Löwenpanther, von denen der bewegtere zugleich das geöffnete Maul hat, ist sicherlich von dem
Meister gewollt. Aber ihre Ausführung im einzelnen hat er, wie es auch bei Gegenfiguren klassi-
scher Tempel der Fall ist1, zwei verschiedenen „Händen“ anvertraut, deren Individualität sich
durch die Variation der Vorlage durchsetzt. An dem linken Tier glauben wir die Hand eines
jüngeren und begabteren Künstlers als an dem Gegenstück in der kühneren Gestaltung des
Reliefs und der schärferen Charakterisierung zu erkennen. Die verschiedene Behandlung des
Aktes am Chrysaor und den Figuren der rechten Kampfgruppe wird sowohl auf der Betonung
der Monumentalität und einer gewissen hieratischen Feierlichkeit der Mittelgruppe wie auf der
Ausführung durch .verschiedene „Hände“ beruhen. Ganz anderer Art sind die Unterschiede,
die wir an der Gorgo zwischen der linken und rechten Seite in der Behandlung der Haare, der
Locken, der Federn und der Schlangenschuppen beobachten konnten (s. oben S.33 u. 391).
Hier ist die Anordnung'bis zur leisesten Schwingung einheitlich durchkomponiert, und zwar,
wie wir wohl annehmen dürfen, von dem Meister selbst. Für die Ausführung der Details hat
er zwei Gesellen herangezogen, deren Arbeit eine natürliche Verschiedenheit ergab, ohne die
Komposition und die Behandlung des Reliefs zu berühren. Bei diesen untergeordneten Diffe-
renzen darf man nicht von verschiedenen „Händen“ im Sinne einer gewissen künstlerischen
Individualität sprechen.
Eigentümlich ist die Art des Reliefs. Im Gegensatz zum Flachrelief und zu dem Hochrelief der
Metopen ist hier die .Vorderebene des Reliefs nicht gewahrt. Einzelne Teile, wie die Schenkel
und Köpfe der Löwenpanther und der Kopf der Gorgo, springen räumlich vor die iibrigenTeile
vor. Wie bei einer Rundplastik mußte die Stärke der Blöcke auf diese verschiedenen Höhen
im voraus berechnet ,werden. Andrerseits ist keine Figur ganz vom Grunde gelöst. Die Ver-
ringerung der natürlichen Raumtiefe der Figur zu der begrenzten Tiefe des Reliefraumes ist bei
den Figuren je nach ihrer Größe verschieden. Die Kämpfer der Kampfgruppen kommen den
natürlichen Verhältnissen, der Rundfigur nahe.Die Liegenden der Ecken sind halbiert. Bei den
Leibern der Tiere ist die Hälfte noch räumlich verkürzt. Wir spüren, daß die Kunst des Giebel-
meisters inmitten eines Ringens um die Anpassung des Reliefs an den Tiefenraum des Giebel-
tympanons steht (s. unten. S. 197f.).
In den meisten späteren Giebeln stehen die Figuren, ob frei gelöst vom Grunde oder irgendwie
mit ihm verbunden, in plastischer Rundung vor der Giebelrückwand und nahe dem vorderen
Rande des Giebelbodehs. Um das flachere und weit zurückliegende Relief des Giebels hier sicht-
bar zu machen, war es zunächst auf zwei Stufen gehoben worden (s. oben S. 10). Eine weitere
Rücksicht auf die Sichtbarkeit wurde durch die Berechnung auf die Unteransicht genommen.
Diesem Zwecke dienen das Überhängen des Oberleibes und des Kopfes der Gorgo, die Haltung
und der Blick der Tierhäupter, die leise Seitenneigung des Kopfes des Priamos und der Schräg-
schnitt der Augen, des'Chrysaor.
Die Berechnung auf die Unteransicht hat noch weitere, teils negative, teils positive Folgen ge-
habt. Sie ließ den Meister sich mit räumlich unvereinbaren Dispositionen, wie dem Verhältnis
des Gorgohauptes zum Leistengiebel, dem Hineinstoßen des rechten Fußes des Chrysaor in den
Fuß der Gorgo, des rechten Hinterbeins des Pegasos in die Vorderpranke des Löwenpanthers
und dem Eindringen des linken Armes des Zeus in die Schulter des Giganten, abünden2. In der
Unteransicht entsteht in allen drei Fällen der Eindruck des Hintereinander, zumal das Zu-
sammenstößen jedesmal in dem hinteren Teil des Reliefs erfolgt. Mit Rücksicht auf die Unter-
ansicht wurden ferner einzelne Teile, die nur von oben sichtbar waren, nicht oder nur in
1 Z. B. Pelops und Oinomaos im Ostgiebel von Olympia, (Hege-) Rodenwaldt, Olympia2 46, und die Gruppe der Tauschwestern und
ihr Gegenstück im Ostgiebel'des Parthenon.
2 Leider ist das griechische Relief in dieser Beziehung noch wenig untersucht. Ein Beispiel ähnlichen Durchdringens zweier Körper-
teile z. B. auf einer der Pärthenonmetopen geringerer Qualität (Süd XXXII), während die guten Metopen. davon frei sind.
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Meister gewollt. Aber ihre Ausführung im einzelnen hat er, wie es auch bei Gegenfiguren klassi-
scher Tempel der Fall ist1, zwei verschiedenen „Händen“ anvertraut, deren Individualität sich
durch die Variation der Vorlage durchsetzt. An dem linken Tier glauben wir die Hand eines
jüngeren und begabteren Künstlers als an dem Gegenstück in der kühneren Gestaltung des
Reliefs und der schärferen Charakterisierung zu erkennen. Die verschiedene Behandlung des
Aktes am Chrysaor und den Figuren der rechten Kampfgruppe wird sowohl auf der Betonung
der Monumentalität und einer gewissen hieratischen Feierlichkeit der Mittelgruppe wie auf der
Ausführung durch .verschiedene „Hände“ beruhen. Ganz anderer Art sind die Unterschiede,
die wir an der Gorgo zwischen der linken und rechten Seite in der Behandlung der Haare, der
Locken, der Federn und der Schlangenschuppen beobachten konnten (s. oben S.33 u. 391).
Hier ist die Anordnung'bis zur leisesten Schwingung einheitlich durchkomponiert, und zwar,
wie wir wohl annehmen dürfen, von dem Meister selbst. Für die Ausführung der Details hat
er zwei Gesellen herangezogen, deren Arbeit eine natürliche Verschiedenheit ergab, ohne die
Komposition und die Behandlung des Reliefs zu berühren. Bei diesen untergeordneten Diffe-
renzen darf man nicht von verschiedenen „Händen“ im Sinne einer gewissen künstlerischen
Individualität sprechen.
Eigentümlich ist die Art des Reliefs. Im Gegensatz zum Flachrelief und zu dem Hochrelief der
Metopen ist hier die .Vorderebene des Reliefs nicht gewahrt. Einzelne Teile, wie die Schenkel
und Köpfe der Löwenpanther und der Kopf der Gorgo, springen räumlich vor die iibrigenTeile
vor. Wie bei einer Rundplastik mußte die Stärke der Blöcke auf diese verschiedenen Höhen
im voraus berechnet ,werden. Andrerseits ist keine Figur ganz vom Grunde gelöst. Die Ver-
ringerung der natürlichen Raumtiefe der Figur zu der begrenzten Tiefe des Reliefraumes ist bei
den Figuren je nach ihrer Größe verschieden. Die Kämpfer der Kampfgruppen kommen den
natürlichen Verhältnissen, der Rundfigur nahe.Die Liegenden der Ecken sind halbiert. Bei den
Leibern der Tiere ist die Hälfte noch räumlich verkürzt. Wir spüren, daß die Kunst des Giebel-
meisters inmitten eines Ringens um die Anpassung des Reliefs an den Tiefenraum des Giebel-
tympanons steht (s. unten. S. 197f.).
In den meisten späteren Giebeln stehen die Figuren, ob frei gelöst vom Grunde oder irgendwie
mit ihm verbunden, in plastischer Rundung vor der Giebelrückwand und nahe dem vorderen
Rande des Giebelbodehs. Um das flachere und weit zurückliegende Relief des Giebels hier sicht-
bar zu machen, war es zunächst auf zwei Stufen gehoben worden (s. oben S. 10). Eine weitere
Rücksicht auf die Sichtbarkeit wurde durch die Berechnung auf die Unteransicht genommen.
Diesem Zwecke dienen das Überhängen des Oberleibes und des Kopfes der Gorgo, die Haltung
und der Blick der Tierhäupter, die leise Seitenneigung des Kopfes des Priamos und der Schräg-
schnitt der Augen, des'Chrysaor.
Die Berechnung auf die Unteransicht hat noch weitere, teils negative, teils positive Folgen ge-
habt. Sie ließ den Meister sich mit räumlich unvereinbaren Dispositionen, wie dem Verhältnis
des Gorgohauptes zum Leistengiebel, dem Hineinstoßen des rechten Fußes des Chrysaor in den
Fuß der Gorgo, des rechten Hinterbeins des Pegasos in die Vorderpranke des Löwenpanthers
und dem Eindringen des linken Armes des Zeus in die Schulter des Giganten, abünden2. In der
Unteransicht entsteht in allen drei Fällen der Eindruck des Hintereinander, zumal das Zu-
sammenstößen jedesmal in dem hinteren Teil des Reliefs erfolgt. Mit Rücksicht auf die Unter-
ansicht wurden ferner einzelne Teile, die nur von oben sichtbar waren, nicht oder nur in
1 Z. B. Pelops und Oinomaos im Ostgiebel von Olympia, (Hege-) Rodenwaldt, Olympia2 46, und die Gruppe der Tauschwestern und
ihr Gegenstück im Ostgiebel'des Parthenon.
2 Leider ist das griechische Relief in dieser Beziehung noch wenig untersucht. Ein Beispiel ähnlichen Durchdringens zweier Körper-
teile z. B. auf einer der Pärthenonmetopen geringerer Qualität (Süd XXXII), während die guten Metopen. davon frei sind.
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