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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0058
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53

IV. DIE PORTRAETIERTEN.

Der steil aufsteigende Lebensweg Cuspinians (15o) bis zur Zeit,
da Cranach das Vermählungs- oder Verlobungsbild des Neunund-
zwanzig jährigen gemalt hat, lässt sich entfernt vergleichen mit
den zu vermutenden Ambitionen Cranachs.

Cuspinian wurde 1473 in Schweinfurt geboren (Todesjahr: 1529).
Er ist ein Jahr jünger als Cranach und wie dieser ein "Ostfranke",
"Francus orientalis" (151). Ein Humanist des Celtis-Kreises
musste auf diese Herkunft stolz sein; denn nach Celtis, selber
Ostfranke, stammen die Franken von den ursprünglich griechischen,
aus Gallien nach Ostfranken vertriebenen Druiden ab, die die na-
tionalen Heroen der "antiken" Kultur Deutschlands gewesen sind
(152). Gerade in der Fremde hielt Cuspinian, ähnlich dem in
Wien weilenden Franken Celtis, den Stolz auf seine Abstammung
hoch. Noch um 1527/28 drückte er in seinem Hauptwerk über seine
Wahlheimat, in der "Austria", den Wunsch aus: Ich würde "gern
etwas über meine Heimat schreiben, um dem Vaterland gegenüber
meiner Dankespflicht zu genügen (153).

Die Zugewanderten in Wien kamen sich neben den angeblich weniger
gewitzigten Einheimischen oft als geistige Aristokraten vor und
erwarteten darum, hier eine gute Karriere zu machen (154). Cuspi-

(150) Ankwicz-Kleehoven 1959.

(151) Ankwicz-Kleehoven 1959, 93; Die Matrikel der Universität
Wien, IX. Bd., Graz-Köln 1959, 282. Cranach wird in einem
Gedicht des Christian Baier "Francus orientalis" genannt:
Heller 1854, 13. "Westfranken"sind übrigens Franzosen.

(152) Es war dies für Celtis eine wichtige These, weil er damit
den Glauben verband, die von ihm entdeckten Reste alter
deutscher Kultur (Rosvitha, Ligurinus) würden direkt auf
das Griechentum zurückgehen, d.h. nicht auf die für die
Italiener grundlegende, sekundäre Tradition der römischen
Antike: Bezold 1883, 216 ff; ders. 1922, 23; Preiss 1951,
275 u. 212; Andreas 1959, 514 f.; Celtis 196o, 26 ff.

(Am. I, 12, 33 ff.); vgl. unten Anm.337 f. Cuspinian besass
die Geschichtsquellen-Fälschung des Annius von Viterbo, die
auch von den Druiden handelt, in der römischen Erstausgabe
von 1498: s. unten Anm. 219 . Fuchsmagen machte sich in sei-
ner Handschrift "Gesta Francorum" (Wiener Cod. 3334 von 1482)
Randnotizen zur trojanisch-griechischen Abstammung der Fran-
ken (K. Grossmann, in: Jb.f.Landeskunde v. Niederösterreich,

Nf. XXII, 1929, 277).
 
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