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TÜRKISCHE UND EUROPÄISCHE ELEMENTE

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wie wir sahen, in den marokkanischen Residenzen bis in die Gegenwart er-
halten und rückt die dortige Entwicklung außerhalb des hier gezogenen
Rahmens, mit ganz geringen Ausnahmen (Taf. 110). In Tunis können wir
am deutlichsten das Ringen zwischen den beiden Strömungen verfolgen und
müssen staunend die immer wieder
sich durchsetzende zähe Lebenskraft
der andalusischen Tradition bewundern:
sie verhindert im 16. und 17. Jahrhun-
dert das mächtig eindringende osma-
nische Element, sich Dome und Minare
ganz zu erobern und weiß die dekora-
tive Bereicherung, die der naturalistische
Blumendekor bedeutete, geschickt in
ihre eigenen Bahnen zu lenken; im
18. Jahrhundert wiederum sträubt sie
sich gegen die Aufnahme von Rokoko-
elementen, die entweder als unerfreu-
liche Fremdkörper hie und da in tunesi-
schen Palästen die Harmonie stören,
oder so vollkommen in das heimische
Arabeskensystem übersetzt erscheinen,
daß ihr eigentlicher Ursprung kaum
noch erkannt wird (Taf. 105, 106). Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts ist dort
die Rückkehr zum maurischen Stil all-
gemein, während man an anderen
Orten mit den europäischen Zeit-
strömungen mitging; eine biedermeier-
liche Note ist z. B. fühlbar in den kachel-


Abb. 22. Kairuan, IB.Jahrh. Barbiermoschee
Fayencefliesen

belegten und mit naiven Malereien gezierten Höfen des Palastes, den noch
kurz vor der französischen Eroberung sich der Bey Ahmed in Constantine
erbaute (Taf. 107).
Im Kunstgewerbe hat das Hereintragen fremder Formen und Ornamente
unverkennbar nicht belebende, sondern lähmende Wirkungen ausgeübt; denn
die Zünfte haben wirklich Bedeutendes in dieser ganzen so luxusbedürftigen
 
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