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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Schumacher, Fritz: Hocheder's städtische Bauten in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0165

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2(6. 11 icgncr* und Ghorregcntcnhans in Giesing München). Architekt Karl l)ocheder.

ochcdcr^s städtische
(Kauten in München.

(Don Schumacher.

Es wird heute hu Kampf der Uleinungen so
viel über Architektur geschrieben, so viele neue For-
derungen werden begründet und Regeln vorgeführt,
rnan wohl meinen könnte, einen ganzen Pausen
sicherer Rezepte zu besitzen, nach denen sich nun jeder
Vernünftige billig richten müßte, — im praktischen
'icbeu aber, da erweist sich's doch immer wieder, daß
"nt abstrakten Forderungen gar wenig erreicht wird
"nd Recht behält unter allen Umstanden in der
Architektur nur das, was natürlich erscheint, mag's
"un unter dieser oder jener Etiquettc austreten. Wes-
balb etwas auf keinen Fall natürlich erscheinen kann,
das vermag man wohl mit einiger Genauigkeit an-
Zudeuten; man kann wohl sagen, daß das Anklam-
"rern und Weiterbilden an historischen Zufällig-
keiten vergangener Etilepochen unter allen Um-
ständen unnatürlich wirkt und kann in Folge dessen
das Betonen des eigentlichen organischen Grund-
Zedankens bei jedem Gebilde fordern, — man kann
‘"01)1 sagen, daß das Verpflanzen spezifisch nordischen
oder südländischen Formengeschmacks in unsere Breiten
öesucht wirken wird und kann ein Anpassen an die
Volkseigenart in Material und in Phantasie zur
Grundregel aufstellen, — man kann wohl sagen, daß
EM Auftreten des Eisens bei einem Gebäude, das

unseren ästhetischen Instinkt im Uebrigen auf das
statische Gefühl des Steinmaterials gestimmt hat,
stets unvermittelt und unnatürlich wirken wird und
kann einen Ausgleich in dem verschiedenen konstruk-
tiven Ausdruck verschiedener Materialien verlangen, —
kurz man kann ganz gut sagen, was jedenfalls un-
natürlich erscheinen muß, was aber in der Archi-
tektur dies selbstverständliche, wohlige Gefühl hervor-
ruft: „Ja, so muß es sein, dies ist natürlich!" —
das läßt sich meistens sehr schwer sagen und er-
klären. Und das ist gut, denn sonst wäre die Archi-
tektur keine Kunst.

Wo immer wir aber dieses Gefühl haben, da
können wir sicher sein, einem echten Künstler gegen-
über zu stehen. — Das Schaffen Pocheder's hat in
hohem Maße dieses überzeugend Selbstverständliche.
Ulan kann unter Fachgenossen auch beim Betrachten
architektonischer Leistungen, die sie voll anerkennen,
ziemlich sicher sein, trotz aller Bewunderung in erster
Linie zu hören: „Bas hätte ich aber doch anders
gemacht", „Mb dieser Giebel an der anderen Ecke
nicht noch besser aussehen würde" und was der-
gleichen mehr oder minder gerechtfertigte Vorschläge
alle sein mögen; bei Pocheder kommt man nur sehr
selten auf dieses beim Fachmann so nahe liegende
Abwägen anderer Möglichkeiten, man kann vielleicht
eine Pocheder'sche Schöpfung gar nicht leiden mögen,
aber der Gedanke, sie verändern zu wollen, bleibt
durchweg ferne; entweder so, oder gleich ganz anders.

Ich entsinne mich noch deutlich, daß ich in jener
ersten Studienzeit, wo der anspruchsvollen Phantasie

— H9 — ;

•Kunft und Handwerk. H7. Iahrg. Heft 5.
 
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