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Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (1. Lieferung, Römische Abteilung 1): Älteste Zeit und Punische Kriege bis Cannae — Leipzig, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.7153#0005
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Vorwort

Forschungen zur Kriegsgeschichte auch der älteren europäischen Entwicklung können heutzutage auf ein erhöhtes
allgemeines Interesse rechnen, im besonderen ist die topographische Forschung zur antiken Kriegsgeschichte in den letzten
Jahrzehnten des vorigen und in den ersten dieses Jahrhunderts von sehr vielen Seiten in Angriff genommen worden, und
die Sonderuntersuchungen auf diesem Gebiete, sei es über einzelne Schlachten, sei es über größere Teile der Kriegsgeschichte,
sind zu einer fast unübersehbaren Masse angewachsen.

Das macht es für jeden, der sich nicht ganz eingehend mit diesen Fragen vertraut gemacht hat, fast unmöglich, sich
in der Fülle der sehr zerstreuten Literatur zurecht zu finden und die viele Spreu, die hier leider vorhanden ist, von dem
Weizen zu sondern. Es erscheint daher an der Zeit, das, was die Arbeit der letzten zwei Menschenalter an sicheren Er-
gebnissen erreicht hat, kritisch zusammenzufassen und den Fachgenossen sowie der weiteren für Kriegsgeschichte über-
haupt interessierten Öffentlichkeit vorzulegen.

Als zu verarbeitendes Material kommen dafür neben zahlreichen Einzeluntersuchungen, die aufzuführen hier nicht der
Ort ist, besonders drei große Massen in Betracht, nämlich erstens die in der Hauptsache englischen, italienischen und deutschen
Forschungen über die Perserkriege, den Peloponnesischen Krieg und die römischen Feldzüge in Spanien, von denen hier
nur die Arbeiten von Cavallari, Grundy und Schulten kurz erwähnt werden mögen; zweitens die Forschungen über
Caesar, die auf Befehl Napoleons III. unternommen und vom Oberst Stoffel, Heuzey und Mahmud Bey zu einem ge-
wissen Abschluß gebracht worden sind, und drittens unsere eigenen Forschungen, die auf verschiedenen Expeditionen in
Griechenland, Italien und Afrika über die Schlachtfelder der griechischen Kriegsgeschichte seit Epaminondas, die Punischen
Kriege und Teile von Caesars und anderen römischen Bürgerkriegen angestellt und in den „Antiken Schlachtfeldern",
Bd. I—III, veröffentlicht worden sind.

Alle diese Arbeiten beruhen auf Besichtigungen an Ort und Stelle und enthalten daher gegenüber den älteren Auf-
fassungen überall so bedeutende Fortschritte, daß man meist auf ihnen fußen und ihre Ergebnisse geradezu oder doch ohne
allzu bedeutende kritische Einschränkungen übernehmen konnte. Wo das nicht der Fall war, sondern entweder Meinungs-
verschiedenheiten bestanden oder gar einzelne Teile der Kriegsgeschichte überhaupt noch nicht genügend bearbeitet waren,
da haben wir versucht, durch erneute Prüfung die schwebenden Fragen zur Entscheidung zu bringen oder, über den bisher
erreichten unvollkommenen Stand der Forschung hinausgehend, durch eigene Untersuchungen neue Ergebnisse zu erzielen.

Ein Werk, das in der geschilderten Weise zusammenfassen und weiterführen will, wird seine Ansichten bei dem
eigenartigen Charakter dieses Stoffes am besten in der Form eines Atlas niederlegen. Denn die Karte gibt auf einen
Blick ohne viel umständliche Beschreibung ein klares Bild der gesicherten Ergebnisse und gewährt andererseits die Mög-
lichkeit, Meinungsverschiedenheiten mit größter Anschaulichkeit hervortreten zu lassen. Der Atlas wird folgende verschiedene
Arten von Karten und Plänen enthalten:

1. Schlachtpläne, welche die erste und wichtigste Klasse unserer Darstellungen ausmachen. Es wird auf ihnen
nicht nur der Hergang der tatsächlichen Bewegungen so gegeben werden, wie ihn die Verfasser für richtig halten,
sondern für den Fall, daß wirklich beachtenswerte andere Lösungen vorliegen, werden auch diese, gewöhnlich auf
Nebenkärtchen in halbem Maßstabe, zur Darstellung gelangen. So wird dem Betrachter an der Hand des Atlas
Gelegenheit gegeben, sich über die Streitfragen ein selbständiges Urteil zu bilden. In einzelnen Fällen, in welchen
eine Festlegung der Schlachten im Gelände nicht möglich ist, aber die taktischen Bewegungen in den Quellen deut-
lich genug beschrieben sind, wird eine schematische Zeichnung ohne Gelände das Bild der taktischen Vorgänge
klarzumachen versuchen.

Alle diese Schlachtpläne werden der größeren Übersichtlichkeit wegen grundsätzlich in demselben Maßstabe
.gegeben, und zwar 1:50 000, der für antike Schlachten fast durchweg genügt. Nur ganz ausnahmsweise wird
auf 1:25 000 hinauf- oder auf 1:100 000 hinabgegangen werden.

2. Der Atlas darf sich indessen nicht auf die für das Verständnis der taktischen Vorgänge in der Schlacht selber
genügenden Schlachtpläne beschränken, sondern er muß die Bewegungen vor und nach der Schlacht mit in seinen
Gesichtskreis ziehen. Deshalb sind den einzelnen Schlachtplänen zweitens Übersichtskarten beigegeben, welche
den Gang der strategischen Operationen veranschaulichen und den Schlachtplan, zu dem sie gehören, in seine ganze
Umgebung einfügen. Auch bei ihnen werden der Übersichtlichkeit wegen nur Maßstäbe zur Anwendung kommen,
die untereinander in einfachem Verhältnis (von 1:2) stehen und von 1jl Mill. bis 3 Mill. reichen. Endlich werden

3. Pläne der wichtigsten Belagerungen und kleinerer Operationen im Felde beigefügt werden, die im allgemeinen im
Maßstabe 1:100 000 gezeichnet sind. Alle diese Karten enthalten, wenn sie das Gelände mitgeben, vier Farben:
rot, blau, schwarz und braun, sonst nur drei.

4. Dem Atlas wird ferner, ähnlich wie in Kieperts Formae Orbis antiqui, ein Text beigegeben werden, der im ganzen
etwa 70—80 Folioseiten umfassen soll und bestimmt ist, die Darstellung der Karten zu erläutern und über die
Quellen derselben, den Gang der Operationen, die Auffassung strittiger Punkte Aufklärung zu geben. Er enthält
daher für jedes einzelne Kartenblatt a) eine Aufzählung der antiken Quellen und der modernen Literatur, auf
denen die Darstellung beruht, oder den Verweis, wo sie zu finden ist; b) einen kurzgefaßten Bericht über den
Hergang der dargestellten kriegerischen Ereignisse, wie sie sich auf Grund dieses Materials ergeben; c) eine Stel-
lungnahme zu etwa vorhandenen Meinungsverschiedenheiten, wobei es in betreff älterer, schon in den maßgeben-
den genannten Werken widerlegter Ansichten genügt, unter kurzer Hervorhebung der entscheidenden Gründe auf
diese Werke zu verweisen.

Der Atlas soll sich vorläufig auf die Zeit von den Perserkriegen bis auf die Schlacht von Aktium 31 v. Chr. be-
schränken. Für diese Periode sind die Vorarbeiten im allgemeinen so weit gediehen, daß man an eine abschließende Dar-
stellung denken kann. Die Kriegsgeschichte der römischen Kaiserzeit mit ihren vielfach noch ungelösten Problemen und
ihren militärisch meist sehr mangelhaften Quellenschilderungen bleibt vorläufig unberücksichtigt.

In der ins Auge gefaßten Periode werden nur etwa 100 Schlachten und sonstige Operationen zur Behandlung kommen.
Der Geschichtskundige wird sofort bemerken, daß in diesem Verzeichnisse nicht entfernt alle Schlachten aufgezählt werden,
welche in dieser Periode geschlagen sind. Es fehlen, um von kleineren zu schweigen, fast alle Schlachten aus der älteren
Geschichte Roms mit Einschluß der Pyrrhusschlachten, es fehlen aus der griechischen Geschichte ebenso die Schlachten
zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Kriege, ein großer Teil der Schlachten der Diadochenzeit und der
Mithridatischen Kriege usw. Das hat seinen guten Grund darin, daß alle diese Schlachten in unserer antiken Überliefe-
rung so wenig ausführlich oder so wenig zuverlässig erzählt sind, daß an eine wissenschaftliche richtige Festlegung in dem
Gelände oder auch nur an die Darstellung der taktischen Bewegungen auf der Karte nicht zu denken ist. Es hieße die
Grenzen besonnener Kritik überschreiten, wenn man sich an die Lösung solcher Probleme wagen wollte.

Nicht in dem Geben von möglichst vielem, sondern in der Beschränkung auf das, was wirklich lösbar ist, liegt hier
wie überall die Bedeutung strenger wissenschaftlicher Arbeit.

J. Kromayer

Professor der alten Geschichte an der Universität Leipzig

G. Veith

Oberst a. D. am Kriegsarchiv in Wien
 
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