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Kugler, Franz; Burckhardt, Jacob [Hrsg.]
Handbuch der Geschichte der Malerei seit Constantin dem Grossen (Band 1) — Berlin, 1847

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https://doi.org/10.11588/diglit.26742#0161
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Einheimischer Ursprung.

143

§• 4G-

Figuren ist hier im Allgemeinen nicht mehr zu bemerken und
tritt nur hie und da im Einzelnen, in untergeordneter Weise
hervor. Im Gegentheil befolgt hier die Zeichnung ein
strenges typisches Gesetz, es zeigt sich das Bestreben, die
Formen der Gestalten überall in scharfer und bestimmter
Weise zu fassen, dieselben so viel als möglich in gemessener,
symmetrischer Anordnung vorzuführen. Ein näheres Ein-
gehen auf den organischen Zusammenhang des menschlichen
Körpers mangelt hiebei freilich noch entschieden, •— diess
gehört einer spätem Entwicklungsperiode der Kunst an;
am Schärfsten aber tritt diese strenge Symmetrie in den
Linien der Gewandung, sowie in den beigeordneten Gegen-
ständen aus der Thier- und Pflanzenwelt hervor, welche
letztem ganz nach Art der Arabesken behandelt sind. Ja
die gesammte Darstellung wird nicht selten, wenn sich sonst
die Gelegenheit dazu darbot, arabeskenhaft in einander
geschlungen, und die Arabeske selbst, die phantastische
Verknüpfung des seiner Natur nach Verschiedenartigen,
tritt zuerst bedeutsam und mannigfaltig hervor. Der bilden-
den Kunst dieser Zeit hegt im Wesentlichen ein architekto-
nisches Princip zu Grunde; sie trägt mehr den Charakter
eines Ornamentes, sowohl wo sie in grösserm Maasse zur
Verzierung der Wände als in kleinerem zur Ausschmückung
der Bücher angewandt wurde. Es ist das erste selbstthätige
Pulsiren der Kunst, welches sich hier, wie überall auf der
ersten Entwicklungsstufe, durch strenge Gesetzmässigkeit
äussert, die zwar nur äusserlich formell erscheint und die
tiefem Gesetze der organischen Natur noch nicht begreift,
die aber zunächst dazu dient, der ins Formlose ausschwei-
fenden Phantasie bestimmte Grenzen vorzuzeichnen. Jetzt
erst tritt die völlige Metamorphose des antiken Styles und
der Anfang eines neuen oifen zu Tage; doch sind jene
durch Ueberlieferung von ausserhalb eingeführten Vorbilder,
jene idealen Typen des klassischen Alterthums, welche vor-
nehmlich in den Arbeiten der karolingischen Zeit nachklin-
gen und auch den Werken der byzantinischen Kunst zu
 
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