Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (1. Lieferung, Römische Abteilung 1): Älteste Zeit und Punische Kriege bis Cannae — Leipzig, 1922

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7153#0014
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rom. Abt. Blatt

war entsprechend. Fußvolk mit gleichfalls nach dem
Vorgefecht zurückgezogenen Leichten im Zentrum, Rei-
terei, aber nur etwa 4000 Mann stark, auf den Flügeln.
Hannibals Plan, der darin bestand, im Zentrum defensiv
zu bleiben, auf beiden Flügeln die römische Reiterei
wegzuschlagen, einzuschwenken, durch den Hinterhalt
die Römer noch im Rücken zu fassen und so das ganze
Heer zu vernichten, kam nur z. T. zur Durchführung.
Es gelang 10000 Römern im Zentrum, durchzubrechen
und abschwenkend nach Placentia zu entkommen. Das
übrige Heer wurde durch die Reiterei, die ihre Ver-
folgung etwas zu weit ausgedehnt zu haben scheint,
durch die Leichten und den Hinterhalt schließlich doch
noch in Flanke und Rücken gefaßt, an die Trebia
zurückgedrängt und hier bis auf Trümmer, die über den
Fluß ins Lager entkamen, aufgerieben. Unsere Karte
stellt den Augenblick des Zusammenstoßes der Heere
und in dem Nebenkärtchen den Moment dar, wo das
römische Zentrum durchzubrechen im Begriffe ist, die
Leichten und Mago überflügelt haben, die karthagische
Reiterei aber noch nicht von der Verfolgung zurück ist.
Die Anlage der Schlacht ist dieselbe wie bei Cannae,
die Ausführung noch nicht ganz gelungen.

3. Meinungsverschiedenheiten
bestehen sowohl über die Operationon vor der Schlacht,
wie über die Schlacht selber.

Die älteren Hypothesen, welche das Schlachtfeld auf
das rechte Ufer der Trebia setzen, sind Schlachtfelder
III, 1, S. 48—56 widerlegt, unsere Karte „Fremde An-
sichten" bringt sie zur leichteren Orientierung noch ein-
mal wieder zur Darstellung, da sie neuerdings von Be-
loch nur mit anderer Begründung teilweise wieder
aufgenommen sind. Der schwache Punkt bei diesen
Konstruktionen liegt vor allem darin, daß sie den bei
Polybios und den anderen Quellen übereinstimmend
erzählten Rückzug Scipios über die Trebia in einen
Vorstoß verwandeln, eine Umdrehung der Tatsachen,
die die älteren gar nicht, Beloch damit motiviert, daß
er die ganze Erzählung des Polybios als ein „Duplikat"
des Rückzuges nach dem Gefecht am Ticinus streicht
und Scipio im Gegensatz zu unserer Überlieferung nach
Eintreffen des Sempronius zweimal über die Trebia
gehen läßt, ein doppelter Uferwechsel, den man nicht
begreift, da die Römer nach Beloch die Schlacht suchen
und schon auf demselben Ufer stehen, wie Hannibal.
Diese unsere ganze Überlieferung in ihr Gegenteil ver-
wandelnden Willkürlichkeiten sind von K. Lehmann in
der oben genannten Abhandlung treffend widerlegt, so
daß ich darauf nicht weiter einzugehen brauche.

Die anderen neuesten Darstellungen von Fuchs und
Lehmann weichen nur darin von unserer ab, daß sie
Scipio nicht bei Piacenza, sondern 10 bzw. 40 km weiter
oberhalb den Po überschreiten lassen und sein Lager
nicht bei Stradella, sondern nur 10 km westlich von
Piacenza bei Rottofreno ansetzen. Die Abweichungen
sind für die Auffassung der ganzen Operationen vor
der Schlacht nicht ausschlaggebend, aber außerdem wenig
einleuchtend, da ein Brückenschlag bei der römischen
Kolonie Placentia, die als Sicherung dienen und auch
am Nordufer aus Eigenem einen Brückenkopf stellen
konnte, für ein römisches Heer weit wahrscheinlicher
ist, als ein Brückenschlag im freien Felde, und da
zweitens Scipio, der aus Furcht vor der karthagischen
Reiterei das Nordufer des Po aufgegeben hatte, auf dem
Südufer nur bei Stradella eine Stellung mit Flanken-
anlehnung hatte, nicht aber bei Rottofreno in der blanken
Ebene. Das alles ist schon in den „Schlachtfeldern"
ausführlich auseinandergesetzt, und es liegt keine Ver-
anlassung vor, davon abzugehen. Die Ausführungen

— 15 —

von Fuchs über die Schlacht selber, bringen gegenüber
seinen alten, in den „Schlachtfeldern" widerlegten Be-
hauptungen nichts Neues. Kromayer.

III. Scipios Eroberung von Carthago Nova
(Cartagena) 209 v. Chr.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquellen: Polyb. X, 10ff.; Liv. XXVI, 44—46.
Nebenquellen: Appian Iber. 19 (vgl. Cuntz, S. 18f.).
Literatur:

H. Droysen, Rhein. Mus., 1875, XXX, S. 62ff., mit
2 Karten.

J. L. Strachan-Davidson, Selections from Polybius.
Oxford 1888, S. 629—641 und 315—324, mit
Plan III, der auf unveröffentlichtem offiziellem
Kartenmaterial beruht. Benutzt von

O. Cuntz, Polybius u. s. Werk, 1902, S. 8—20, mit
Plan.

U. Kahrstedt, Archäol. Anzeiger, 1912, XXVII.

Sp. 225—235, mit Plan in 1:21276 (nicht in

1 : 14000, wie dort angegeben).
W. Brewitz, Scipio Africanus Maior in Spanien.

Diss. Tübingen 1914.
R. Laqueur, Scipio Africanus und die Eroberung

von Neukarthago. Hermes 56 (1921) S. 131—225-
Hübners Artikel „Carthago Nova" bei Wissowa

Enzykl. ist unbrauchbar.
Piano de Cartagena von J. Saez 1 : 2000 Valladolid

bei Minon 1912.
Die span., franz., engl. Seekarten haben nur Wert
für die von dem Plane Strachan-Davidsons nicht um-
faßten Teile.

2. Hergang der Ereignisse.

Carthago Nova lag auf einer Halbinsel, die im Norden
von einer Lagune (jetzt sumpfige Niederung Almajar),
im Westen und Süden vom Meer begrenzt war und nur
im Osten durch einen zwei Stadien (= 356 m) breiten
Isthmus mit dem Festlande zusammenhing. Im Westen
führte eine jetzt wiedergefundene antike Brücke bei
der Puerta de Murcia über den schmalen, Meer und
Lagune verbindenden Kanal (Pol. X, 10,13). Die punische
Stadt, welche sich wahrscheinlich noch ein Stück jen-
seits dieser Brücke ausbreitete (Cuntz, S. 17), hatte einen
Umfang von 20 Stadien (Pol. X, 11, 14) = 3560 m.
Ihre Mauerlinie, die bis zum Isthmus durchgehend der
Uferlinie folgte, läßt sich fast überall nach der Terrain-
gestaltung und nach alten Wallresten mit Sicherheit
oder großer Wahrscheinlichkeit so festlegen, wie auf
unserem Plane geschehen ist. Die Stadt war in der
Mitte niedrig ([i.ea6xoiXoc), im Norden, Osten, Süden von
einem innen an der Stadtmauer entlang führenden Kranz
von fünf Hügeln umgeben (1—5 des Planes), von denen
der westlichste, heute ganz bebaute Monte Molinete, die
Burg Hasdrubals trug. Nach Kahrstedt, Sp. 233, soll
der Monte Molinete aus Schutt bestehen und daher
nicht für die alte Stadt in Betracht kommen. Nach
ihm hätte der Monte Sacro die Burg Hasdrubals ge-
tragen, und den Vulcanhügel will er in der Plaza de
Toros wiedererkennen. Nach A. Schulten, der zuletzt
an Ort und Stelle das Gelände besichtigt hat, liegt aber
dieser Platz gar nicht auf einem Hügel, sondern tief,
kann also nicht der Vulcanhügel sein (briefl. Mitteilung).

Der Angriff Scipios, welcher sein Lager am West-
abhang des Mercurhügels (Livius XXVI, 44, 6), des
heutigen Hügels vom Castillo de los Moros, aufschlug,
erfolgte vom Isthmus aus. Nach einem ersten vergeb-
lichen Sturm benutzte Scipio das bei der Ebbe ein-
tretende Sinken der Lagune, um durch sie unbemerkt

— 16 —
 
Annotationen