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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1882 (Nr. 323-326)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2003#0007
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sofort nach cillerhöchstdessen Rcgierungsantritt im Jahre 1840 an die
Verwirklichung dieses großartigen Planes heran. Auf Anregung einer
Anzahl kunstsinniger Bürger Kölns bildete sich ein Dombau-Verein mit
der Aufgabe, die Mittel zum Fortbau des Domes bis zur Vollendung
zu fichern. Der König bestätigte das Statut dieses Vereins am 8. De-
cember 1841 und übernahm das Protectorat desselben. Darauf wurde
unter Bewilligung eines erheblichen jährlichen Staatszuschusses der Aus-
bau des Domes nach den von 'Zwirner entworfenen Plänen angeordnet,
denen die durch einen überaus glücklichen Zufall im Jahre 1824 aufge-
fundenen alten Bauzeichnungm zur Grundlage dienten. Schon am 4.
September 1842 konnte in Gegenwart Sr. Majestät des hochseligen Königs
Friedrich Wilhelm IV., Ew. Kaiserlichen Majestät als damaligem Prinzen
von Preußen und einer großen Zahl deutscher Fürsten der Grundstein
zum Fortbau gelegt und durch den damaligen Coadjutor des Erzbistums,
nachherigen Cardinals von Geissel, eingeweiht werden. Wenn Se. Ma-
jestät der hochselige König in der bei jenem Anlaß gehaltenen Rede
geäußert hatte: -Hier, wo der Grundstein liegt, dort mit jenen Türmen
zugleich, sollen sich die schönsten Thore der Welt erheben-, so ist dem
hochsinnigen Fürsten noch die Freude beschieden worden, diese »schönsten
Thore<, das Nord- und Süd-Portal des Domes, welches letztere Eurer
Kaiserlichen und Königlichen Majestät seine Ausschmückung veröankt, voll-
endet zu sehen. Am 3. October 1855 wurde in Gegenwart des Königs
die Vollendung der durch Zwirner erbauten Portale durch Aufsetzen der
obersten Kreuzblume gefeiert — eine Feier, welcher auch Ew. Kaiserlichen
und Königlichen Majestäten als Prinz und Prinzessin von Preußen bei-
gewohnt haben.

Jm Jahre 1861 schied der begeisterte Förderer des Dombaues, der
erste Protector des Domes, König Friedrich Wilhelm IV., aus diesem
Leben, später, aber noch in demselben Jahre, der geniale Dombaumeister,
Geheimrat Zwirner.

Am 20. Februar 1861 geruhten Ew. Majestät, das Protectorat
des Central-Dombau-Bereins zu übernehmen; die technische Leitung der
Bau-Arbeiten gingen auf den zum Nachfolger Zwirners ernannten Dom-
baumeister Voigtel über.

Nachdem bereits nach zwei Jahren im October 1863 Ew. Majestät
der Jnauguration der nubmehr in allen Teilen, mit Ausnahme der West-
türme, vollendeten und durch Wegnahme der Trennungsmauer zwischen
Chor und Langschiff zu einem gewaltigen Ganzen vereinigten Domkirche
beigewohnt hatten, konnte am 4. September 1867, in den Tagen des
25jährigen Jubiläums der feierlichen Grundsteinlegung, an der in ihrer
unvergleichlichen Pracht entwickelten Westfaxade die Schlußfiale des großen
Thürgiebels über dem Haupteingange gesetzt werden. Es geschah dieses
in Gegenwart Sr. Kaiserl. und Königl. Hoheit des Kronprinzen, höchst-
welcher seitdem nebst Jhrer Kaiserl. und Königl. Hoheit der Frau Kron-
prinzessin diesem Portal durch das über demselben angebrachte herrliche
Glasgemälde einen neuen Schmuck hinzugefügt hat.

Seit dem Jahre 1868 war die Thütigkeit der Bauverwaltung aus
den Ausbau der beiden Westtürme gerichtet. Um zu diesem Zweck die
Baumittel zu verstärken und einen beschleunigten Ausbau zu ermöglichen,
bewilligten Ew. Majestät dem Central-Dombau-Verein auf dessen Antrag
eine.Prämien-Collecte auf eine Reihe von Jahren. Durch bedeutende
Vermehrung des Personals der Dombauhütte und energischen Arbeits-
betrieb, wie dies die verstärkten Baumittel gestatteten, gelang es nunmehr,
bis zum Schluffe des Jahres 1876 beide Türme, zu denen der Dom-
»aumeister Voigtel die Pläne entworfen hatte, bis zur Höhe des vierten
Hauptgesimses aufzuführen. Der Aufbau der beiden 63 Meter hohen
Helmpyramiden erfolgte sodann innerhalb dreier Jahre, von 1878—1880.
Die 8 Meter hohe Kreuzblums des nördlichen Turmes wurde am 23.
Juli, diejenige'deS südlichen Turnies am 14. August dieseS Jahres ver-
setzt, letztere mit Ausnahme der obersten Schlußknäufe, welche am heutigeu
Tage auf Befehl Eurer Majestät die so eben vollzogene Urkunde auf-
nehmen sollen.

Seit diesem feierlichen Acte werden die 160 Meter hohen Westtürme
des Kölner Domes, deren slldlicher die mächtige, aus dem von Eurer
Alajestät geschenkten Kanonenmetall gegoffene Kaiserglocke in sich birgt,
vollendet und damit das höchste Bauwerk, welches Menschenhand auf
Erden bisher errichtet hat, hergestellt. .

Hervorragend über alle irdischen Bauwerke, soll der Dom von Köln
nunmehr den gegenwärtigen und koininenden Geschlechtern Zeugniß ab-
legen davon, in welchem Geiste Preußens Könige die heiligsten Güter
'hres Volkes zu wahren und zu fördern wiffen. Dem ersten preußischen
Könige, welcher in diesen Landen herrschte, dankt es die Ltadt Köln, daß
ihr das Kleinod, ihr Dom, verdankt es die katholische Kirche, daß ihr
eines ihrer herrlichsten Gotteshäuser, welches unter den vorhergegaiigeiien
Regierungen der Vernachlässigung, ja dem vollständigen Verfall preis-
gegeben war, gerettet und wieder hergestellt worden ist. Der zweite
König aus dem Hohenzollernhause aber faßte in seiner für alles Hohe
und Schöne ergliihenden Seele den großartigen Entschluß, den nur zum
kleinern Teile fertigen Riesenbau zu Ende zu führen und in dem Geiste,
wie das fromme und kunstsinnige Mittelalter ihn geplant hatte, zur vollen
Gestaltung zu bringen. Eurer Kaiserlichen und ^Königlichen Majestät

eudlich, als dem dritten preußischen Könige m diesen Landen, ist es
vorbehalten, das vom Vater und Bruder begonnene heilige Werk des er-
habensten Kirchenbaues zum herrlichsten Abschluß zu bringen. Dafür ist
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät und allerhöchstderen erlauch-
ten Vorgängern auf dem glorreichen Throne der Hohenzollern der
unauslöschliche Dank dieser Stadt, des Rheinlandes, des gesamten deutschen
Vaterlandes gesichert.

Gestatten Eure Majestät, daß ich bei diesem hochfeierlichen Anlaß im
Namen der Dombau-Verwaltung, welche, nachdem der äußere Ausbau des
Domes heute vollendet wird, den größten Teil ihrer Aufgabe als gelöst
ansehen kann, angesichts dieser erlauchten Versammlung, allen denen
den Dank aussprechen darf, welche sich um diesen Dombau verdient
gemacht haben.

Da möchts ich zunächst der Männer gedenken, welche in einer Zeit,
der die Bedeutung des Kölner Domes als eines gotischen Kirchenbaues
in höchster Vollendung nicht mehr verständig war, dieses Verftändnis sich
bewahrt und nicht unterlassen haben, das Jnteresie für den Dom und
dessen Fortbau auf das lebhafteste anzuregen. Jch will hier nur den
Namen Sulpiz Boisseree nennen, der durch Herausgabe seines Prachtwerkes
vom Dom zu Köln den Sinn für das dem Dienste Gottes geweihte
Tenkmal deutscher Kunst zu einer Zeit zu wecken verstand, wo dasselbe
vernachlässigt, ein Abbild vergangener und vergeffener deutscher Größe
als Nuine dastand.

Aber wenn schon diese Vorläufer der großen Bewegung für die Dom-
bausache unsern Dank verdieut haben, so gebührt der Dank noch im
höhern Maße den Trägern dieser Bewegung selbst. Es sind dies vor
allem die Dombau-Vereine, an ihrer Spitze der Kölner Central-Dombau-
Verein. Seit ihrer Gründung im Jahre 1842 sind diese unter aller-
höchstem Protectorate stehenden Vereine rastlos und in erfolgreichster Weise
bemüht gewesen, Beiträge für den Dom zu sammeln und das Jnteresse
für dessen Bau stets wach zu erhalten. Aber auch der andern zahlreichen
Wohlthäter in allen Schichten der deutschen Bevölkerung, an deren Spitze
die deutschen Landesherrn und freien Städte, welche durch reichliche
Schenkungen und Stiftungen oder in anderer Weise der Dombausache
förderlich waren, soll nicht vergessen werden. Jhre Zahl ist zu groß,
als daß ich versuchen könnte, sie namhaft zu machen. Aber einen Namen
darf ich nicht verschweigen: es ist der des edlen und kunstsinnigen Königs
Ludwig I. von Baiern Majestät, dessen großartiger Munificenz der Dom
die farbenprächtigen Glasgemälde des südüchen Seitenschiffes verdankt.

Dank sei ferner den ausgezeichneten Baumeistern, denen die technische
Leitung des Dombaues bisher obgelegen hat. Sie haben cs verstanden,
den Geist des deutschen Kirchenbaues in seinen Tiefen zu erfaffen und
das so Erlernte mit allen Hülfsmitteln moderner Wiffenschaft und Technik
in edelsten Formen auszuführen. Jch bin deshalb gewiß, daß mit den
kunstreich gebildeten und belebten Steinmaffen dieses Domes, welche uns
aus deni 13. Jahrhundert den Namen eines Gerhard von Ryle, als des
ersteii Baumeisters, überliesert haben, auch die Namen der hochverdienten
Dombaumeister des 19. Jahrhunderts auf die Nachwelt ehrenvoll über-
gehen werden.

Dank aber auch den treuen, fleißigen und geschickten Arbeitern der
Dombauhütte, welche, unter der Leitung jener trefflichen Meister heran-
gebildet, alle die iünstvollen Detail-Arbeiten des Dombaues in muster-
gültiger Weise ausgeführt und die untcrgegangene Kunst der Behandlung
gotischer Ärchitekturformen unter uns ncu belebt haben. Jch möchte der
Hosfnung Ausdruck geben, daß sich Mittel finden laffen werden, diese
in der Kölner Dombauhütte erwachsene, in ihrer Art einzige Schule
deutscher Steinmetzkunst, welche mit der Vollendung des Kölner Domes
ihrer Auflösung entgegensieht, in irgend einer Form der deutschen Kunst
zu erhalten.

Endlich aber sollen die gewaltigen Mauern und Türme dieses Domes
Kunde gcben von dem Geiste, welcher in dem deutschen Volke lebt und
Großes schafft. Denn dieseni Geiste, seinem Wiedererwachen ist es zu
danken, daß auch Verständnis und Liebe für den Dom wieder erwachle,
daß der Bau des Domes wieder aufgenommen wurde und daß das
gesamte Deutschland — Fürsten und Völker — sich an diesem Bau, als
an einem großen natioiialen Werke, wetteifernd beteiligten.

Es sei mir gestattet, nochmals an die wunderbar treffenden Worte des
in Gott ruhenden KönigS Friedrich Wilhelm IV. zu erinnern. Jn der
Rede vom 4. September 1842 heißt es: »Der Geist, der diefe Thore
baut, ist derselbe, der vor 29 Jahren unsere Ketten brach, die Schmach
des Vaterlandes, die Entfremdung dieses Ufers wandte. Es ist der Geist
deutscher Einigkeit und Kraft. Jhm mögen die Kölner Dompforten Thore
des herrlichsten Triuinphes werden. Er baue! Er vollende!»

Und dieser Geist des deutschen Volkes, derselbe Geist, der auch in
unsern Tagen so Großes, so Ungeahntes gewirkt hat, er war es, der,
wie cs der königliche Nedner voraussagte, den Dom von Köln ge-
baut, vollendet hat.

Der Dom, begonnen unter der Herrschaft eines deutschen Kaisers auL
dem gewaltigen Geschlechte der Hohenstaufen, versank und verfiel mit
dem Verfall des deutschen Reiches. Jetzt aber, nachdem das deutsche
ssteich in seiner Kraft und Herrlichkeit unter dem niächtigen Scepter Eurer
 
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