A. Schulte, Ueber freiherrliche Kloster in Baden. I. Reichenau.
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tionen diese nicht aufhören. Das Uebel frisst immer tiefer53 54). Noch unter Diethelm
war, um für die Kriegskosten des Thronstreites das Kloster zu erleichtern, die reiche
jährlich sechzig Mark Silber tragende Pfarrkirche von Ulm dem Kloster inkorporiert51).
Unter Eberhard von Brandts folgten die von Steckborn, Wollmatingen, Singen und
Ermatingen55). Es war aber alles auf die Dauer erfolglos, das Kloster ging immer
tiefer herab, was der Abt 1367 noch nicht verpfändet hatte, also wirklich noch ein-
nahm, wißen wir aus einer Urkunde. Alles andere hatten Verwandte zur Verwaltung
übernommen56). Seine Nachfolger Heinrich von Stöffeln und Mangold von Brandis,
eben der Keller, regierten zu kurz, um eine Verbesserung herbeiführen zu können57).
Sein Nachfolger Wernher von Rosenegg wird uns von Geheim köstlich geschildert.
Er war ein freundlicher, lieber Herr, aber so arm, dass er sich zum Pfarrer von
St. Peter verdingte, um bei ihm sein Mittags- und Abendessen zu erhalten58). Der
eigentliche Chorgottesdienst sei fast eingeschlafen gewesen, alle zwei oder drei Tage
wurde ein Hochamt gehalten.
Auch Friedrich der Weissgraf von Zollern, sein Nachfolger, war nicht im stande,
dem Kloster aufzuhelfen. Er war ein braver Herr, aber ganz ungelehrt, er erhielt
weder je die Priester-, noch die Abtsweihe. In seinem Kloster war nur ein einziger
Mönch, Graf Hans von Fürstenberg, der Neffe des Abtes. Und auch der besals nicht
die Priesterwürde59). Später traten Heinrich Graf von Lupfen und Johannes von
Rosenegg ein. Doch des Abtes Führung war so Schlecht, dass er von Papst Martin V.
abgesetzt und ihm zum Nachfolger der Abt von St. Peter: Heinrich von Homberg
gegeben wurde. Dieser war freiherrlichen Standes, aber er wurde von Friedrich und
den beiden jungen, wohl eben erst eingetretenen Mönchen nicht anerkannt. Ueber
diese drei wurde die Exkommunikation ausgesprochen. Mitten im Streite starb der
Graf von Zollern, aber auch der Hornberger verschied wenige Wochen später. Natür-
lich regte sich der Verdacht, er sei vergiftet worden.
Nun waren im Kloster nur noch zwei junge Herren, welche, obwohl sie über
das Novizenkleid den »schapper« trugen, doch nicht öffentlich Profess abgelegt hatten;
auch wegen ihrer Jugend konnten sie zur Prälatur nicht gelangen. Die Entscheidung
lag, da ja kein Konvent mehr existierte, beim päpstlichen Stuhle; um so mehr da die
Reichenau ihm ja direkt unterstand. Es gab nun freilich auch jetzt noch Bewerber
freiherrlichen Standes: ein Domherr von Gundelfingen aus Konstanz; aber er -wollte
erst als Abt bestätigt werden, dann Ordensprofess ablegen. Der andere war ein Frei-
herr von Sax, Klosterherr von Einsiedeln. Aber ein dritter hatte mit seiner Bewerbung
Erfolg: es war der Konventherr von St. Blasien und Propst zu Klingnau, Friedrich
von Wartenberg genannt von Wildenstein. Er war zwar nicht mehr freien Standes,
53) Ich kann hier nur einige Andeutungen geben , die Gütergeschichte der Reichenau wird später
mehr zu bieten haben.
54) Reg. d. Bisch. v. Konstanz Nr. 4055, 4105 u. 4123.
55) Brandi 2, 164. Schönhuth S. 215 u. 218 und ZGOberrh. 11, 412.
56) Brandi 2, 168. Zu beachten ist, dass die Urkunde mitten in die Streitigkeiten zwischen der
Stadt Konstanz und dem Reichenauer Keller fällt.
57) Oeheims Erzählung S. 129, das ganze Kloster habe zu Mangolds Zeiten nur 3 Mark Silber
Einnahme gehabt, ist natürlich eine Uebertreibung. Die wahre Ziffer werden wir nachher annähernd
kennen lernen. Die Inkorporationen konnten doch nicht ganz ohne Wirkung bleiben.
58) Eine der Glocken von Mittelzell trägt sein Wappen, was bisher nicht beobachtet ist.
5y) Als Kirchherr von Frauenfeld erscheint er schon Juni 1404. Fürstenb. UB. 3, Nr. 13 u. Anm. 1.
Diese Urkunde erhöht nicht gerade den Glauben an die Anekdote Oeheims S. 130.
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tionen diese nicht aufhören. Das Uebel frisst immer tiefer53 54). Noch unter Diethelm
war, um für die Kriegskosten des Thronstreites das Kloster zu erleichtern, die reiche
jährlich sechzig Mark Silber tragende Pfarrkirche von Ulm dem Kloster inkorporiert51).
Unter Eberhard von Brandts folgten die von Steckborn, Wollmatingen, Singen und
Ermatingen55). Es war aber alles auf die Dauer erfolglos, das Kloster ging immer
tiefer herab, was der Abt 1367 noch nicht verpfändet hatte, also wirklich noch ein-
nahm, wißen wir aus einer Urkunde. Alles andere hatten Verwandte zur Verwaltung
übernommen56). Seine Nachfolger Heinrich von Stöffeln und Mangold von Brandis,
eben der Keller, regierten zu kurz, um eine Verbesserung herbeiführen zu können57).
Sein Nachfolger Wernher von Rosenegg wird uns von Geheim köstlich geschildert.
Er war ein freundlicher, lieber Herr, aber so arm, dass er sich zum Pfarrer von
St. Peter verdingte, um bei ihm sein Mittags- und Abendessen zu erhalten58). Der
eigentliche Chorgottesdienst sei fast eingeschlafen gewesen, alle zwei oder drei Tage
wurde ein Hochamt gehalten.
Auch Friedrich der Weissgraf von Zollern, sein Nachfolger, war nicht im stande,
dem Kloster aufzuhelfen. Er war ein braver Herr, aber ganz ungelehrt, er erhielt
weder je die Priester-, noch die Abtsweihe. In seinem Kloster war nur ein einziger
Mönch, Graf Hans von Fürstenberg, der Neffe des Abtes. Und auch der besals nicht
die Priesterwürde59). Später traten Heinrich Graf von Lupfen und Johannes von
Rosenegg ein. Doch des Abtes Führung war so Schlecht, dass er von Papst Martin V.
abgesetzt und ihm zum Nachfolger der Abt von St. Peter: Heinrich von Homberg
gegeben wurde. Dieser war freiherrlichen Standes, aber er wurde von Friedrich und
den beiden jungen, wohl eben erst eingetretenen Mönchen nicht anerkannt. Ueber
diese drei wurde die Exkommunikation ausgesprochen. Mitten im Streite starb der
Graf von Zollern, aber auch der Hornberger verschied wenige Wochen später. Natür-
lich regte sich der Verdacht, er sei vergiftet worden.
Nun waren im Kloster nur noch zwei junge Herren, welche, obwohl sie über
das Novizenkleid den »schapper« trugen, doch nicht öffentlich Profess abgelegt hatten;
auch wegen ihrer Jugend konnten sie zur Prälatur nicht gelangen. Die Entscheidung
lag, da ja kein Konvent mehr existierte, beim päpstlichen Stuhle; um so mehr da die
Reichenau ihm ja direkt unterstand. Es gab nun freilich auch jetzt noch Bewerber
freiherrlichen Standes: ein Domherr von Gundelfingen aus Konstanz; aber er -wollte
erst als Abt bestätigt werden, dann Ordensprofess ablegen. Der andere war ein Frei-
herr von Sax, Klosterherr von Einsiedeln. Aber ein dritter hatte mit seiner Bewerbung
Erfolg: es war der Konventherr von St. Blasien und Propst zu Klingnau, Friedrich
von Wartenberg genannt von Wildenstein. Er war zwar nicht mehr freien Standes,
53) Ich kann hier nur einige Andeutungen geben , die Gütergeschichte der Reichenau wird später
mehr zu bieten haben.
54) Reg. d. Bisch. v. Konstanz Nr. 4055, 4105 u. 4123.
55) Brandi 2, 164. Schönhuth S. 215 u. 218 und ZGOberrh. 11, 412.
56) Brandi 2, 168. Zu beachten ist, dass die Urkunde mitten in die Streitigkeiten zwischen der
Stadt Konstanz und dem Reichenauer Keller fällt.
57) Oeheims Erzählung S. 129, das ganze Kloster habe zu Mangolds Zeiten nur 3 Mark Silber
Einnahme gehabt, ist natürlich eine Uebertreibung. Die wahre Ziffer werden wir nachher annähernd
kennen lernen. Die Inkorporationen konnten doch nicht ganz ohne Wirkung bleiben.
58) Eine der Glocken von Mittelzell trägt sein Wappen, was bisher nicht beobachtet ist.
5y) Als Kirchherr von Frauenfeld erscheint er schon Juni 1404. Fürstenb. UB. 3, Nr. 13 u. Anm. 1.
Diese Urkunde erhöht nicht gerade den Glauben an die Anekdote Oeheims S. 130.
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