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DIE COLONIEN VON SYRAKUS

Die von Syrakus weiter im Westen der Insel gegründeten
I Colonien, Akrae (Palazzolo) um 064, Kasmenae um
644, Kamarina um 599, endlich das von Dionysios
396 v. Chr. angelegte Tyndaris haben kaum irgendwie ansehn-
liche Reste von Tempelbauten bewahrt und lehren daher wenig
für die Geschichte der sacralen Architektur.

Akrae hatte wie die erhaltenen Inschriften leinen ein
"AipopdiGiov (seine Lage kann vielleicht nach einem von dem
Barone Judica gemachten Funde, der Bekrönung einer kleinen
der Aphrodite geweihten Aedicula in spätem, dorisch-ionischen
Stile und nach dem Mosaikfüfsboden mit der Eros-Inschrift
bestimmt werden, vergl. Kaibel No. 206. 207. Judica, Le an-
tichitä di Acre S. 112 ff. tav. XIII 4), es hatte ferner ein
'AQTSfilrtov, ein KoQtiov, wo gewiss die aypal ösai ihren Sitz hatten,
deren Cult die wenigen späten Münzen von Akrae bestätigen,
und verehrte Dionysos, dessen Theater erhalten ist, endlich
Hera und Zeus; wie in der Mutterstadt scheint man nach
einem ap,cpinolo<; datiert zu haben (Kaibel p. 29). Auf einen
Cult der Göttermutter und ihres Kreises lassen die Felsreliefs
in der Nähe von Akrae, die sog. Santoni, schliefsen (Serrad. IV.
tav. 35, 2, vergl. J. Hogg im Miiseum of class. antiquit. II 254 ff.
Conze in der Archäol. Zeitung XXXVIII 1880, 5) und was sonst
an Terracotten, Bronzefigürchen und Reliefs in Akrae gefunden
worden ist, kann vielleicht auch einmal zur Vervollständigung
der akräischen Cultliste verwertet werden (Judica tav. 8, 1—3.
9, 1. Serrad. IV tav. 35, 1. Schubring in den Jahrbüchern f.
class. Piniol. Suppl. IV 1867, 665. R. Kekule, Die Terracotten
von Sicilien 28).

Kümmerliche, aber interessante Zeugnisse einer archaischen
Bauthätigkeit in Akrae sind das von Serradifalco IV tav. 33, 6 ab-
gebildete, im Museum von Syrakus befindliche Stelencapitell,
eine altertümlich strenge Voluten- und Palmettoncombination,
und das bekannte, oft wiederholte Bruchstück einer kleinen,
weder der Breite noch der Höhe nach vollständig erhaltenen
Triglyphe (ebenda tav. 34, 10 nicht vollkommen zuverlässig
abgebildet, auch nicht bei Durm, Die Baukunst der Griechen "-',
Darmstadt 1892, 117); an dieser Triglyphe war in der freien
und dem Zierat ergebenen Weise der älteren Architektur das
Capitellband mit tangential verbundenen Kreisen um ihren
Mittelpunkt decoriert und die Schenkel waren mit Pal motten
bekrönt, deren Ranken die halbkreisförmig geschlossenen Gly-
phiden überwölben, eine Decoration, auf die C. Bötticher so
grofsen Wert legte, dass er sie für sein Idealbild eines alt-
dorischen Triglyphon verwendete.

Serradifalco hat vermutet, was nicht sehr wahrscheinlich ist,
dass mit dieser Triglyphe ein dorisches Halbsäulencapitell,
wie es an Proskenien und im Obergeschoss von Peristylien üblich
war, und ein dorisches Geison (tav. 34, 6—9) zusammengehörte.
Thonkästen aus Akrae von der Bekleidung eines altdorischen
Geison befinden sich in Palermo, s. Dörpfeld u. a., Die Ver-
wendung von Terracotten S. 9. Taf. IV 4. Sonst bezeugen für
Akrae die Herrschaft und die Beliebtheit des Dorismus die Or-
namente an hellenistischen Stelen, Altärchon und Vasen.

Von Kamarina ist sehr wenig bekannt. Nach den Schollen

zu Pindar Ol. V 22 winde in der Stadt namentlich Athena,
und wie man wegen der Münzen hinzufügen darf, Nike verehrt.
Athena hatte ein bedeutendes Heiligtum, das Aü-ryaiov. Auch
glaubt man, dass durch Pindar Ol. V 17 ein Cult des Zeus
Soter bezeugt werde. Die Münzen enthalten aufserdem Dar-
stellungen des Apollo, der Demeter (vgl. Roschers Lexikon der
Mythologie, II 1242), des Herakles und zweier Wassergottheiten,
des Flusses Hipparis und des Sumpfes namens Kamarina. Die
auf einem Schwane sitzende und meist durch die Beischrift be-
zeichnete Kamarina wird gewöhnlich für Aphrodite erklärt (vgl.
Kalkmann im Archäol. Jahrb. I 1886, 231 ff. Pauly-Wissowa I
2766. Röscher, Lexikon d. Myth. u. d. W. Salinas im Archivio
storico siäliano n. s. VI 1881, 362. Kekule Terracott. 25. Taf. IT 3).
Die heute verödete und sandige Stätte der alten, so oft
vom Schicksal heimgesuchten Stadt enthält nur einen erwäh-
nenswerten liest. Auf der westlichen Kuppe des Stadtberges,
d. i. der Akropolis nach Schubring (Philologus XXXII 1873,
490 ff. übersetzt von A. Salinas a. a. O. 360; vgl. Cavallari
ebenda V 1880, 334 ff.), sind in der südlichen Umfassungsmauer
eines kleinen dort stehenden Gehöftes, die jetzt das Triangu-
lationssegnale trägt und daran auf der Generalstabskarte zu
erkennen ist, aufsen von der Feldseite aus drei je 0.49 hohe
Schichten einer im Osten und Westen unvollständigen Wand
sichtbar; sie ist einreihig, isodom, aus 1.41—1.43 langen Quadern
(es sind deren acht der Länge nach erhalten) und so gebaut,
dass die unterste Schicht etwas weiter (0.37), die zweite wenig
(0.05) vortritt. Das Material ist dem von Akragas ähnlich. Die
Anathyrose an den Quadern ist breitrandig und kräftig; Saum-
schlag findet sich an den beiden oberen Schichten nur unten.
Nach unserem Besuch der Ruine hat Orsi eine Grabung vor-
genommen, aber nur constatieren können, dass aufser der oben
beschriebenen Südmauer und etwa einem kleinen Stück der
Westmauer alles bis auf die Fundamente hinab verschwunden
ist (Notizie degli seavi 1896, 117). Schuhring hat auch Bruch-
stücke von Marmorziegeln bemerkt und glaubt in der Wand
den best eines Antcntempels und zwar des Athenaion, er-
kennen zu dürfen; es soll sich früher ein Kirchlein der Madonna
von Kamarina daran gelehnt haben.

In den Ruinen der nach der Gründung schnell aufblühenden
Stadt Tyndaris ist bisher, abgesehen von dem Theater, kein
sacraler Bau entdeckt und auch die IJeberlieferung schweigt
über ihre Heiligtümer (vgl. R. V. Scaffidi, Tyndaris. Palermo 1895,
17 ff. und D. Nicola Giardina, L'antica Tindari. Siena 1882, 176
und 181 ff.). Nach den Münzen war der Kreis der in Tyndaris
verehrten Götter grofs genug; es erscheinen darauf aufser dem
Heros, dessen Namen die Stadt trug, Apollon, Athena, Hermes.
Persephonc, Poseidon, Zeus und die von den Messeniern in die
neue Ansiedelung gebrachten Dioskuren (vgl. Kekule S. 40). Die
von Syrakus her zu erwartende Artemis wird durch ein zwischen
Tyndaris und Patti gefundenes Votivrelief, auf dem sie Eupraxia
heilst, bezeugt {Annali dell' inst. XXI 1849 tav. d. agg. H. S. 264.
Kaibel No. 375); ein anderer Fund, eine überlebensgrofse Mar-
morstatue im Museum von Palermo, stellt Zens stehend dar
(. Innali XI 1839 tav. A 3. Overbeck, Zeus 131 f. 164).
 
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