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VIII. Die altchristliche Kunst.

Schwimmteiche in den römischen Thermen gaben zu solchen An-
lagen ein natürliches Vorbild; von ihnen empfing die Taufkapelle
den Namen des Baptisteriums. Das ältest bekannte unter den
christlichen Baptisterien ist die Kirche S. Maria maggiore hei N o-
cera, unfern von Neapel, ein Gebäude des vierten Jahrhunderts,
der Anlage von S. Costanza zu Rom sehr ähnlich, nur minder durch-
gebildet und die Kuppel über dem Mittelraum nicht auf erhöhten
Mauern ruhend. Zwei andre rühren aus dem fünften Jahrhundert
her: das Baptisterium des Laterans zu Rom (S. Giovanni in Fonte),
achteckig, mit einer Stellung von acht Säulen im Innern und einer
(späteren) Oberstellung über diesen; und das Baptisterium bei der
Kathedrale von Ravenna (ebenfalls S. Giovanni in Fonte genannt),
achteckig und mit einer Kuppel überwölbt, die Wände mit Arkaden
in zwei Geschossen geschmückt, von denen die oberen sich durch
ein lebhaftes Gefühl für rhythmische Bogenanordnung auszeichnen.
Völlig einfach ist das achteckige, kuppelgewölbte Baptisterium der
Arianer (S. Maria in Cosmedin) zu Ravenna, aus dem Anfänge des
sechsten Jahrhunderts. —

Noch sind ein Paar Rundkirchen dieser Frühepoche, bei denen
das etwaige Motif zur Wahl einer derartigen Form nicht näher be-
kannt ist, anzuführen. Die eine ist die sehr alterthümliche ehe-
malige Kirche St. Georg zu Thessalonica, mit einer Kuppel
überwölbt und mit tiefen Nischen in der Dicke der Umfassungs-
mauer. Die andre ist die Kirche S. Stefano rotondo zu Rom, aus
der Spätzeit des fünften Jahrhunderts, ein Gebäude von höchst an-
sehnlicher Dimension, mit erhöhtem Mittelraume, in der ursprüng-
lichen Anlage von einem zwiefachen Säulenkreise umgeben und in
den verschiedenen Tlieilen flach gedeckt. Die Anordnung trapez-
förmiger Aufsätze über den Säulenkapitälen als Basis für die Bögen
scheint hier einen auswärtigen (voraussetzlich byzantinischen) Ein-
fluss anzukündigen, wie solcher sich später mehrfach in Rom geltend
macht. Ein Gebäude von verwandter Anlage, wohl picht aus erheb-
lich jüngerer Zeit, ist die sechzehnseitige Kirche S. Angelo zu Pe-
rugia. Ungleich bedeutender, eins der mächtigsten Werke der alt-
christlichen Zeit, obschon durch spätere Umbauten verändert, ist S.
Lorenzo Maggiore zu Mailand, das dem Ausgange des vierten Jahr-
hunderts anzugehören scheint:1 ein achteckiger Mittelbau mit einer
Kuppel auf Pfeilern, erweitert durch vier grosse Halbkreisnischen,
rings umgeben von niedrigen Umgängen, über welchen Emporen an-
geordnet sind, das Ganze zu quadratischer Grundform mit vor-
springenden grossen Apsiden sich zusammenschliessend, an der Seite
des Haupteinganges mit zwei Treppenthürmen versehen.

1 Die gründliche Darstellung und Restitution dieses Monumentes verdanken
wir Hübsch (vergl. Lief. 1 und 2 seines Werkes). Kugler selbst, der früher den
altchristlichen Ursprung an S. Lorenzo bestreiten zu müssen glaubte, würde durch
eine so gediegene Beweisführung ohne Zweifel überzeugt wrorden sein. W. L.
 
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