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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Halm, Philipp Maria: Der "Augustiner" in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0060

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68. Kopfleiste von F. Staffen.

(Der „(Augustiner" in Muncben.
(Von Dr. (pß. (M. Hakm.

wei Begriffe sind es, ohne die das
Wesen unserer lieben Münchener
Stadt unmöglich richtig charak-
terisirt zu werden vermag, ja die
sozusagen im großen Ganzen der
Stadt ihr eigenstes Gepräge ver-
leihen. Ls ist schwer zu sagen,
welchein der beiden Faktoren man den Vorrang
einräumen soll, zumal dieselben einem vergleiche
widerstreben. Nur in einem Punkte berühren sie
sich: sie bilden beide für die Fremden gleich
'nächtige Anziehungspunkte und heißen die Aunst
und das Bier. Wie viele der Reisenden dem

einen oder dem andren dieser beiden Magnete
folgen, das läßt sich nicht feststellen, und schließlich
gehört dies auch nicht hieher. Daß aber die beiden
in ihrem Wesen so grundverschiedenen Faktoren aufs
Beste zusamnren zu wirken vernrögen, und daß den-
selben ein gut Theil des Pauptvorzuges unserer
Stabt, der Gemüthlichkeit, zuzuschreiben ist, das be-
weist die Ausgestaltung der meisten Bierlokale, die
uns nicht selten einen Abglanz Münchener Aunst-
und Aunstgewerbefleißes genießen und bewundern
lassen. Gottlob sind wir ja über die gute alte Zeit
hinaus, in der der Gast an Reinlichkeit oder Luxus
nicht allzuviel Anforderungen stellen durfte. Aller-
orten sehen wir hier, wie die Kunst es nicht unter
ihrer Würde hielt, sich in den Dienst des Bieres zu
stellen, und die besten Namen hören wir auf die
Anfragen nach den Schöpfern solch' lustiger Räume

nennen. Man mag mir hier einwerfen, daß auch
andere Städte nicht minder herrliche, ja höchst luxu-
riöse Bierpaläste aufzuweisen hätten. Das gebe ich
zu, denn zum Ruhme Münchens fei es gesagt, einen
wirklichen Bierpalast hat München auch nicht einen
aufzuweisen. Zweifellos trinkt sich doch dies ächt
bürgerliche Getränke besser im gemüthlichen Winkel
irgend eines uns häuslich und heimisch anmuthenden
Gastzimmers als in luxuriös mit Marmor und Gold
und mit ellenlangen Allegorieen ausgestatteten Prunk-
räumen sogenannter Bierpaläste. Die Behaglichkeit
darf nicht fehlen, wenn irgend der Biergenuß wirklich
erfreuen und befriedigen soll. Das ist das Paupt-
moment, welches bei der Schaffung solcher Trink-
räume als Norm zu gelten hat. Das Behagliche
aber resultirt aus den: Bequemen, dein praktischen,
in Verbindung mit einer heiteren, lustigen, sich nicht
aufdringlich erweisenden, freundlichen Dekoration des
Raumes, die uns beim erstmaligen Betreten des-
selben einschmeichelnd und traut, wie etwas Alt-
gewohntes umfängt. Das ist es, was solchen Räumen
den Stempel des guten, soliden Bürgerlichen auf-
prägt, das trotz eines gewissen Aufwandes doch nie
sich zu jenen Luxus- und Prachträumen versteigt, die
den breiten Schichten einer guten bürgerlichen Gesell-
schaft auf die Dauer nicht behagen können. Das ist
es, was im Allgemeinen unseren Bierhäusern und
Hallen und ihren Schöpfern nachgerühmt werden
muß, und das ist es auch, wonrit ein Lmanuel
Seidl, dessen Meisterschaft in der Schöpfung reiz-
voller Znnenräume schon längst unangetastet dasteht,
im „Augustiner" einen neuen entzückenden Beweis seines
Könnens und unserer Stadt — mag man mir den
banalen Ausdruck verzeihen — eine Sehenswürdig-

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Kunft und Handwerk. 49. Iahrg. Heft 2.

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