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schaffung. Die durch Wald-, Wiesen-, Moor- und
Wasserflächen vielfach aufgelockerte voralpine
Landschaft ist heute noch ein ergiebiges Jagdrevier
auf Wild aller Art. Zeugnisse bronzezeitlicher Jagd
finden sich aber hierzulande nur selten. Wenigstens
einen Anhaltspunkt liefern einige z. T. zu Anhän-
gern umgearbeitete Wildschweinhauer (siehe S. 97
und 102) und als Totenspeise im Grab ein Eber-
skelett (S. 51). Zum Jagdgerät rechnen wohl auch
Pfeile, deren bronzene Spitzen (S. 79) als Bei-
gabe in Gräbern und als Einzelfunde auftreten.
Sicherlich wurden Pfeil und Bogen nicht nur als
Kriegswaffe verwendet26). Ebenso gehören Reste
von Bogen- und Köcherbeschlägen, die zusammen
mit Pfeilspitzen gefunden wurden, zur jägerischen
Ausrüstung (35 C Hügel 52. 75 A Hügel 10
Körpergrab 1). Obwohl die archäologischen Zeug-
nisse für den bronzezeitlichen Fischfang hierzulan-
de noch sehr dürftig sind, legt der Fischreichtum der
zahlreichen Seen und fließenden Gewässer jeder
Größenordnung eine entsprechende Nutzung nahe.
Einen Beleg zumindest für die Befahrung von Seen
stellt ein Schwert von Seehausen (236) dar, das im
Staffelsee etwa 100 m vom Ufer entfernt gefunden
wurde27).
Auch bei weitgehendem Ausfall archäologischer
Indizien im Arbeitsraum sollte die Bedeutung des

vorgeschichtlichen Handels in der vielfältigen
Form eines Güteraustausches nicht unterschätzt
werden28). Mit Gewißheit war das nördliche
Alpenvorland von Norden nach Süden entlang der
Flüsse und in West-Ost-Richtung parallel zum Fuß
der Alpen von Pfaden und Wegen durchzogen, die
in ihrer Fortsetzung den Kontakt zu den benach-
barten Räumen ermöglichten. Vermutlich wurden
auch die Höhenwege im Gebirge über den Fern-,
Scharnitz- und Achenpaß ins Inntal begangen (vgl.
S. 58 f.). Wie die beträchtliche Zahl der frühbronze-
zeitlichen Kupferdepots (siehe S. 61 f.) erkennen
läßt, mußte vor allem der Transport dieses Rohma-
terials — wahrscheinlich auch von Salz — aus den
Abbaustätten im Salzburger und Berchtesgadener
Land29) nach Westen das vorliegende Gebiet
berührt und ihm zu weitreichenden Beziehungen
verholfen haben (hierzu S.120ff.). Für die Annah-
me eines regelrecht geplanten Fernhandels reichen
die archäologischen Zeugnisse nicht aus. Die
wenigen Glasperlen und die Schmuckstücke aus
Bernstein 3°) und Gehäusen der Mittelmeerschnek-
ke Columbella rustica dürften eher durch Kontakte
regionaler Gruppen — sozusagen in Etappen — ins
Land gekommen sein. Auch diese mehr logische
Folgerung läßt sich nur vermuten, da Austauschgü-
ter vorderhand nicht nachzuweisen sind.

26) Auch für die Jagd verwendbar waren einige vergiftete Pfeilspitzen aus einem Grab der späten Bronzezeit aus
Mittelfranken : H.-J. Hundt, Ein spätbronzezeitliches Adelsgrab von Behringersdorf, Landkreis Lauf a. d. Pegnitz.
Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpflege 15/16, 1974/75 (1977) 42 ff. bes. 49 ff. — Über Verwendung der Lanzenspitze
bei der Jagd vgl. B.-U. Abels 1972, 93 mit widersprüchlicher Beweisführung.

27) Aus dem Chiemsee, ca. 50 m vom heutigen Ufer entfernt, stammt beispielsweise eine urnenfelderzeitliche
Lanzenspitze: BVbl. 37, 1972, 147 Abb. 55,1.

28) Ausführlich zu den Möglichkeiten und Ausdrucksformen des prähistorischen Handels B. Stjernquist, Models of
commercial diffusion in prehistoric times. Scripta minora regiae societatis humanorum litterarum Lundensis 1965
- 1966 (1967) 2.

29) Zur wirtschaftlichen Bedeutung dieses Gebietes vgl. H.-J. Hundt 1966, 45 ff. — Eine allgemeine Orientierungs-
möglichkeit vermittelt auch F. Holste 1941. — Siehe unten S. 64 mit Anm. 239.

30) Knapper Abriß des bronzezeitlichen „Bernsteinhandels" bei St. Piggott 1965, 137 f. mit Karte. — Zur Problematik
vgl. J. Jensen, Bernsteinfunde und Bernsteinhandel der jüngeren Bronzezeit Dänemarks. Acta Arch. 36, 1965, 43 ff.
bes. 66 ff. und W. La Baume, Die naturkundliche Bernsteinforschung und ihre Bedeutung für die Frühgeschichte
des Bernsteinhandels. Kölner Jahrb. Vor-u.Frühgesch.11,1970,31 ff. sowie W.Torbrügge, Die Hallstattzeit in der
Oberpfalz 1. Materialh. bayer. Vorgesch. 39 (1979) 153f. 218 f. mit Anm. 894.

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