BEDEUTUNG DER DEKORATION
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Türrahmen. Bald ergriff das Ornament aber auch die tragenden Glieder
selbst, Bogen und Gewölbe, und bemächtigte sich schließlich ganzer Wände,
um sie in verschwenderischer Fülle zu überziehen. Bei der Ausschmückung
von Wohnräumen ergab sich die Neigung zur Flächenbelebung schon durch
die hockende Lebensweise der Orientalen, die die Verwendung raumfüllender
Möbel von vornherein ausschloß und so darauf drängte, Wände, Decke und
Fußboden durch buntes Zierwerk, sei es in Belag und Behängen, oder in
organischer Verbindung mit dem Grunde, für das Auge erfreulicher und be-
haglicher zu gestalten. In den Bethäusern wiederum galt es, den Blick auch
mit dekorativen Mitteln in der Qiblarichtung zu konzentrieren und die Be-
deutung des Mihräb durch Schrift- und Ornamentenschmuck gebührend zu
betonen. In Kairuan finden wir diesen Zweck bezeichnenderweise durch die
Verwendung fremdartiger, aus Bagdad gesandter goldig schimmernder Lüster-
kacheln erreicht, und ebenso in Cordoba - wenigstens teilweise - durch
exotisches, von byzantinischen Künstlern ausgeführtes Glasmosaik.
Die Steinmetzen eröffneten die Reihe der heimischen Handwerker, denen
man bestimmte dekorative Aufträge zuwies. Aus dem neunten Jahrhundert
haben wir die ersten selbständigen Kapitelle, während man sich bis dahin
mit Spolien beholfen hatte; damals wurden ferner an Zierfenstern und
Blendbogen, zumal in Cordoba, kleinere Streifen in Rankenwerk aufgelockert,
und im folgenden Jahrhundert erreichte die Technik ihren Höhepunkt in der
Marmorverkleidung der Mihräbanlage des Khalifen al-Hakim. Es lag nahe,
die so gewonnene Fertigkeit mit zunehmendem Bedürfnis auf den schneller
und leichter zu bearbeitenden Stuck zu übertragen, der besonders im Palast-
bau zur Ausbildung gelangte. Das geschah mit großem Geschick, aber aller-
dings schon mit einer Ungebundenheit, die Überwucherung und Zersetzung
aller organischen Glieder und damit das Ende einer ganzen Stilrichtung be-
deutete, in der Aljaferi'a zu Zaragoza (Taf. 22f.). Hier wird mit architektoni-
schen Gebilden ein Mißbrauch getrieben, wie er in Spanien erst im 18. Jahr-
hundert in der krausen Phantastik des Churriguerismus wiederkehren sollte.
In der Almohadenzeit tritt nach einer allgemeinen Ernüchterung mit der
Backsteinmusterung der Minare ein vielleicht durch die Bekanntschaft mit
persischen Bauten angeregtes neues Dekorationsprinzip in den Vordergrund,
und gleichzeitig erweitern sich die koloristischen Möglichkeiten durch Ein-
führung des Fayencemosaiks bei der Verkleidung von Sockeln und anderen
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Türrahmen. Bald ergriff das Ornament aber auch die tragenden Glieder
selbst, Bogen und Gewölbe, und bemächtigte sich schließlich ganzer Wände,
um sie in verschwenderischer Fülle zu überziehen. Bei der Ausschmückung
von Wohnräumen ergab sich die Neigung zur Flächenbelebung schon durch
die hockende Lebensweise der Orientalen, die die Verwendung raumfüllender
Möbel von vornherein ausschloß und so darauf drängte, Wände, Decke und
Fußboden durch buntes Zierwerk, sei es in Belag und Behängen, oder in
organischer Verbindung mit dem Grunde, für das Auge erfreulicher und be-
haglicher zu gestalten. In den Bethäusern wiederum galt es, den Blick auch
mit dekorativen Mitteln in der Qiblarichtung zu konzentrieren und die Be-
deutung des Mihräb durch Schrift- und Ornamentenschmuck gebührend zu
betonen. In Kairuan finden wir diesen Zweck bezeichnenderweise durch die
Verwendung fremdartiger, aus Bagdad gesandter goldig schimmernder Lüster-
kacheln erreicht, und ebenso in Cordoba - wenigstens teilweise - durch
exotisches, von byzantinischen Künstlern ausgeführtes Glasmosaik.
Die Steinmetzen eröffneten die Reihe der heimischen Handwerker, denen
man bestimmte dekorative Aufträge zuwies. Aus dem neunten Jahrhundert
haben wir die ersten selbständigen Kapitelle, während man sich bis dahin
mit Spolien beholfen hatte; damals wurden ferner an Zierfenstern und
Blendbogen, zumal in Cordoba, kleinere Streifen in Rankenwerk aufgelockert,
und im folgenden Jahrhundert erreichte die Technik ihren Höhepunkt in der
Marmorverkleidung der Mihräbanlage des Khalifen al-Hakim. Es lag nahe,
die so gewonnene Fertigkeit mit zunehmendem Bedürfnis auf den schneller
und leichter zu bearbeitenden Stuck zu übertragen, der besonders im Palast-
bau zur Ausbildung gelangte. Das geschah mit großem Geschick, aber aller-
dings schon mit einer Ungebundenheit, die Überwucherung und Zersetzung
aller organischen Glieder und damit das Ende einer ganzen Stilrichtung be-
deutete, in der Aljaferi'a zu Zaragoza (Taf. 22f.). Hier wird mit architektoni-
schen Gebilden ein Mißbrauch getrieben, wie er in Spanien erst im 18. Jahr-
hundert in der krausen Phantastik des Churriguerismus wiederkehren sollte.
In der Almohadenzeit tritt nach einer allgemeinen Ernüchterung mit der
Backsteinmusterung der Minare ein vielleicht durch die Bekanntschaft mit
persischen Bauten angeregtes neues Dekorationsprinzip in den Vordergrund,
und gleichzeitig erweitern sich die koloristischen Möglichkeiten durch Ein-
führung des Fayencemosaiks bei der Verkleidung von Sockeln und anderen