Dreißigjährigen Krieges bis zum Beginn der Industrialisierung zu beleuchten. Auf die Hand-
werksgeschichte vor dem Dreißigjährigen Krieg konnte dabei nur kurz eingegangen werden.
Da es zu dieser Zeit noch keine Filigranproduktion in Schwäbisch Gmünd gab, ist eine Be-
handlung dieser Zeit nur für den Gesamtzusammenhang wichtig, doch wäre eine intensivere
Beschäftigung mit diesem Thema, auch im Hinblick auf die Mystifizierung der Stauferzeit
und der mittelalterlichen Goldschmiede, künftig angebracht. Trotzdem werden die Themen
„Hauptgewerbe im Mittelalter“ und „Anfänge des Goldschmiedegewerbes in Gmünd“ zu-
mindest gestreift und die bisherigen Thesen und Theorien genannt.
Ursprünglich sollte die vorliegende Arbeit die Gmünder Filigranproduktion von den Anfän-
gen bis in die Gegenwart beleuchten, doch nachdem das gesamte Goldschmiedehandwerk in
die Untersuchung mit einbezogen und aufgrund der Recherchen das Quellenmaterial immer
umfangreicher wurde, daß es den Rahmen einer Dissertation sprengen würde, erwies sich
die Industrialisierung als sinnvolle Zäsur. Denn gerade in der Zeit um 1820/30 veränderten
sich die Strukturen im Handwerk ebenso wie die Produktionspalette so grundlegend, daß
hier eine Untersuchung über die neuere Handwerksgeschichte opportun scheint, gerade auch
im Zusammenhang mit der Filigranproduktion: halbmaschinell und schließlich maschinell
gefertigtes Filigran in der Mitte des 19. Jahrhunderts, Abkehr von der traditionellen1 Pro-
duktpalette, Versäumung des Anschlusses an eine neue Filigranmodewelle um 1900, Über-
rollung durch Produzenten aus anderen Städten und Niedergang des Gewerbes in den zwan-
ziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Arbeit versucht auch hier einen Einblick und Aus-
blick zu bieten.
Die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes in ihrer Komplexität zu erfassen,
machte es notwendig, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen an das Thema heranzugehen. Da
ist zum einen der wirtschaftshistorische Ansatz, der nach der Produktion selbst und nach
dem Vertrieb fragt. Darunter fallen die Organisation des Handwerks, ihre Ordnungen und
Bestimmungen, zum Beispiel auch zum Silbergehalt, und Kontrollorgane oder Kontrollme-
chanismen ebenso wie das Verbreitungsgebiet der Gmünder Produkte, die Rolle der Kauf-
und Handelsleute und die gesetzlichen Regelungen des Handels. Dieser Ansatzpunkt bildet
sozusagen das formale Gerüst der Arbeit. Die Auswirkungen der im wirtschaftshistorischen
Ansatz behandelten Faktoren hatten darüber hinaus direkten Einfluß auf das Leben der da-
von betroffenen Menschen und leiten damit automatisch auf den sozialhistorischen Ansatz
über. Hier stellen sich die Fragen nach dem Goldschmied und seiner Familie und deren so-
zialen Einbindung im gesellschaftlichen Gefüge, nach den Konsumenten und deren sozialen
Herkunft. Um die Produktpalette selbst zu erfassen und um eine stilistische Klassifizierung
vornehmen zu können, kommt der kulturhistorische Ansatz zu tragen, der unmittelbar auf
dem technikgeschichtlichen basiert. Dieser wiederum liefert mit der Kenntnis über Herstel-
lungsverfahren, technische Entwicklungen, verwendete Materialien und Geräte erst die Vor-
aussetzungen für die kunsthistorische Einordnung und Beurteilung. Der literaturhistorische
Ansatz, gemeint ist die ,Legendenbildung1 um das Gmünder Goldschmiedehandwerk, der
gezielte Aufbau einer Tradition und die Frage nach den Ursachen, rundet das Gesamtbild ab.
Jeder dieser Punkte korrespondiert mit dem anderen, was es notwendig macht, die unter-
schiedlichen Ansätze nicht isoliert zu betrachten, sondern sie frühzeitig zu koppeln. Eine be-
sondere Problematik bestand in der Quantität und Verschiedenartigkeit der herangezogenen
Quellen: Realien, Archivalien, Sekundärliteratur und naturwissenschaftliche Forschungsver-
fahren und ihre Ergebnisse (Silbergehaltbestimmungen mit Hilfe der Röntgenfluoreszenz-
Analyse und Spektralanalyse, um archivalische Aussagen zu überprüfen). Durch die Entfer-
nung der Realien aus ihrem historischen und sozialen Kontext und durch ihre Eingliederung
in Museumsbestände entzog man ihnen wesentliche Faktoren ihrer Aussagefähigkeit. Die
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werksgeschichte vor dem Dreißigjährigen Krieg konnte dabei nur kurz eingegangen werden.
Da es zu dieser Zeit noch keine Filigranproduktion in Schwäbisch Gmünd gab, ist eine Be-
handlung dieser Zeit nur für den Gesamtzusammenhang wichtig, doch wäre eine intensivere
Beschäftigung mit diesem Thema, auch im Hinblick auf die Mystifizierung der Stauferzeit
und der mittelalterlichen Goldschmiede, künftig angebracht. Trotzdem werden die Themen
„Hauptgewerbe im Mittelalter“ und „Anfänge des Goldschmiedegewerbes in Gmünd“ zu-
mindest gestreift und die bisherigen Thesen und Theorien genannt.
Ursprünglich sollte die vorliegende Arbeit die Gmünder Filigranproduktion von den Anfän-
gen bis in die Gegenwart beleuchten, doch nachdem das gesamte Goldschmiedehandwerk in
die Untersuchung mit einbezogen und aufgrund der Recherchen das Quellenmaterial immer
umfangreicher wurde, daß es den Rahmen einer Dissertation sprengen würde, erwies sich
die Industrialisierung als sinnvolle Zäsur. Denn gerade in der Zeit um 1820/30 veränderten
sich die Strukturen im Handwerk ebenso wie die Produktionspalette so grundlegend, daß
hier eine Untersuchung über die neuere Handwerksgeschichte opportun scheint, gerade auch
im Zusammenhang mit der Filigranproduktion: halbmaschinell und schließlich maschinell
gefertigtes Filigran in der Mitte des 19. Jahrhunderts, Abkehr von der traditionellen1 Pro-
duktpalette, Versäumung des Anschlusses an eine neue Filigranmodewelle um 1900, Über-
rollung durch Produzenten aus anderen Städten und Niedergang des Gewerbes in den zwan-
ziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Arbeit versucht auch hier einen Einblick und Aus-
blick zu bieten.
Die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes in ihrer Komplexität zu erfassen,
machte es notwendig, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen an das Thema heranzugehen. Da
ist zum einen der wirtschaftshistorische Ansatz, der nach der Produktion selbst und nach
dem Vertrieb fragt. Darunter fallen die Organisation des Handwerks, ihre Ordnungen und
Bestimmungen, zum Beispiel auch zum Silbergehalt, und Kontrollorgane oder Kontrollme-
chanismen ebenso wie das Verbreitungsgebiet der Gmünder Produkte, die Rolle der Kauf-
und Handelsleute und die gesetzlichen Regelungen des Handels. Dieser Ansatzpunkt bildet
sozusagen das formale Gerüst der Arbeit. Die Auswirkungen der im wirtschaftshistorischen
Ansatz behandelten Faktoren hatten darüber hinaus direkten Einfluß auf das Leben der da-
von betroffenen Menschen und leiten damit automatisch auf den sozialhistorischen Ansatz
über. Hier stellen sich die Fragen nach dem Goldschmied und seiner Familie und deren so-
zialen Einbindung im gesellschaftlichen Gefüge, nach den Konsumenten und deren sozialen
Herkunft. Um die Produktpalette selbst zu erfassen und um eine stilistische Klassifizierung
vornehmen zu können, kommt der kulturhistorische Ansatz zu tragen, der unmittelbar auf
dem technikgeschichtlichen basiert. Dieser wiederum liefert mit der Kenntnis über Herstel-
lungsverfahren, technische Entwicklungen, verwendete Materialien und Geräte erst die Vor-
aussetzungen für die kunsthistorische Einordnung und Beurteilung. Der literaturhistorische
Ansatz, gemeint ist die ,Legendenbildung1 um das Gmünder Goldschmiedehandwerk, der
gezielte Aufbau einer Tradition und die Frage nach den Ursachen, rundet das Gesamtbild ab.
Jeder dieser Punkte korrespondiert mit dem anderen, was es notwendig macht, die unter-
schiedlichen Ansätze nicht isoliert zu betrachten, sondern sie frühzeitig zu koppeln. Eine be-
sondere Problematik bestand in der Quantität und Verschiedenartigkeit der herangezogenen
Quellen: Realien, Archivalien, Sekundärliteratur und naturwissenschaftliche Forschungsver-
fahren und ihre Ergebnisse (Silbergehaltbestimmungen mit Hilfe der Röntgenfluoreszenz-
Analyse und Spektralanalyse, um archivalische Aussagen zu überprüfen). Durch die Entfer-
nung der Realien aus ihrem historischen und sozialen Kontext und durch ihre Eingliederung
in Museumsbestände entzog man ihnen wesentliche Faktoren ihrer Aussagefähigkeit. Die
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