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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Lueer, Hermann: Zur Klärung des Stilbegriffes
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Südamerikanische Spitzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0157

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Südamerikanische Spitzen.

(92. Südamerikanisches Spitzentaschentuch (zu Abb. (9<().

Gründe dieses unmöglich machen. Jede stilgemäße
Ornamentbildnng ist gut für ihre Zeit, solange sie
gefällt, dann aber soll unmerklich etwas Neuartiges
an ihre Stelle treten, das heißt aber: Ornamente
müssen entwicklungsfähig fein.

Zwei Punkte können jedoch eine Entwicklungs-
fähigkeit der Ornamente einschränken oder ganz be-
hindern.

Der eine ist Umbildung im naturwidrigen
Sinne, der andere beruht auf dem Dogma der
„Stileinheit" in den: früher besprochenen falscheit
Sinne.

Die Umbildung im naturwidrigen Sinne führte
beispielsweise das antike Ornament in den mauresken
Schmuckbildungen zu einein Abschlüsse. Erst in der
Renaissance gewannen diese formen durch Vermischung
mit naturalisirenden neue Lebenskraft. Das inne-
wohnende naturwidrige Element führte aber auch
die neugebildeten Unschformen zu einem Ende iin
Rococo. Sucht man dafür nach einer Erklärung,
so wird es die sein, daß Ornamente, deren Formen
nicht an irgend welche Naturmotive erinnern, nur
geometrischen Formen gleich als abstrakt anzusehen
sind. Abstrakte Formen können aber nur, veränderten
Geschmacksrichtungen folgend, in willkürlicher Weise
weiter uingebildet werden. Die Naturwidrigkeit muß
mit jeder Nachbildung gesteigert werden, man darf
sagen, die Fehlerhaftigkeit der Formen häuft sich, bis
eine Weiterbildung nicht mehr möglich ist.

Das Dogma der „Stileinheit" verhinderte in
unserem Jahrhundert eine dieser Zeit angepaßte

Weiterentwicklung der zu neuem Leben erweckten
Ornamentformen früherer Perioden.

Die Elassicisten sowohl wie die Gothiker und
Renaissancistcn erblickten in den Formensprachen der
von ihnen am höchsten gepriesenen Aunstabschnitte
an sich schöne und deshalb unveränderliche Aus-
drucksweisen. Sie stellten die ihnen als die besten
erscheinenden Ornamentbildungen als nach Regeln
geschaffen dar, die für unantastbar galten. Damit
war das Ende jedesmal besiegelt.

Es wäre thöricht, zu fordern, daß Formen
früherer Aunstperioden für uns jetzt abgethan sein
sollen und Absolut-Neues erfunden werden müßte.
Die Ueberlieferung wollen und sollen wir nicht
verleugnen. Die Schönheiten früherer Ornament-
schöpfungen darf auch der „modernste" Aünstler nicht
nur anerkennen, sondern auch sich zu Nutze machen.
Es wird aber stets in dem Sinne geschehen müssen,
daß Ornamentformen nicht als antik, romanisch,
gothisch u. s. w. anzusehen sind, sondern als Fornren
schlechthin. Die Ornamente aller Zeiten und Völker
dürfen im künstlerischen Sinne nur Gebilde sein, die
durch Linien und Flächen, durch Farben, Schatten
und Licht Wohlgefallen erwecken.

Ist der Standpunkt erreicht und allgemein an-
erkannt, so ist einer nothwendigen ruhigen Entwicklung
der Weg gebahnt. Eine zeitgemäße Aunst wollen
wir haben, nicht eine antike, gothische oder Renaissance-
kunst. Um wieder zu einer unserer Zeit entsprechen-
den Einheitlichkeit im Kunstschaffen zu gelangen,
müssen wir zurückblicken auf frühere Jahrhunderte,
den Geist ihrer Unbefangenheit uns zu eigen machen,
in: Streben nach innerer Wahrheit ihnen nacheifern,
nicht aber ihre mißverstandene Gesetzmäßigkeit und
in Regeln gezwängte Einheit äußerlich nachbilden
wollen.

193. von 21. !veisgerber.

KüdameriKamsche Kpihen.

n der Abtheilung für „Kunsthandwerk"
in der letzten Glaspalastausstellung
hatte Konsul Körte (Ulünchen) Spitzen
ausgestellt, welche die allgemeine Auf-
merksamkeit auf sich lenkten. Schon
deren Aufnahme in jener Kunstausstellung beweist,
daß dieselben, auch vom künstlerischen Standpunkte
 
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