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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0066
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61

V. DIE ENTSTEHUNGSZEIT DES EHEBILDNISSES

Von den zwei in Wien entstandenen Bildnis-Diptychen Cranachs,
die beide in einer vorher nicht gesehenen Form die Landschaft
dicht an die Porträtierten heranführen, trägt das eine, das
angebliche Ehebildnis des Dr. Stephan Reuss (Abb. 16 ), die Jahr-
zahl 15o3. Das typologisch und stilistisch nahezu identische
Porträt Cuspinians kann nur dadurch genauer datiert werden,
dass man den Zeitpunkt der Heirat möglichst genau bestimmt.
Die Frage, welches der beiden Bildnis-Paare zuerst gemalt wor-
den ist, verdient deshalb ernst genommen zu werden, weil bei
einer derart originellen Leistung die Erstformulierung anders
beurteilt werden muss als die zweite Fassung. Soll man das
"Reuss"-Bildnis (177) als Vorstufe zur reifen Gestaltung des
Diptychons Cuspinians verstehen, oder verhält es sich so, dass
nach dem genialen ersten Wurf das kurz danach ausgeführte zwei-
te Bildnispaar als Variante eine leicht reduzierte und mattere
Ausformung erhalten hat? Im zweiten Fall würde man hier zum
erstenmal ein Prinzip beobachten, das das ganze spätere Oeuvre
Cranachs bestimmt: die Variation einer Bilderfindung ohne so-
gleich spürbaren Substanzverlust.

Am 7. November 15o3 gebar die Frau Cuspinians das erste Kind
(178). Ende 15o2 lebte Cuspinian schon nicht mehr allein; auf
der letzten Seite seines Kalenders für das Jahr 15o2 findet sich
ein dialogischer Eintrag, der darauf hinweist. Als Universitäts-
rektor im Wintersemester 15oo/ol kann Cuspinian nach damaliger
Vorschrift noch nicht verheiratet gewesen sein. Vor dem 31. Au-
gust 15o2 dürfte er deshalb kaum geheiratet haben, weil seine
Braut dann erst ihren 17. Geburtstag gefeiert hat (179). Zwei-
deutig sind folgende Begebenheiten: cuspinians Notiz im Kalender

(177) S. Anhang.

(178) Ein Töchterchen mit Namen Anna Theodora (Ankwicz-Kleehoven
1959, 29). Zum griechischen zweiten Namen vgl. unten Anm.
349.

(179) Ankwicz-Kleehoven 1959, 28 Anm. 3o: Anna wurde am 31.
August 1485 geboren.
 
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