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MUDEJAREN UND BARBARESKEN

dann wäre es zur Entstehung einer wenn auch eigenartigen, so doch durchaus
homogenen Richtung innerhalb des islamischen Komplexes gekommen. So
aber handelt es sich stets darum, fremden Baugedanken, wie sie die Gotik
und später die Renaissance brachte, eigene Überzeugungen einzuordnen, und
wir dürfen staunen, daß bei diesem Konflikt überhaupt Werke von be-
friedigendem Zusammenklang zuwege kamen. Es läßt sich sogar behaupten,
daß im Mudejar zum ersten- und einzigenmal, auf maurische Initiative hin,
der Versuch unternommen wird, einen spanischen Nationalstil zu schaffen,
der sicherlich geboren worden wäre, wenn nicht eine intolerante Politik im
16. Jahrhundert das islamische Element ausgeschaltet und damit die weitere
Entwicklung endgültig in den allgemeinen europäischen Rahmen gezwungen
hätte.
Nun erhebt sich aber eine weitere Frage: gibt es überhaupt einen ge-
schlossenen Mudejarstil oder sind nicht vielmehr je nach der Zeit ihrer Er-
oberung die einzelnen Kunstzentren unabhängig voneinander in eine Mudejar-
bewegung gezogen worden, Toledo schon im zwölften, Sevilla und Valencia
seit dem dreizehnten, Granada erst am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts,
und zwar jede unter Anschluß an die jeweilig herrschende islamische Phase?
Die letztere, noch allgemein verbreitete Meinung trifft zweifellos nicht das
Richtige, sondern tatsächlich scheint eine gemeinsame und einheitliche Ent-
wicklung die mudejaren Denkmäler zu verbinden.
Um sich das Milieu zu vergegenwärtigen, von dem diese Strömung ihren
Ausgang nahm, muß man die kulturelle Bedeutung zu würdigen wissen, die
in einer Stadt wie Toledo jahrhundertelang das islamische Element behielt.
Hier war nicht die Rede von einer bloßen Duldung, sondern es handelte
sich um die Anerkennung zivilisatorischer Überlegenheit; denn die junge
kastilische Macht, im wesentlichen auf die Tapferkeit ihrer Ritterschaft gestellt,
hatte an kulturellen Werten nicht eben viel aufzuweisen. Trotzdem nahm sie
den Wettbewerb auf, indem sie gerade Toledo nicht nur zur politischen Haupt-
stadt, sondern zum Zentrum christlicher Bildung und Gesittung erwählte,
zahlreiche Kirchen und Klöster gründete und den Erzbischöfen, die hier resi-
dierten, große Privilegien einräumte sowie erhebliche Einkünfte sicherte. Von
Toledo aus wurde der Kreuzzug gegen die Maurenstaaten immer von neuem
geschürt, hier das spanische Geistesleben konzentriert, hier in einer gewaltigen
Kathedrale der Sieg des Katholizismus verkündet. Aber ebendort wurde da-
 
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