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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Rammelmeyer, O.: Spanische Thürklopfer aus Schmiedeeisen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0211

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Spanische Thürklopfer aus Schmiedeeisen.

Tßürßkopfer
aub Aeßrmedeeisen.
(Von O. Kammes
mexer.

Die Anforderungen an die Künstler aller Rich-
tungen steigern sich heutzutage iiumer mehr; wir sind
iu einem Wandlungsprozeß begriffen. Die Techniken
^er Alten sind größtentheils erreicht, oft überholt;
Menschenhand und Alaschine ergänzen sich zusehends,
^aben wir durch Erfindungen, durch Fortschritte in
jeglicher Branche unendlich viel an Zeit und Be-
quemlichkeit gewonnen, so muß der einigermaßen
poetisch gestimmte Mensch doch auch wieder Manches
entbehren, was jetzt der Vergangenheit angehört und
"cm den richtigen Alaterialisten kurzweg „ein über-
wundener Standpunkt" genannt wird.

Auch in mir wurden die Bilder einer guten alten
Geit wachgerufen, als ich auf meinen Reisen in Spa-
'Pen an den meisten Däusern noch den bei uns längst
"ußer Gebrauch gekommenen, höchstens noch als
Dierstücke, beziehungsweise Stilcharakteristika dienen-
den Thürklopfern begegnete, bsier schreckt einen noch
nicht der schrille kurze Klang der elektrischen Klingel;
"nt weniger nervösen Tönen, durch ein mehr oder-
weniger sanftes Klopfen meldet sich der Kommende
nn. And welche Meisterstücke fand ich! Arbeiten,
nus denen der einheitliche Geist des entwerfenden
"ne des ausführenden Künstlers herausleuchtete, fein-
Hunig des Kaufes Bestimmung, oder Geschlecht,
Eigenart wie Beruf der darin Wohnenden charak
^risirend.

Die technische Vollendung der spanischen Schnriede-
N'erke erweckt gairz besondere Freude. Wer Gelegcn-
^cht gehabt hat, die dortigen alten Kunsterzeugnisse
dieser Art zu studiren, besonders in Sevilla, Palenzia,
^alanranca, Burgos, Barcelona, Zaragoza, am meisten
ober in Toledo, der fragt sich, wie war es möglich,
k'efem Material Solches abzugewinnen.

Die spanischen Schmiedearbeiten sind gerade des-
halb so werthvoll und lehrreich, weil die Vielseitig-
^it der Technik: der Feuerarbeit, der kalten Arbeit
"nt Meißel und Hammer, mit Stöckel und punsen,
"ne des Ausstanzens oder Aushauens vor Augen ge-
t"^t und der echte Eisenstil damit zum Ausdruck
^bracht wird. Die Stücke aus mittelalterlicher Epoche
lnid an Auffassung und Gestaltung, Durchbildung
er Verhältnisse und Detailbehandlung denen der
^Naissancezeit nicht nachstehend. Es liegt dies
wuptsächlich wohl daran, weil dieser Schmiedekunst
Spanien jene der arabischen Kunst vorherging;

es war somit ein hohes verständniß für alles Schöne
auf die Erben des Halbmondes übergegangen, wir
können sogar noch in Nr. 289 deutlich die Spuren
der Modejar-Zeit fAebergangszeit der arabischen
zur katholischen Epoche) erkennen in der Form des
Füllungsornaments vom Auflageblech. Das eben
erwähnte Ornament im runden Auflageblech ist aus-
gehauene Arbeit wie die untere Endigung; unterlegt
find dieselben mit rothem Tuch, dessen Reste noch

277. Ttsiirklopfer aus Toledo; gez. von (D. Rammelmeyer.

fs/io der wirkl. Größe.)

vorhanden sind. Mächtig wirkt der massive Ring
mit dem einfachen, gediegenen, eingemeißelten halb
mondförmigen Muster, gleichsam noch an maurische
Lehrmeister erinnernd. Die Agraffe, die den großen
Ring hält, in der er sich dreht, ist nicht minder-
schön dem Ganzen angepaßt und technisch äußerst
wirkungsvoll ausgeführt. Der Glanz der vizekönige,
an deren Palast dieser Thürring angebracht, ist er-
loschen ; das Kunstwerk aber, unvergänglich in seiner-
selten schönen Art, gibt Aeugniß von Spaniens
einstiger Größe, auch auf diesem Gebiete.

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