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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Fabrikant und Künstler, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0037

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Fabrikant und Künstler.

aKrikant und
Q^ünftfer.1)

Als Richard Wagner noch
tief in des Lebens Nöthen stak,
klagte er einmal in einem Briefe
darüber, daß dieses ewige Ar-
beiten um Geld dem Publikum
einen völlig falschen Begriff von
dein Wesen derKunst beizubringen
im Stande sei. Er meinte da-
mit die Anschauung, daß es sich
in der Kunst um einen ähnlichen
Vorgang handle, wie bei der
Production einer waare, die be-
handelt wird nach dent eisernen
besetz des Angebotes und der
Nachfrage, während Wagner die
Meinung aller Künstler theilte,
daß die materielle Leistung des
Käufers nichts fei als eine mehr
oder minder genügende Ent-
schädigung für die Neberlassung
eines Kunstwerkes und daß man
mit Geld an sich weder eine künst-
lerische Leistung Hervorrufen noch
— streng genommen — zu be-

l) Die in diesem Artikel behandelte
Angelegenheit kann in gewissem Sinne
als eine typische Erscheinung betrachtet
werden; um Wunden wie die hier aus-
gedeckten zu heilen, bedarf es der Kilse
der Lünstler selbst, wir bitten deshalb
um schonungslose Mittheilung ähnlicher
-iiälle, damit wir gelegentlich —selbst-
verständlich unter voller Wahrung des
Redaktionsgeheimnisses — davon Ge-
brauch machen können. Die Red.

zahlen im Stande fei. In der
That richtet sich auch die Höhe
der Entschädigung nach den
inannigfaltigsten Umständen, die
beim waarenverkauf nicht in
Betracht kommen, z. B. nach
dem Vermögen des Käufers, der
entweder freiwillig nach einer
persönlichen Schätzung des Gegen-
standes eine gewisse Summe be-
zahlt oder von dem der Künstler
mehr verlangt, um dann wieder
bei Anderen weniger verlangen
zu können, die wohl dieselbe
Hochschätzuug für das Kunstwerk
besitzen, nicht aber die Mittel,
um dieselbe in einer entsprechen-
den Geldleistuug ausdrücken zu

können.

Die Richtigkeit dieser That-
sacheu wird dadurch nicht beein-
trächtigt, daß die meisten Künstler
eben aus Lebensnoth gezwungen
sind, die Geschenke ihrer Phantasie
als waare anzubieten und von
den Käufern widerspruchslos als
solche behandeln zu lassen. Trotz
alledem bleibt es eine unumstöß-
liche Wahrheit, daß es für geistige
Leistungen und insbesondere für
eine Leistung der Phantasie einen
genau bestimmten und völlig be-
friedigenden materiellen Vergleich
nicht gibt. Leider aber ist die
gegentheilige Meinung bei den
Bestellern und solchen, die auf
die Mitarbeit der Künstler an-
gewiesen sind, die landläufige

Aunst und Handwerk. <V?. Iahrg. Heft I.

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