Zweite Periode.
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noch in alterthümlich conventioneller Weise behandelt worden sein.
Jedenfalls war er der ältere neben Phidias und Polyklet, was u. A.
auch daraus hervorgeht, dass, wie er mit Pythagoras, so diese mit
einem seiner Nachfolger im künstlerischen Wettkampfe standen.
Zu den Schülern und Nachfolgern des Myron, die seine Rich-
tung aufgenommen hatten, sind zu rechnen: sein Sohn Lyhios, von
dem u. A. ein Räucherknabe als eine besonders werthvolle Arbeit
-angeführt wird; — Kresilas (oder Ktesilaos), dessen Statue einer
verwundeten Amazone, für den eben erwähnten Wettkampf mit Phi-
dias und Polyklet gefertigt, in verschiedenen Nachbildungen, welche
sich im Kapitol zu Rom, im Louvre zu Paris u. a. a. 0. befinden,
erkannt ist; — Styppax, mit dem Bilde eines feueranblasenden
Sklaven; — Strongylion, der u. A. in Thierbildungen ausgezeichnet
war und von dem die eherne Darstellung des trojanischen Pferdes
mit daraus hervorsehenden Helden, auf der Akropolis von Athen,
herrührte. U. A. m.
Phidias von Athen scheint um den Beginn des fünften Jahr-
hunderts geboren zu sein. Er soll seine künstlerische Laufbahn als
Maler begonnen haben. Sein erster Meister im Fache der Sculptur
war der Athener Hegias; seine weitere Ausbildung empfing er, wie
bereits bemerkt, unter dem Argiver Ageladas, Der Beginn seiner
Wirksamkeit fällt in die Zeit des Kimon; seine Blüthe in die des
Perikies, der ihm hei der Ausführung der künstlerischen Werke,
welche zur glanzvollen Verherrlichung Athens dienen sollten, die
■einflussreichste Stellung gab. Nach Phidias Plänen und unter seiner
Leitung wurde die Ausstattung der grossartigen athenischen Pracht-
bauten dieser Zeit bewerkstelligt. Seine Richtung war eine vorzugs-
weise gedankenhafte, die Form, welche ihm aus der Fülle der Phan-
tasie entgegenquoll, das lebendige Symbol des Gedankens. Die Werke
seiner eignen Hand hatten, bei der unbedingten Gegenwart, welche
das Ergehniss einer zum völligen Bewusstsein erwachten Kunst ist,
das Gepräge erhabenster Würde und harmonischer Ruhe, den Aus-
druck des höchsten Gleiclynaasses geistiger Kraft. Er war vor Allem
Götterbildner; er wie kein Zweiter war es, der dem hellenischen
Götterbewusstsein die körperliche Gestalt gab. Je nach dem Zwecke
der Verehrung wusste er die einzelne Göttergestalt zur persönlichen
Erscheinung durchzubilden, auch die persönlichen (mythischen) Be-
ziehungen des dargestellten Götterwesens zu einer poesiereichen Fülle
nebensächlicher Darstellungen, so wirksam auf das Auge des Be-
schauers wie auf das nachsinnende Gemiith, zu benutzen. Solchem
Zwecke entsprach vornehmlich jene alte kunstvolle Technik, welche
verschiedenartige Prachtstoffe, namentlich Elfenbein und Gold (für
das Nackte und für Haar und Gewrandung), zur feierlichen Gesammt-
wirkung vereinigte; Phidias gilt insbesondere hierin (in der Fertigung
„chryselephantiner1, Werke) als der gediegenste Meister. Im Uebrigen
werden Erz- und Marmorarbeiten seiner Hand angeführt.
Die Zahl der Bildwerke von Phidias’ Hand, welche nicht un-
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noch in alterthümlich conventioneller Weise behandelt worden sein.
Jedenfalls war er der ältere neben Phidias und Polyklet, was u. A.
auch daraus hervorgeht, dass, wie er mit Pythagoras, so diese mit
einem seiner Nachfolger im künstlerischen Wettkampfe standen.
Zu den Schülern und Nachfolgern des Myron, die seine Rich-
tung aufgenommen hatten, sind zu rechnen: sein Sohn Lyhios, von
dem u. A. ein Räucherknabe als eine besonders werthvolle Arbeit
-angeführt wird; — Kresilas (oder Ktesilaos), dessen Statue einer
verwundeten Amazone, für den eben erwähnten Wettkampf mit Phi-
dias und Polyklet gefertigt, in verschiedenen Nachbildungen, welche
sich im Kapitol zu Rom, im Louvre zu Paris u. a. a. 0. befinden,
erkannt ist; — Styppax, mit dem Bilde eines feueranblasenden
Sklaven; — Strongylion, der u. A. in Thierbildungen ausgezeichnet
war und von dem die eherne Darstellung des trojanischen Pferdes
mit daraus hervorsehenden Helden, auf der Akropolis von Athen,
herrührte. U. A. m.
Phidias von Athen scheint um den Beginn des fünften Jahr-
hunderts geboren zu sein. Er soll seine künstlerische Laufbahn als
Maler begonnen haben. Sein erster Meister im Fache der Sculptur
war der Athener Hegias; seine weitere Ausbildung empfing er, wie
bereits bemerkt, unter dem Argiver Ageladas, Der Beginn seiner
Wirksamkeit fällt in die Zeit des Kimon; seine Blüthe in die des
Perikies, der ihm hei der Ausführung der künstlerischen Werke,
welche zur glanzvollen Verherrlichung Athens dienen sollten, die
■einflussreichste Stellung gab. Nach Phidias Plänen und unter seiner
Leitung wurde die Ausstattung der grossartigen athenischen Pracht-
bauten dieser Zeit bewerkstelligt. Seine Richtung war eine vorzugs-
weise gedankenhafte, die Form, welche ihm aus der Fülle der Phan-
tasie entgegenquoll, das lebendige Symbol des Gedankens. Die Werke
seiner eignen Hand hatten, bei der unbedingten Gegenwart, welche
das Ergehniss einer zum völligen Bewusstsein erwachten Kunst ist,
das Gepräge erhabenster Würde und harmonischer Ruhe, den Aus-
druck des höchsten Gleiclynaasses geistiger Kraft. Er war vor Allem
Götterbildner; er wie kein Zweiter war es, der dem hellenischen
Götterbewusstsein die körperliche Gestalt gab. Je nach dem Zwecke
der Verehrung wusste er die einzelne Göttergestalt zur persönlichen
Erscheinung durchzubilden, auch die persönlichen (mythischen) Be-
ziehungen des dargestellten Götterwesens zu einer poesiereichen Fülle
nebensächlicher Darstellungen, so wirksam auf das Auge des Be-
schauers wie auf das nachsinnende Gemiith, zu benutzen. Solchem
Zwecke entsprach vornehmlich jene alte kunstvolle Technik, welche
verschiedenartige Prachtstoffe, namentlich Elfenbein und Gold (für
das Nackte und für Haar und Gewrandung), zur feierlichen Gesammt-
wirkung vereinigte; Phidias gilt insbesondere hierin (in der Fertigung
„chryselephantiner1, Werke) als der gediegenste Meister. Im Uebrigen
werden Erz- und Marmorarbeiten seiner Hand angeführt.
Die Zahl der Bildwerke von Phidias’ Hand, welche nicht un-