Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kromayer, Johannes [Hrsg.]; Veith, Georg [Hrsg.]
Schlachten-Atlas zur antiken Kriegsgeschichte: 120 Karten auf 34 Tafeln ; mit begleitendem Text (4. Lieferung, Griechische Abteilung 1): Von Marathon bis Chaeronea — Leipzig, 1926

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7179#0005
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grieoh. Abt. Blatt 1 und 2.

wohl auf sich beruhen lassen. Auch ist kein Grund er-
sichtlich, weshalb am Sords mitten in der glatten Ebene
eine Pause in der Verfolgung eingetreten sein soll. Der
hauptsächlichste Einwand Delbrücks gegen einen Kampf
in der Ebene, wie ihn Herodot berichtet und ich ihn
annehme, daß nämlich dann die persische Reiterei habe
eingreifen und die Elügel der Athener habe umgehen
müssen, ist in meinen genannten Aufsätzen durch den
Nachweis entkräftet worden, daß es damals nicht in den
Gewohnheiten der Perser gelegen habe, ihre Reiterei auf
die Flügel zu konzentrieren, sondern daß sie die Reiterei
abteilungsweise mit dem Fußvolke gemischt über die
ganze Front zu verteilen gepflegt hätten, und daß zudem
die persische Reiterei bei Marathon, da es sich um eine
Expedition über See handelte, numerisch nur unbedeutend
gewesen sein könne. Weitere Hypothesen können kürzer
erledigt werden.

Die älteste, sich auf Topographie einlassende Hypo-
these ist die von Duncker („I" auf Kärtchen 1), welche
die Schlacht am linken Ufer des Charadrabaches ansetzt.
Sie ist seit der Entdeckung des Massengrabes der Athener
nicht mehr diskutierbar; ebensowenig sind die Hypothesen
von Grundy (great Persian war, p. 17 9 ff.) und Macan in
seinem „Herodotus" („IV" unserer Karte) mit der Erkennt-
nis vereinbar, daß die Athener nicht im Vrana- oder gar
im Aulonatale gestanden haben können. Ed. Meyer (Gesch.
d. Altert. III 328) endlich („V" unserer Karte) hat zwar
zuerst richtig erkannt, daß die Griechen auf dem Agrieh'ki
gestanden haben müssen, aber seine Ansetzung der Schlacht
unmittelbar am Fuße des Hügels, die er Delbrück zu Liebe
annimmt, ist auch nicht mit der Lage des Sorös in Über-
einstimmung zu bringen. Nachtrag hinter Chäronea.

IL Artemision.

Kärtchen 3 und 4.

Artemision—Thermopylae ist eine Doppelstellung, be-
stimmt, den persischen Vormarsch auf gleicher Höhe zu
Wasser und zu Lande aufzuhalten. Beide Stellungen
waren durch Schnellfahrer in dauernder Verbindung mit-
einander (Herod. VIII 21). Der Fall der einen Stellung
zog den der anderen nach sich.

1. Quellen und Literatur.

Hauptquelle: Herodot VII 179—195; VIII 1—23.
Nebenquelle: Diodor XI 12 und 13.
Spezialliteratur:

Lolling, Artemision, Mitteil. d. deutschen arch. Instituts.

Athen, Bd. VIII S. 7 ff., 1883.
Bury, The campaign of Artemision and Thermopylae,
ann. of Br. school. at Athens, Bd. II S. 83ff., 1895/96.
Derselbe, a hist. of Greece 1895/96, S. 273, 1900.
Wace, The topography of Pelion and Magnesia,

Journ. Hell. Studies, Bd. 26 S. 144, 1906.
Wilcken, Hermes 41, 103, 1906 und 42, 12, 1907.
Tarn, The fleet of Xerxes, J. Hell. St., Bd. 28 S. 221,1908.
Meurer, Vizeadmiral, Seekriegsgeschichte, 1925.
Die Übersichtskarte beruht auf der österr. Karte von
Griechenland 1 : 300000. Die Spezialkarten auf unver-
öffentlichtem Material des österreichischen Kriegsarchivs,
das mir freundlichst zur Verfügung gestellt war.

2. Hergang der Ereignisse.

Die griechische Flotte, mit den später dazukommen-
den 53 athenischen Trieren im ganzen 280 Schiffe
stark, nahm Stellung beim Tempel der Artemis in der
Nähe des heutigen Dorfes Potoki, an einem flachen, san-
digen Strande der Nordküste von Euböa, in der heutigen
Bucht Peuki (die Lage des Artemistempels inschriftlich
sichergestellt von Lolling) (s. Kärtchen 3: „Flottenstation
der Griechen"). Reichliches Wasser an Quellen und Bächen
— 3* —

war vorhanden (s. Kärtchen 4). Drei Vorpostenschiffe,
die bei Skiathos standen, werden von der Vorhut der
von Thermae (bei Saloniki) heransegelnden Flotte der
Perser gefangen. Dies Ereignis, in der Nacht durch
Feuerzeichen von Skiathos aus mitgeteilt, verursachte eine
solche Panik im Hauptheere, daß man Hals-über-Kopf
die Stellung verließ und bis an den Euripos bei Chalkis

— etwa 120 Kilometer südlicher — zurückging (Her. VII
182). Die persische Flotte jedoch, die an der sehr aus-
gesetzten Küste von Magnesia, nördlich von Cap Sepias

— nördlich H. Georgios — vor Anker gegangen war,
wurde hier von einem 3 Tage wütenden Nordsturm er-
faßt und erlitt große Verluste, so daß die Griechen auf
die Nachricht davon wagten, wieder in ihre alte Stellung
zurückzukehren.

Am vierten Tage, als der Sturm sich gelegt hatte,
fuhren die Perser um das Vorgebirge Sepias herum und
landeten am frühen Nachmittage (Her. VIII 6: 7repi. SeiVqv
zpwiYjv) bei Aphetae, dem heutigen Golfe von Olizon, und
in benachbarten Landeplätzen, da die Bucht selber nur
einen ganz beschränkten Sandstrand hat, auf dem die
ganze Flotte nicht Platz finden konnte l). Dieser Landungs-
platz lag nach Herodot 80 Stadien (== rund 14 km, in
Wirklichkeit nur etwa 12 km von Artemision entfernt),
wo die Griechen wenige Stunden nach ihnen wieder ein-
trafen (Herod. VII 188—193) (s. Kärtchen 3: „Flotten-
station der Perser, Flottenstation der Griechen"). An
den beiden folgenden Tagen am späten Nachmittage
(SaXujv Svjjfyv, Her. VIII 9 und 14) machten nun die
Griechen kleine überfallartige Angriffe auf einzelne Ab-
teilungen der noch vom Sturme zerzausten und havarierten
Gegner, die aber ohne durchschlagenden Erfolg waren.
Das sind die beiden sogenannten ersten Schlachten von
Artemision. Am dritten waren endlich die Perser wieder
so weit, daß sie selber zum Angriff vorgehen konnten.
Die Griechen empfingen sie in fester Stellung vor ihrer
Station (Her. VIII16: a-ups^ac elxpv Ttpoc 'Ap-s[UGi'u),
ohne Zweifel mit beiden Flügeln an den Strand die End-
punkte der Bucht von Peuki angelehnt; die Perser um-
gaben sie in halbmondförmiger Stellung (juvoeiSäc itoiiq-
ffavTs? xwv vswv) (s. Kärtchen 4: „Griechen", „Perser"). Der
Kampf dauerte vom Mittag bis zur sinkenden Nacht; er
hatte keine Entscheidung gebracht. Die Verluste waren
auf beiden Seiten sehr stark. Die Griechen scheinen sicli
einem zweiten Angriff nicht mehr gewachsen gefühlt zu
haben, und da auch die Kunde eintraf, daß Thermopylae
gefallen sei, gingen sie nocli in der Nacht nach Chalkis
und von da nach Salamis zurück.

3. Meinungsverschiedenheiten.

Es kann hier nur das Wichtigste aus der sehr um-
fangreichen Literatur berücksichtigt werden. Unsere Dar-
stellung schließt sich eng an Herodot an. Nur die
Nachricht, daß die Perser ein Detachement von 200 Schiffen
um Euboea herumgeschickt hätten, ist gestrichen. Be-
deutung für die Kämpfe hat diese angebliche Umgehung
nicht gehabt. Denn das Geschwader soll durch Sturm
zugrunde gegangen sein (Herod. VIII 14). Die Nachricht
ist aber überhaupt militärisch unsinnig, wie schon Beloch
(II2 2, 87) ausgeführt hat. Wenn die Perser den Griechen
den Rückzug abschneiden wollten, so konnten sie das
viel leichter tun, wenn sie mit ihren 200 Schiffen von
Aphetae aus 15 km südwestlich vorgingen und die Enge
bei Argyronisi besetzten, anstatt 450 km weit um Euboea
herumzufahren.

Mit der sonstigen Zurechtrückung der Ereignisse
durch Beloch, Bury u. a. kann man sich dagegen

!) Wace denkt an die Bucht von Platania. Die ist allein auch
nicht genügend.

_ 4* _
 
Annotationen