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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Mielke, Robert: Eine Ausstellung deutscher Volkskunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0077

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(Eilte Ausstellung deutscher Volkskunst.

86. Lederne Brieftasche; jetzt im kjamburger Museum für Kunst und Gewerbe, stammt von den
Friesischen Inseln. Zeichnung von Ls. Ls aase, Hamburg; 2/s der wirk!. Größe.

EmeAubskekbungdeuischer (VoNe-
ßrmsk. (Von Vo6. (MieEe.

m Schlüsse des in dieser Zeitschrift
enthaltenen Berichts über die letzte
Nürnberger Ausstellung *) hat der
Verfasser desselben dem Wunsche
Ausdruck gegeben, daß doch ein-
mal in Deutschland eilte Aus-
stellung deutscher Volkskunst stattfinden möge,
seitdem sind zwei Jahre verflossen, ohne daß sich
eine Bewegung bemerkbar gemacht hätte, diesen Ge-
danken in die That umzusetzen, obwohl das Interesse
für die Reste unserer heimischen Volkskunst in den
weitesten Kreisen derart zugenommen hat, daß eine
solche Ausstellung für unser deutsches Kunstleben
von wesentlicher Bedeutung werden könnte. <£s sei
daher dem Verfasser, der dieser Frage seit mehr deitn
einem Jahrzehnt seine Aufmerksamkeit zugewendet
hat, gestattet, dieselbe hier noch einmal in der poff-
nung zur Sprache zu bringen, daß seine Ausfüh-
rungen etwas zur Verwirklichung der Idee beitragen
mögen.

Bei dem Zurückweichen aller hier und dort noch
ausgeübten volksthümlichen Kunsttechnik vor der un-
aufhaltsam vordringenden Industrie- und Massen-
kunst kann der Freund eitler nationaleit Kunstbethäti-
gung nur mit Bedauert: beobachten, wie mit den:

*) Zeitschr. d. bayer. Aunstgew.-Vereins. ;8g6. S. 8H.

Versinken dieser letzten Erinnerungen einer volklichen,
gemüthvollen lhauskunst auch das thätige Interesse
der großen Menge für die Kunst überhaupt abnimmt.
Und nicht dies allein! Mas an seine Stelle tritt, ist
nicht in: Stande gewesen, ein inniges Verhältniß
zwischen Kunstwerk und Besitzer herzustellen; vielmehr
ist der Kunstgegenstand zu einem Gegenstand rein mate-
riellen Werthes geworden, der einen Einfluß auf den
Einzelnen wie auf die Gefammtheit nicht ausüben kann.
Selbst da, wo er sich durch reichere Mittel gewisse persön -
liche Einwirkungen von Seiten des Bestellers gefallen
lassen muß, sind diese mehr auf das prunkhafte und
Originelle — originell im Sinne einer befremdenden
Seltsamkeit — als auf wirkliche Antheilnahme ge-
richtet. Uitd mustern wir einmal unsere kunstgewerb-
lichen Gegenstände nach der Möglichkeit ihrer Ver-
käuflichkeit, so erkennen wir sofort, daß dieses Kunst-
gewerbe sich nur an Verinögende richtet, nur für
die Bedürfnisse eines Standes hergerichtet ist, der für
seilte Liebhabereien jährlich einige Hundert Mark
opfern kann, die für den Etat einer Familie aus
dem Mittelstände oder den arbeitenden Klassen schon
einen erheblichen Theil der Iahreseinnahme aus-
machen. Für jene haben wir allenfalls ein Kunst-
gewerbe; für die anderen sorgt die Industrie. Was
dabei herauskommen muß, läßt sich an dem Un-
behagen erkennen, mit der das Kunstgewerbe auf die
Kunstindustrie — um dieses widerspruchsvolle Wort
beizubehalten —■ herabsieht. Man ahnt, daß die
Mission der Kleinkunst, die wir so gern als die
Trägerin des Kunstgedankens in die unteren Kreise

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