus den griechischen
Städten entführt hatte, und die aus den Ruinen wiederum her-
vorgezogen, die sinn-und geschmackvollsten Verzierungen der
grössten Paläste geworden sind, — das Auge bezauberten —
alle diese Pracht zeigt uns zugleich den Hauptgrund, warum die
Thermen bald nach Constantin verfielen. Denn sowohl die An-
lage selbst, als auch die Unterhaltung, theils der Gebäude, theils
der dabei angestellten Personen und dazu in Gebrauch stehenden
Utensilien überstieg immer mehr die Kräfte einer Zeit, wo Für-
sten und Unterthanen, Städe und Staaten tiefer und tiefer in
Armuth versanken. Ein zweiter Hauptgrund war das unausge-
setzte Eifern der christlichen Lehrer gegen die, mit diesen An-
stalten fast nothw endig verbundenen Ausschw eifungen, w ogegen
schon Clemens von Alexandrien sich sehr kräftig aussprach. Da
nun diese strengere Sinnesart mit dem Christenthum selbst im-
mer mehr zunahm, so war es natürlich, dass die spätem,
besonders christlichen Kaiser, wenn sie auch die Sache noch
duldeten, doch ihnen gewiss weder durch Anlegung neuer,
noch durch Wiederherstellung der verfallenen Thermen Vor-
schub thaten. Auch verdient allerdings mit berücksichtigt
zu werden, dass schon längst weder Aerzte noch Nichtärzte
mehr auf das Baden, als ein vorzügliches Heilmittel ein Gew icht
legten, w ofür es doch früherhin unbezweifelt galt. Als bei den
öf teren Belagerungen und Zerstörungen Roms die Wasserleitungen
stark litten, blieben die Badeanstalten trocken und verödet lie-
gen, da man nur immer das unumgänglich nothwendige wieder
herstcllte. Da sich aber dennoch immer noch eine Menge dort
zu versammeln, und selbst ernste Unterhaltungen zu pflegen ge-
wohnt war, so benutzten christliche Lehrer einzelne Basiliken
und andere Versammlungszimmer der Thermen, und es entstan-
den bald daraus Kirchen, auf deren Erhaltung man ausschliess-
lich dachte, das Uebrige aber, besonders wenn ein verhasster,
den Christen durch das Andenken an erlittene Verfolgungen ein-
geprägter Kaisername sich damit verband, dem Verfalle Preis
gab. Obgleich so viele, und unter diesen sehr bedeutende Rui-
nen römischer Bäder auf uns gekommen sind, so ist doch gerade
der Umstand, dass die grosse Manniclifaltigkeit und Verschie-
denheit dieser Anlagen, deren manche, wie z. B. die des Cara-
calla und Diocletian, von einem beinahe nicht zu übersehenden
Umfange sind, die Beobachtung ihrer Eigenthümlichkeiten un-
möglich gemacht, und den Combinationen grosser Baukünstler
ein gar zu weites Feld eröffnet hat, gewiss vor allem Schuld
daran, dass wir vorzugsweise über diesen Gegenstand genügen-
der Forschungen fast gänzlich ermangeln. Schon alt ist die
Klage, dass w ir über ihre innere Einrichtung nie ganz ins Klare
kommen können, und dass alle Bemühungen der grössten und
geistvollsten Baumeister, immer nur etwas wahrscheinliches, nie
etwas Erwiesenes zum Resultat.gehabt haben ; denn dazu fehlen
uns zuvörderst alle unterrichtenden ausführlichen Beschreibun-
gen der alten Autoren selbst, denn die im Vitruv enthaltenen
sind bloss für seine Zeit gültig.
Äusser den zum eigentlichen Baden gehörigen Zimmern,
nebstSeitengemächer zum Heitzen, für die Wasserbehälter u. s. w.
befanden sich bei vielen noch eine Menge zu verschiedenen Zwek-
ken benutzte Säle, Gänge u. s. wr. Das Baden geschah zwar
amlage, doch wurden die Bäder der in ihnen herrschenden
künstlichen Dunkelheit halber, beständig erleuchtet.
Es folgen hier die Abbildungen von 4 Bädern, wie sic in
den Werken des Alexander Donatus enthalten sind:
1) Tliermae Antoninianae.
Regio XII.
Unter diesen Namen versteht man die von Caracalla erbau-
ten, und von Heliogabalus noch vergrösserten Bäder. Antoni-
nus Caracalla, sagt Spartianus (Sever. 2I-), lebte lange in
den Verwünschungen des Volkes fort, obgleich er sehr präch-
tige Thermen erbaut hatte, in denen ein Zimmer eine solche
Struktur des Gewölbes hatte, dass man sie nachzuahmen für
unmöglich hielt, indem, wie man sagte, bronzene oder kupferne
Gitter in so grossen Zwischenräumen auf die Seitenwände ge-
setzt waren und die ganze Wölbung zu tragen hatten, dass ge-
lehrte Mechaniker schon dieses für unmöglich hielten. Die Art,
wie Spartianus, Diokletians und Constantins Zeitgenosse, diese
Erzählung vorträgt, beweiset, dass er diesen Wunderbau nicht
selbst gesehen, so wie, dass er zu seiner Zeit höchst wahr-
scheinlich gar nicht mehr existirt hat. In diesem Zustande nun
weihete und öffnete er seine Bäder dem Volke unter seinem Na-
men, den sie auch für immer behalten haben. Sein, wie die
Römer sagen, unächter Sohn, Antoninus Varius Heliogabalus
läng an,* um diese im Vicus Sulpicius gelegenen Bäder einen gros-
sen prachtvollen Säulengang zu bauen, welchen Alexander Se-
verus vollendete. Von der Grösse und Pracht im Innern der-
selben ist wohl ein starker Beweiss, dass, nach Venuti 2300
2