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Kraus, Franz Xaver; Albert-Ludwigs-Universität Freiburg [Hrsg.]; Friedrich [Gefeierte Pers.]
Festprogramm seiner Königlichen Hoheit Großherzog Friedrich zur Feier des siebzigsten Geburtstages dargebracht — Freiburg i. B., Leipzig: Mohr, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.49386#0090
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H. Rosin, Badisches Staatsrecht um 1826.

weiteren, in gleicher Richtung sich bewegenden Schritte der badischen Zoll- und
Handelspolitik.
3. Die beginnende Regierung Grossherzog Leopolds, freisinnig und vom Vertrauen
des Volkes getragen, hatte auf dem berühmten Landtage von 1831 durch die auf
Motion des Abgeordneten Weicker erfolgende Vorlegung eines die Pressfreiheit be-
günßigenden Gesetzentwurfes gezeigt, dass sie gegenüber den Stimmungen und Wünschen
der Volksvertretung auch ihre durch die Verhältnisse des Bundes veranlaßten politi-
schen Bedenken nach Möglichkeit zurücktreten zu laßen gewillt war. Wie sehr die-
selben gerechtfertigt gewesen waren, hat dann das brüske Einsehreiten des Bundestages
(Beschluss vom 5. Juli 1832 bei v. Meyer II, S. 250), welches die Aufhebung des
erlaßenen Gesetzes »als unvereinbar mit der beßehenden Bundesgesetzgebung über die
Preße binnen vierzehn Tagen« ohne Rücksicht auf die sonß so hochgehaltene Sou-
veränität der Einzelßaaten erzwang, zur Genüge erwiesen. Wenn selbß eine solche
Regierung ihren ganzen Einssuss und das hohe Ansehen ihres, das Vertrauen der
Kammer in betonderem Masse geniessenden Vertreters, des Minißers des Innern Winter,
einsetzen zu müßen glaubte, um eine Verhandlung über die nationale und freiheitliche
Ausgeßaltung der Bundesverhältniße zu verhindern, so wird man ermeßen können, wie
flark der Druck war, der vom Bunde aus in diesem Punkte auf sie ausgeübt wurde.
Auch hier hatte der Abgeordnete Weicker die Initiative ergrifsen und in einem
Anträge, »die Vervollkommnung der organischen Entwickelung des Deutschen Bundes
zur beßmöglichen Förderung deutseher Nationaleinheit und deutseher ßaatsbürgerlicher
Freiheit betreffend«, vorgeschlagen, den Grossherzog zu bitten, seinen Einssuss als
deutsehe Bundesregierung in der bezeichneten Richtung geltend zu machen. Als in
der 115. Sitzung der II. Kammer vom 15. Oktober 1831 der Antragßeller seine
Motionsbegründung vortragen Tollte, wurden nicht allein aus der Mitte der Kammer
selbß unter Hinweis auf die Geschäftslage dagegen Bedenken laut, sondern auch
Winter sprach den dringenden Wunsch der Regierung aus, die Verhandlung zu unter-
laßen, weil es fraglich sei, »ob die Kammer kompetent iß; und wenn sie es iß, ob
es der Klugheit angemessen sein möchte« (Heft 26, S. 251 ff., 254). Als aber die
Kammer, eifersüchtig auf ihre Rechte, zunächß den Vortrag des Abgeordneten Weicker
anzuhören beschloss, verliessen die Regierungskommissare, ihrer vorgängigen Androhung
entsprechend, sämtlich den Sitzungssaal (S. 265, 267). Weicker hielt seinen, wie er
selbß vorher bemerkt hatte, behufs Vermeidung jeder rednerischen Ausschreitung aus-
nahmsweise »vollkommen ausgearbeiteten Vortrag« (S. 264), in welchem namentlich
als »zweiter Hauptwunsch« zum erßenmal (v. Treitschke, Deutsehe Geschichte IV,
3. Auss., S. 236) der ausgesprochen wurde, »dass eine wahre Nationalrepräsentation, ein
Nationalrat oder eine zweite Kammer am Bundestage möge gebildet werden« (S. 288).
Die Kammer beschloss darauf, auf Antrag Duttlingers, die Beratung der Motion wegen
der vorgerückten Zeit des Landtages zu vertagen, das hiess aber, sie überhaupt nicht
mehr vorzunehmen (S. 268, 273). Trotzdem glaubte die Regierung ihren 'Standpunkt
noch energischer wahren zu müßen. In der folgenden 116. Sitzung vom 17. Oktober
1831 verlas Winter ein landesherrliches Reikript, in welchem zwar »gerne angenommen
wurde, es habe die Kammer die in Frage geflellte Beratung gänzlich beseitigen
wollen«, aber doch von seiten des Grossherzogs vorsorglich die Erklärung hinzugefügt
wurde, dass er, »eingedenk seiner Pssichten als deutseher Bundesfürß, von der Un-
zulässigkeit und Zwecklosigkeit der Motion durch ihre Ausführung noch mehr über-

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