Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
nauesten Messungen Statt gefunden haben. Vor Allem abcr war
es nothwendig, um die Jdce eines Vollendungsbaues anzuregen:
die Herstellungs-Arbeiten am hohen Chore streng im
Charakter und Geiste der Alten auszuführen, damil
nicht nuc daS Vorhandene in seiner ursprünglichen Reinheit er-
halken, sondern auch das unbegründeke Voructheil gehoben wurde,
welches man bis dahin über die Möglichkeit des Gelingens solcher
gothischen Arbeikcn hegte. Der Erfolg hat hoffentlich genügcnde
Beweise geliesert, nnd mit außerordentlicher Geschicklichkeit führen die
kunstgeübten Steinmetzen jetzt wiederum die leichtesten architektoni-
schen Formen, Ornamente und andere Verzierungstheile aus. Der
Geist der Alten scheint in der verjüngten Dom-Steinmetzhütte cingc-
kehrt zu sein, und ausgerüstet mit den technischen Fertigkeiten, sehen
die wackeren Werkgesellen, deren Zahl sich fast täglich vermehrt *),
mit frohem Muthe der Lösung dcr vorliegenden Kunstaufgabe entge-
gen. Besorgnisse über die charakteristische Ausführung des architekto-
nischen Details sind also nicht vorhanden, und die Eonstruction selbst
ist, schon bei dem Herstellungsbaue, mit größerer Sorgfslt als bei dem
ursprünglichen Baue gehandhabt. Viele Mängel haben die Alten
sich in dieser Beziehung am Dombaue zu Schulden kom-
men lassen, und namentlich auch bei der Anlage dcr Pfeilerstellun-
gen unvollkommen gemcssen; ihre Zwischenweiten differiren von 1 dis
11 Zoll, so daß also fast jeder Strebebogen, jedes Bogengewölbe für
sich ausgetragen werden muß. Eine durch aus solide Gründung
ist dagegen vorangegangen, und überall haben sich die
Pfeiler lothrecht erhalten. Bei der Auswahl des angewandten
Gesteins hätte mit größerec Sorgfalt verfahren werdcn können.

Bekannllich ist das Gestein vom Drachenfels zu dem Dombau
ursprünglich in Anwenduna gebracht, auch Tufsteinquadern, doch diese
meistens nur an glatten Wandflächen im Znnern, und an einigen
Strebepfeilern auf der Nordseite des Hochchores. Das drachenfelser
Gestein ist ein Trachyt von weißlich-grauer Farbe, die mit der
Zeit an der Luft in einen gelblich-grauen, sehr angenehmen Farben-
ton abschießt. Es enthält, in gleichförmigem Gemenge, vielen kleinen
weißlichen Feldspath, schwarz-braunen Glimmer und auch dunkel-
grüne Blende-Nadeln und Puncte; dann aber noch streisige Feld-
spath-Krystalle, meistens in sechseckigen, platten Taseln, seltener in
länglichen Säulchen vorkommend. Jene, 1 bis 1'/, Aoll großen, 2 bis
3 Linien dicken Feldspath-Täfelchen verwittern sehr leicht, und veranlassen
ein Abblättern der Steinmasse, wenn die Steinc aufs Haupt, d. h.
aufrecht und nicht auf ihr natürliches Lager, gestellt werden, wo jene
Krystalle in verticaler Stellung die größte Berührungsfläche der Wit-
terung entgegensetzen, sich ablösen oder Poren bilden, in welchen die
eindringende Feuchtigkeit länger festhält und bei abwechselndem Froste
den Stein zersprengt. Daher komml es hicr am Dome oft vor, daß
eine große Anzahl Steine ganz gut erhalten, einzelne daneben ge-
stellte sehr verwittert sind. Jn der ersten Zeit des Neubaues scheint
man mit größerer Vorsicht bei der Verwendung dcs Gesteins zu Wcrke
gegangen zu sein, als später; am Hochcher fanden sich die glatten
Umfassungen der Seitenschiffe meistens gut erhalten, und
selbst an dem Mittelschiff waren die feinen und reich durch-
brochen gearbeiteten Fensterwerke vollkommen gut auf
uns gekommen; die später angesetzten Strcbebogen und Pfeiler
enthielten jedoch viele schadhafte Steine; man sah aus der Unregel-
mäßigkeit der hohen und niedrigen Schichten, mit großen und kleincn
Steinen, worunter selbst Tufsteine vorkommen, daß die ursprüngliche
Sorgfalt beim Bau nicht mehr waltete, und daher waren die Steine
vielfach verwitkert und hiedurch, wie auch durch die unzähligen zweck-
widrigen Eisenverbindungen und durch die mangelhasten und schlcch-
ten Wasserableitungen, die Zerstörung dec Strebebogen hauptsächlich
herbeigesührt wordcn, weßhalb sie erneueit werden mußten. Jm AU-
gemeinen ist der Stein nicht schlccht, er besitzt bedeutende
mechanische Festigkeit, hat sich im Jnnern vorzüglich gut
erhalten und ist auch im Aeußeren in allen Haupkmassen
dauerhaft. DerOber-Bau-Director Moller zu Darmstadt, welcher sich
um die Veröffentlichung verschiedener deutscher Bauwcrke verdient ge-
macht hat, äußert sich bei Gelcgenhcit seincr Hcrausgabe dcs Facst-
mile vom nördlichen Domthurme in solgender Weise: „Der Stein,
auS welchem der Dom erbaut wurde, ist sehr fest und der Verwitte-
rung wenig unterworfen; bloß die kleinen und freistehenden Verzie-
rungen, welche fast durchgängig angesetzt und von weicherem, leichtcr
zu bearbeilendem Material ausgeführt sind, zeigen leichte Spuren des
Einflusses der Zeit und des Wetters. Die eigentliche Masse des
Gebäudes, welche zumTragen bestimmt ist, hat noch nichts
von ihrer ursprünglichen Slärke verloren, ja, diese ist
vielmehr durch die Jahrhunderte bcwährt worden."

Lctztere Behauptung hat sich bei genauer Untersuchung an den bei
dem Hcrstellungsbaue destruirten Theilen vollkommen bestätigt,
und man kann demnach auf den alten vorhandenen Mauern
den Weiterbau mit Zuversicht sorksetzen. Ueber dic Wahl
des jetzt anzuwendenden Gesteins kann hicr aus lei'cht erklärlichen Grün-

*VGegenwartig sind am Dombaue 253 Arbci'ter, worunter 11-1 Stein-
/ metzen, beschästigt, außerdem abcr noch eine große Anzahl in den Stein/,
/ brüchen. Bei dem Restaurationsbaue belief sich dieZahl der Arbeiter aiif
/ 70, einschließlich der 30 bis <l« Steinhauer.

den noch nichts erörtert werden. Große Schwierigkeiten dürfte di«
Herbeischaffung guter Stei'ne in so bedeutender Quantität ver-
ursachen; doch werden ste hoffentlich mit der Zeit überwunden werden.

Zu dem gläcklichen Gelingen des Baues erbitten wir demnach den
Segen und den Beistand des Allmächtigen, ;u deffen Verehrung wir
den erhabenen Tempel errichten.

Köln, im Juli 1842.

Berichtigung. Zn Nr. 1 d. Bl. ist Zeile 7 dieses Artikels zu lesen:
„unserer Dome", statt „unseres Domes"; Zeile 16 fällt das so fort.

ÄrtMlches und titerarifches, den Dom betreft'md.

Von A. Reichensperger.

Die geistige Bewegung, welche der Plan, den Dom zu vollenden,
hervorgerufen, hat sich bereits mannigfach in Wort und Bild abge-
spiegelt, und mit Zuversicht darf man «uf diesem Felde einer reichen
Aernte entgegenschen, wobei es denn auch freilich an mancherlei Un-
kraut und nutzlofer Blumenpracht nicht mangeln wird. Jndem wir ,
uns näheren Bericht und allgemeineren Ueberblick für die Folgezeit vox,
behalten, wollen wir hier nur vorläufig dic Aufmerksamkeit der Leser
dieses Blattcs auf eini'ge Erscheinungen hinlenken, welche sür das grö-
ßere Publicum von desonderem Znteresse sein dürften.

Vor Allem glauben wir von eincr Abbildung unseres Domes in
seiner Vollendung Meldung thun zu müssen, welche unter der Leitung
des um das erhabene Baudenkmal so sehr verdienten Hrn. Sulpiz
Boisseree, gezeichnet von E. Gerhardt, vvn I. Poppel in Mün-
chen gestochen, ncuerlich im Verlage von Cstta erschiencn ist. (Preis
22'/i Sgr.) Das Bild zcigt eineperspectivische Ansichtdes Domes von der
Südseite, und es werden darauf außer dem südlichen Thurme auch die
oberen Geschosse des nördlichen sichtbar. Die technische Ausführung ist
vsrtcefflich; ungeachtet des kleinen Formates sind alle DetailS mit so
musterhaftcr Genauigkeit wiedergcgeben, daß man sast glauben sollte,
eineDaguerreotype vor si'ch zu sehen, und versucht wird, mit der Lupe
auf Entdcckungen in dem Formenmecre auszugehen. Zeichner und
Kupferstecher haben gewetteifert, um daS Abbild des großen Urbildes
einigerMaßen würdig zu halten, und wir zweifeln nicht, daß das Blatt
dem Dome nicht wenig neue Verehrer gewinnen wird; denn man
braucht nur zu sehen, um sosort die unvergleichliche Schönheit und
Großartigkeit deS Wcrkes zu erkennen, — die Erkenntniß aber ist der
erste Schritt zur entsprechenden That. Mögen dieselben kunstgewand-
ten Hände uns recht bald weitere Abbildungen der Art vom Dome
licfern! Am freudigsten aber werden wir eine gelungcne Ansicht dcs
Jnnern begrüßen, indem dadurch anschaulich würde, wie die Conception
dieses Thciles nicht minder gewaltig, harmonisch und selbstständig ist,
als die des Aeußern, erstcres vielleicht sogar noch mehr Bewundcrung
verdient, als letzteres, in so fern es einfacher, ruhiger, consequcntec ge-
halten ist, und der Meister hier mehr Schwierigkeiten zu beseitigen
und hemmende Rücksichten zu nehmen hatte, als bei dem Aeußern.
Wic können nicht umhin, an diese Betrachtung den Wunsch zu
knüpfen, daß unausgesetzt alle, oder doch bei Weitcm die meisten und
besten Kräfte dcr Vollendung des Jnnern zugewendet werden möchten,
indcm, abgesehen von viclen anderen Gründen der gewichtigsten Art,
nur in diesem Falle gehofft werden kann, daß noch vor das Auge der leben-
den Generation (vielleicht schon nach Ablauf von zehn bis zwölfJahren)
ein abgeschlossenes GanzeS gestellt wird, während eine Zersplit-
kerung der Thätigkeit nach verschicdenen Seiten hin höchst wahrschein-
lich nur einige großartige Trümmer mehr ins Dasein rufen, die Voll-
endung eines jeden Theiles dadurch aber wenigstens in eine unabsehbare
Ferne gerückt würde.*)

Bevör wir näher auf das in Rede stehende Blatt eingehen, wollen
wir vorerst noch einer andern auf den Gegenstand bezüglichen Erschei-
nung gedenken, welche füglich nebcn dem boisseröe'schen Bilde bespro-
chen werden mag. — Es ist dies eine kleine, bei L. Kohnen erschicncne
Schcift: „Der Fortbau des kölner DomeS", von H. Püttmann,
mit einer perspectivischen Ansicht des vollendeten Domes, gleichfalls
von der Südseite genommen, gezeichnet von Wegelin, gestochen von
Rouarge. (Preis 20 Sgr.) Das Lchriftchen saßt in klarer, gewand-
ter Rede dasjenige kurz zusammen, was in der jüngsten Zeit, insbe-
sondere seit dec Gründung deS kölner Dombau-VereinS, hier und an-
derwarts für die große Sache gewirkt worden, und zählt die Vereine
auf, von welchcn zur allgemeinen Kenntniß gekommen ist, daß sie flch
bereits constituirt haben, oder doch solches zu thun im Begri'ffe stehen.

Das bisherige Resultat ist im Ganzen cin sehr crfreuliches zu nennen,
und man darf schöne Hoffnungen auf dasselbe gründen, wenn auderS
die That nur nicht allzu weit hi'nter dem Worte zurückbleibt. Wir
bcmerken hier noch zusätzlich, daß die diesjährigen, vom Vereins-Vor-
lande in Köln geschehenen Einsammlungen für diese Stadt allcin be-
reits mehr als das Doppelte vsn dcm ergeben haben, was in dem
letztvergangenen Zahre die vicr Regierungsbezirkc dcr Erzdiözese Köln
zusammengenommen an freiwilligen Gaben beigebracht, während aus-
wärts das Städtchen Merzig an der Saar z. B. schon weit mehr ein-

*) Mit Freude ersehen wir so eben aus Rr. 5 d. Bl., daß Herr Regic-
rungs-Baurath Iwirner auch aus dem technischen Standpuncte die
möglichste Beschleunigung des Baucs der Schiffe auf das dringendste
anempfichlt.
 
Annotationen