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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1879 (Nr. 314-319)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2001#0002
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Sulpiz Boifieree,

seine Bczithuugen zum kölocr Dom uud einige seiuer Briefe.

Mitgetheili von vr. Ennen.

(Fortjetzung.)

Die von Ouaglio gezeichueleu Bläiter sind jehr g-istrelch, die andem von
Fuchs mil uneudücher Sorgsalt, und beide mit Geschmack, Fleiß und Zierlichkeit
auegesührt, so daß man wirllich sagen kann, taß sür dasjenige, was diese
Blälter sein sollen, nichls zu wünschen übrig bleibt. Sie sollcn eigentlich einem
Hausttiverle die Krone ausjetze», und ich bin nichl weniger neugierig auf das,
vas uns diese Kunstsreund« und Künstler auS früherer Zeit überliescrn iverden.

Diese Zeichnungen >verd«>r inimer, wie sie hier liege», unschätzbar bleiben,
wenn cs auch g vße Schwirrigkeil habe» joll, sie in Kupser stechen und dem
großrn Pnblieum rniltheilen zu lasien, >vozu ich in unserer Zeit kaum cine
Moglichkeit sehc. Toch wird die Velriebjamkeit derer, die schon so viel geleiftet,
auch hierbei >vohl mehr thun, als man sich vorstellen kann.

Jch habe mch früher auch sür diese Dinge interessirl, uud eben so eine Art
von Abgöttcrei mN drm Slraßburger Münster getrieben, desien Fa;adr ich auch
jrtzl nvch wie früher sür größer gedacht halte, als dic des Dames zu Köln.

Herr Baisieree hat mir einen sehr hübschen, verständigm Bries geschriebe»,
drr, wie die Zeichnungen, mich sür ihn einnimnil. Jch lege für ihn ei» flnch-
tig-s Blättchrn bci, rvori» ich ihn aus Michael einlade.' R.

8. Sulpiz Boisscree an Goethe.

Heidclberg, 24. November 1810.

Meine Frcude über Jhre gütige Theiluahme an meincn Bcmühungen sür
die altdeutsche Kunst ist Jhn.n durch de» Herr» Gcjandten Reinhard belannt
geworden; ich selbst hatte nach Jhrer frcundlichcn Einladung lange gehofft,
Jhne» meinen Dank mündl-.ch bringen zu können; aber die bei zusälligem
Begegnen mit Colta i» Baden ent >andene Uebereinküiist wcg-n Herausgebens
meme- Werkes hat mir so vieke Arbeilen und Geschäste zugezogen, daß ich um
Michael die Rrije zu Jhnen nichl antrelen konnte. Zudem war ich durch
sehr glaubwürdige Gerüchtc an Jhrer Riükkehr nach Weimar vor dem Winter
irre geworden, und ersl vor einigen Wochen sagtc mir dcr Erb.-rinz der mit
Frau v. Hellwig tam, um einig« unjerer alten Gemälse zu sehen, daß Sie
im October wiedcr zu Hause angelangt jeyeii.

Meine BeschLstigangen werde» um jo eher geeignet jeyn, mich bei Jhnen
zu entjchuldigcn, jc größere Frcude Jhnen die Au-führung meines Uiltcrnehmcns
machen inuß, sür welches Eie i» den jetzigen jchivercn Zeitcn mit Nccht unübcr-
Peigliche Hindernisic gesürchtet haben.

Sie werden mir aljv auch crlauben, Jhre Einladuug auf den März zu
Hbertragen; ich hoff« dann zugleich, in Jhren Gegenden, in Leipzig und Dresden,
a>d«r in Berlin einen Künstler zu finden, dem ich die perjpectivijchen Blütier
Der kölnijcheu Domkirche und vor Ailem zuerst das Schönsie und schwierigste,
die Anstcht des Aeußern, anvertrauen kann.

Es ist nämlich bcjchloffe», da- Werk durch den Grabstichek anSsühren zu
lasien; fiir di« großen geometrijchen Blätter habe'ich schon einen gcjchickien,
rechl sieißigen Mann, Duttenhofer in Stuttgari, und e- wird wohl leine Mnhe
kosten, noch einen für die cinzelnen Theile, Lanbwerke u. s. w. zu finden; viel-
lcicht wäre schon Hüllmann in Leipzig dazu zu gebrauchen.

Mü Len zerspectivijchen Blätteni, wcil sic ebea bei großer Gejchicklichkeit,
Fleiß und Treue auch einc nicht g-ringe Kunst der Haltung fordern, stcht es
iveil bedenklicher. Ma i empfichlt mir Darnstedt in Dresdni, der al- Land-
schasts.lecher mit der Luftperspective Bcjcheis weiß und ainh Fleiß und
Eaubcrheit genug haben joll. Jst er Jhuen bekannt, und darf ich mir Jhren
Rath wegen seiner und überhaupt wegen tauglicher Künstler zu meinem Werke
ausbilten tz Sie würden mich dasurch um so mehr verbiuden, als ich, im Fall
bis zum Frühjahr stch leine Ausstcht ergäbe, den rcchten Künstler in Deutjch-
Ian > zu stnden, gezwungen jein würde, nach Paris zu gehen, welches mir,
da ich e- jchon kenne, und außer andern Gründen hauxljächlich deßwegen sehr
uiiangenrhm wäre, weil stch dadurch da- Glück Jhrer perjönlichen Belannt cha't
noch länger von mir entsernen würdc.

Die einzige Art, wie ich, jclbst wenn sich kein tauglicher Kupfersiccher für
mich in Deuljchland sänd«, die Zufiucht nach Paris vermeiden könnte, wäre,
daß man sich enijchlösic, d:c hoch perspectivijch-m Mütter allein in Aquatinta
arbeiten zu lasien, wozn sich dan» «ntweder Haldeiwang in Karlsrnhe oder
Frick in Bcrlin verstehen würse. Zlber dadurch wäre die Einhcii der Behand-
lung gestört, maii könnic nicht viele Abdrüäc nehmen und, was die Hauptjache,
die vielen Glieder und Zi-ralh.m dieser reichen Bauatt würden an Bestimmt-
heit vcrlieren. Bei Jhren gründlichen Einstchten, waS sich zu einer tüchtigen
und würdigen Au-sührung meincr Zcichnung gehürt, kennen Sie unsere Künstlcr-
welt so g-nau, und habcn sich von j-her so g-rn aller Küustler jorgsällig mit
Rath und That angenommen, daß ich e- wage, Sie auch noch mit d.eser
Frage zu beläjttgen,

Jn Erwarlung einer gütigen Anlwort habe ich die Ehre zu jein Jhr
crgcbenjter S. B.

9. Alls Sulpiz Boifferve's Sklbstbiographie.

Jm Winter 1803 tam es in mir zu einer großen gewaltigen Gährung.
Die Vorleiungen von Schicgel waren beendigt; die Bejchästigung mit dcr
Kunst, das Sammcln altdeutjcher Semäld« «nd das Studium der Kunslge-

jchichte, bejonder- auch der mitteralterlichen Bautunst, hatte meine Neigung
immer mchr in Anjpruch genommen. Nnn wars ich mich zu Ansang dieses
Jahre» auch noch auf di« Ausmesiung de- Domes, und ich bezann leiden-
scha tiich von einem W«rk zu träumen, welchs- dics.S so traurig unterbrochene
Denkmal deuljcher Größe im Bilde vollende! darsiellen sollle. Dagegen erhoben
sich von außen cine Mcnge Schwierigkeiten iind Sorgen wsgen dcr Mittel
und Kräfte, cine kunsthistorische Lausbahn einzuichlagen. Bcrtram lonnte mich
. nicht tröften und beruhigen, er jchien mir die Welt zn lcichtftnnig, zn keck uud
verwegen anzusehen, und Melchior war noch zu jung und stand anch zu jehr
- unter dem Einfluß des nm zehn Jahre ältern Bertram, dcr ihm ein zweiter
Lehrer war. Jch fand mich gauz allcin aui mich selbst angewiesen; der Um-
gang mit Schlegel nnd Reinhard gab mir zwar einigen Halt; abcr vielmehr
gewährte niir die Freundschaft mit einem jungcn, geistreichen Arzt, I)r. Schmitz,
dem ich jeil dem Tode dec Großmuttcr jehr nahe gekommen war und desien
Liebc zur Musik mir übcraus zusagle. Er bewunderte Händel, verehrte aber
noch mehr Mozart, und niich begeisterlen desien Compofltionen, damals besou-
ders seine Clavierconcerte, Quintette und Quartctte dcrmaßcn, daß, wen.i ij
die Gabc der Sprache bejeffcn hätte, ich die Welt von Gedanten und Ge-
fühlen, welche meinc Seele ersülltcn, gewiß in entsprechendcr Form wnrd« dar-
geftellt haben.

10. Sulpiz Boisserbr an Bertram.

Stuttgart, den 21. August 1310.

Hier war msin erster Gang zu Schelling, er erkannte mich gleich wieder
und w.ir sehr freundlich. — Jch hatte von Kettenburg gehört, daß er im
König von England zu Mittag ißt, und bin deßhalb hier abgestiegen, wo ich
täglich neben ihm sitze und die ganze Tischzeit über fast nur mit ihm jpreche,
da wenig oder gar keine Leuie da sind, die von Dingen reden, welche ihn
näher interessiren. Die Zeichnungen begchrte er gleich am crsten Tage zu
sehen, und hatte groß« Freude an der Au-sührung wie an dem Werk, nnd
j sagte un'er Anderm: man gewinne durch Anschauung dieser Blätter in sich
jelber, sie schköilen einsm eine ganz neue Seite des Lebcn-, und zwar des ed!cn
d-utjchen Lcbens aus; es sei dieses Gebäude durchaus groß und herrlich, wie
ein Werk der Natur, ja, man könnte'sagen, ein solche- selber, denn sie trete

auf cine neue Weije die Natur durch den Menschen schöpfcnd anf, und der-

gleichcn mehr. Jch will nun versuchen, ob ich ihn dazu bringe, etwas öffeut-
lich über das Werk zu sagen; ich zweifle nicht an jeinem guten Willen, die
einzige Schwierigteit wird nur die Gelegenheit sein — rvo u»d wie?

Mit den hiesigen Kupscrstechern habe ich große Mühe gehabl, sie wollen
nicht mit der Sprache herau-, was die Platten kofteii könnten, weil sie solche
Arbeiten nie gemacht und dergleichen überhaupt aus dem festen Lands ganz
unbelannt sind. Am allerzähesten war der alte Müller; mir seinem Sohn

habe ich heute jchon zum dritten Mal verhandelt. Gestern hörte ich von

Duttenhufer, der ein jehr braver Landschaftsstecher sein joll, eine verständige
Beurtheilung und Tare. Und so kann ich denn einen ziemlich zuverläjsigen
Schluß ziehen.

Doch vor Allem nmß ich mit Cotta im Reinen sein, und zu diesem Be-
huf wohl nach Tübingen gehen, ivenn er nicht Zeit hat, hicher zu kommen,
wozu ihn Rapp eingeladen. Diejer ift ganz eisrig für da- Unlernehmen, und
ihm habe ich e» hauptsächlich zu danken, wsnn ich die Sache niit Cotta zn
! Stande bringe.

Jch jctze memcn Brief sort, um Euch zu sagen, daß ich an Duttenhofer
! eine herrliche Bekanntschaft gsmacht habe; cr hat mir seine Arbeiten gezeigt,
die in ihrer Art recht schön smd. Dcr gute Man» ist gehörig toll sür die
Sache, und seine Frau fast noch toller: cr bat fich wenig'teus drei Haupt-
, blätter zu machen aus, damit er gehörige Uebung bekäme. Es schein! die
^ Liebe zur deutjchen Baukunst in der Familir zu liegen; sein Brudcr, der Ar-
chitekt war, hielt viel daraus, isl aber in Orvieto schnell gestorben, als er eben
niit der Aufnahme des Do.nes bechästigt war.

Rapp brachle mir den Finanzminister Grafcn Maudelslohe, der in seiner
Freude über die Schönheit der Zeichnungen mit dem Vorschlag herausrückte,
sie der Lönigin zu zcigen, die als englischc Priiizessin eine große Borlicbe für
das Gothijche habe; was wollte ich machen, ,ich mußte mich ergeben. Mein
Ausenthalt wurde dadurch verlängert; es crinnert mich immer da an, daß alles,
wa- den Dom betrifft, nicht in eüiem Tag gemacht ist. Grüßt AUe, beson-
dcrs die Groote's. Everhard wird denlcn, ich habe ihn ganz vergcsien.

11. Snlpiz Boifferse an B.rtram und Melchior Boisseröe.

Köln, den 27. Scptember 1811.

Euren Brics mit Moller's Einlage erhielt ich crst am Sonntag Morgen
auf dem Apollinarisberg, uns jetzie mich gleich hin, um für Moller einen
franzöii'-ben Brief von Witlgenstein wegen der Besichtigung des Baujchadens
! amzu componiren. Es gab der Sache mehr Gewicht, wenn ich denselbcn
l voi-"> .ire selbst uitterschreiben ließ, auch ging e- um einige Tage schucllcr;
j ...u.e ihm den Bricf in Unkel vorlegen und der Doctor jottte ihn dann
^niitn-,men. Schmitz hals mir trculich, und da wir balo sertig warcn, kam
die Trinkchen und sagte: Es ist ein Ezpresie da mit einem Bries. Moller
schrieb mir darin, er sei Morgens mit der Wasierdiligenee in Köln angekommcn;
wir hatten uns beim Vorbeisahren gejchen, ohne uns zu kennen. Die Herbst-
sreude hatte also gleich ein Endc. Jch sand Moller's Frau rriid schwieger-
vater bei ihm, dieje wollten den anseren Morgen wieser weg; als ich hörte,
 
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