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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "deutschen Kunstausstellung" zu Dresden , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0306

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^2 Kopfleiste von paul Bürck, München.

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„(Deutschen AunstauösteEunH" zu
(Dresden. Mon Or. S. Innnrerr
mann.

kann nicht sagen, daß der moder-
:n kunstgewerblichen Bewegung
is junge Leben sauer gemacht
ird. Weder in dein stets so
merungsfeindlichen Publikum,
ich in der stets so kritiksüchtigen
Presse hat sie ernstliche Feinde gefunden. Zeit zwei
Jahren bemüht sich jede größere und nicht einseitig
geleitete Kunstausstellung, ihr ihre Pforten zu öffnen.
Kleinere Städte, wie Krefeld und Darmstadt, ahmen
das Beispiel der großen nach. Nur Berlin, die
Reichshauptstadt, versagt wie immer — der dies
jährige Versuch kann nicht mitzählen —, leider auch
Hamburg trotz seiner tüchtigen Kunstleitung. Ueberall
aber ist ihr der große Kampf, den die hohe Kunst
in sich ablösender Folge in allen Kulturländern, in
allen Kulturstätten zu führen gehabt hat, erspart ge-
blieben. Freie Bahn hieß ihre Losung von Anfang
an, und freie Bahn hat sie eigentlich auch überall
gefunden. So hat sie sich in voller Freiheit, durch
nichts bedrängt und gehemmt, als durch die finanzielle
Seite der Sache, auf diesem Gebiete freilich mit die
wichtigste, in den zwei letzten Jahren entwickeln
können, um die es sich hierbei für Deutschland bisher
exst handelt.

Der Gründe für diese von aller bisherigen Er-
fahrung sich loslösende Erscheinung sind mehrere.
Die Bewegung ist einmal dem weiteren Publikum

noch wenig bekannt. Nur wer in den letzten Jahren
süddeutsche Kunstausstellungen sehen durfte, war in
der Lage, sich von ihr eine niehr als gedruckte Kennt-
niß zu erwerben. Dann aber liegt es in der Natur
dieser Bewegung selber. Durch nichts begreift der
logisch gedrillte Mensch des l st. Jahrhunderts schneller
als durch den Verstand, und jene logischen Forderungen
des modernen Kunstgewerbes von konstruktiver Wahr-
heit und Bedürfnißfolgerichtigkeit sind daher Dinge,
die jedem, auch dem ästhetisch Rohesten, eingehen
müssen. Hierüber läßt sich reden, schreiben, für die
Propaganda ein großer Gewinn. Dem Verständniß
des inkommensurablen Künstlerischen aber hat denn
doch die moderne hohe Kunst in ihrem nun schon
über ein Jahrzehnt hinausgehenden Wirken auf's
kräftigste vorgearbeitet. Durch ihren Kolorismus hat
sich der Farbensinn, durch ihren Realismus der Sinn
für das Charakteristische in der Form erhöht. Man
steht mithin in der kunstgewerblichen Bewegung nicht
vor einem gänzlich Neuen. Dann aber greift diese
ganze Bewegung auch nicht einem jeden gleich ganz
an Herz und Nieren. Keiner hat sich an seinem
alten Hausrath so lieb gesehen, als an den alten
Bildern, die vielen wahre Freunde geworden sind.
Dazu steckte doch in diesen Erzeugnissen zu wenig ein
persönliches Element, zeigten sie zu geringe Solidität,
als daß irgend jemand zu ihnen in ein persönliches
Verhältniß hätte treten können. Auch der beständige
Wechsel der Stilarten, die Mode, half mit. Eine
Ausnahme — aus anderen Gründen — machte nur
das Erbstück, dem aber als Ersatz für die ihnen
gegenüber fehlende Kritik eben in jener Mode der
grimnngste Feind erwuchs.

Ob nun die junge Kunst von dieser Gunst der
Lage auch den vollen Gebrauch gemacht hat, ob sie

Nunst und Handwerk. V). Zahrg. Heft ff.

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