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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0182
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sehen Verbreitungszeitraum besaßen die in Holz eingelegten Perlmuttarbeiten, die nur als
Rosenkranzperlen oder -kreuze Verwendung fanden. In den Inventaren wurde diese Art des
Rosenkranzes als „Land-“ oder „Heilig-Land-“Rosenkranz, manchmal auch als „Jerusalem-“
Rosenkranz, bezeichnet (Abb. 15 bis 19, 41).921
Zwischen 1708 und 1770 erwähnten die Inventare ein weiteres Material, das ausschließlich
zu Rosenkränzen verarbeitet wurde: die Steinnuß. Sie fand zwar nicht eine so starke Ver-
breitung wie die Koralle oder der Granat, aber sie war über einen großen Zeitraum immer
präsent. In den Archivalien als „Goggis“ oder „Gockus“922 bezeichnet, diente die Steinnuß
vor allem als Elfenbeinsurrogat, das man auch einfärben konnte, und einige wenige Einträge
beschrieben sie gelbgoggis,923 braun924 und schwarz Goggis925. Seit circa 1750 kam Karneol
für Rosenkranzperlen auf, der bis 1800 verarbeitet wurde, jedoch in einem erheblich gerin-
gerem Maße als die vorgenannten Materialien. Andere Co-Materialien, die hin und wieder
genannt wurden, jedoch eher zu den Ausnahmen im Besitz der Bürger zählten, waren: Per-
len, die zwischen 1692 und 1803 ausschließlich für Colliers (manchmal auch in Kombina-
tion mit Granaten), zum Teil auch für Ohrgehänge oder vor 1740 für Haarbänder verwendet
wurden, Perlmutt, 1694 und 1790 ausschließlich für Rosenkränze, rotes Glas als Granaten-
surrogat für Colliers (in den Archivalien als falsche Granaten bezeichnet) zwischen 1743
und 1780, schwarzes Glas für Trauerrosenkränze zwischen 1711 und 1790. Außerdem
tauchten blaues Glas 1695 und 1796 und gelbes Glas lediglich 1686 auf; ebenso selten wa-
ren Emailarbeiten, die in den Inventaren vor 1803 eher die Ausnahme waren, während in
den Altöttinger „Ladlrechnungen“ silbergefaßte Emailanhänger aus Gmünd bereits 1689 Er-
wähnung fanden. Glas schien erst im frühen 19. Jahrhundert als häufigster Bestandteil an
Rosenkränzen, nämlich als Ave-Maria-Perlen, eine wichtige Rolle gespielt und Holz und
Bein als Billigmaterialien abgelöst zu haben.
Weitere Materialien, die wohl nur an Einzelanfertigungen zu finden waren, sind: Amethyst
(1737, 1742, 1744, 1773 an Rosenkränzen, einmal als Ring), Blutstein (1715 und 1761 an
Rosenkränzen), Chalzedon (1737 an Rosenkranz), Bergkristall (1686, 1695, 1707, 1767 und
1771 als Amulettanhänger, an Rosenkränzen und als Verzierung an Schuhschnallen), Dia-
mant (zwischen 1718 und 1790 Bestandteil von Ringen), Fischbein (1692, 1695, 1706, 1711
an Rosenkränzen), Fruchtkerne (zwischen 1732 und 1775, gehäuft in den vierziger Jahren,
ausschließlich an Rosenkränzen), Hyazinth (1742 als Ring), Meerrohr (1711 als Collier),
Negelensholz (1715, 1741, 1745 an Rosenkränzen), Pomeranzen (1739 und 1742 an Rosen-
kränzen), Rubin (1697, 1744, 1770, 1773, 1776, 1797 als Ringe oder Anhänger), Saphir
(1770 und 1776 als Ringe), Smaragd (1742 als Ring) und Topas (1779 als Ring). Holz als
Material für Rosenkränze wird nur im Zusammenhang mit silbernen Bestandteilen erwähnt,
und diese Kombination tritt gehäuft zwischen 1760 und 1770 auf.

921 Vgl. RITZ 1976, S. 80. Die ersten Heilig-Land-Rosenkränze waren vermutlich Pilgerandenken, die im 16.
Jahrhundert aus Palästina nach Europa kamen. Sie wurden jedoch schon bald imitiert, so daß die in den
Gmünder Archivalien erwähnten Rosenkränze sicher nicht aus Palästina stammten, sondern ein heimisches
Produkt waren.
922 Abgeleitet vom lateinischen Gattungsnamen „Coelococcus“.
923 (Sta Gd) GeS 132, 10. Dezember 1740.
924 (Sta Gd) GeS 667, 29. Oktober 1729; GeS 939, 15. Januar 1744.
925 (Sta Gd) GeS 667, 29. Oktober 1729; GeS 1581, 8. Februar 1741.

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