Anspruchslose Grabmäler.
(43 u. (44. Grobkreiize.
Aus Gttenhöfeu Aus Mehlen
(Bad. Schwarzwald). (sächs. Schweiz).
Wenn es sich bisher darum handelte, zu irgend
einem praktischen Bedürfniß eine Kunstform zu finden,
so suchte der Architekt das Vorbild meist bei den
Klassikern der bildenden Kunst: bei den Griechen und
Römern, oder den von ihnen beeinflußten Italienern.
Auch für Grabmalzwecke ist das vielfach geschehen
und wenn auch das Kreuz selbst den heidnischen
Lehrmeistern fremd oder höchstens ein Spott war,
wurde doch sein Unterbau, Hintergrund und seine
Detailbildung mit fMlfe antiker Formen und Glieder
bereichert. Auch die Renaissance hat auf diesem Ge-
biet sehr vieles geschaffen, was als vorbildlich be-
zeichnet werden darf, nur sind das ineist große Pracht-
anlagen oder einzelne kostbare Kunstwerke, an deren
Nachahmung nur in seltenen, außergewöhnlichen
Fällen gedacht werden kann. <£s liegt hier ein ähn-
liches Verhältnis vor, wie hinsichtlich des Häuserbaus,
wenn es sich unr die Errichtung eines einfachen, an-
muthenden Familienheims handelt. In einein solchen
Falle wählen unsere auf eigenen Füßen stehenden
Architekten auch nicht inehr den strengen, akademischen
Grundriß oder die klassische Fassade, sondern sie
nehmen die Bauwerke zum Wüster, die unsere Alt
vordern aus deutschem Geiste herausgeschaffeii haben
und in denen das deutsche Empfinden noch heute
Freude und Genüge findet. So wie hier die Rück-
kehr zur wurzelechten Einfachheit und Gemüthstiefe
namentlich durch ländliche Vorbilder begünstigt wurde,
so verinögen auch unsere Friedhöfe auf dem Dorfe
und bei kleinen Städten uns manchen geistesverwandten
Zug, manchen sympathischen Gedanken zu liefern,
wenn es sich darum handelt, ein schlichtes und doch
zum Herzen sprechendes Erinnerungszeichen auf das
Grab zu pflanzen.
Vielleicht wird man uns einhalten, daß diese
alten, ländlichen Grabinäler zumeist aus Holz be-
stehen und somit nur geringe Dauer versprechen.
(45 u. (46. Grabkreuze.
Aus Mehlen (sächs. Schweiz). Aus Unkersdorf (bei Meißen).
Dem läßt sich aber erwidern, daß auch in Stein ein-
fache Ausführungen möglich sind, und daß die Holz-
kreuze unserer Vorfahren vielfach länger ausgehalten
haben, als die Umtriebszeit unserer Friedhöfe zu
dauern pflegt. Die Ruhezeit eines Kindergrabes
dauert ineist nur (0 Jahre, die einer erwachsenen
Person wohl nirgends länger als 20 Jahre; die
Dorffriedhöfe enthalten aber noch zahlreiche Holz-
kreuze aus dein Anfang unseres Jahrhunderts, außer-
dem gibt es jetzt mancherlei Wittel, das Holz witte-
rungsbeständiger zu machen, auch eine Armirung des
in den Boden eingegrabenen Theils mittels Eisen
ließe sich wohl anbringen. Wie unsere raschlebige
Zeit auch hinsichtlich des Totenkultus sich an den
Wechsel gewöhnt, wird inan zuweilen in sehr wider-
wärtiger Weise inne, wenn man nämlich Grabplatten
sieht, die zuin zweiten Wale verwendet worden siiid
und auf der Rückseite noch die, etwa auf den Kopf
gestellte, Inschrift ihrer erstmaligen Verwendung
84
(43 u. (44. Grobkreiize.
Aus Gttenhöfeu Aus Mehlen
(Bad. Schwarzwald). (sächs. Schweiz).
Wenn es sich bisher darum handelte, zu irgend
einem praktischen Bedürfniß eine Kunstform zu finden,
so suchte der Architekt das Vorbild meist bei den
Klassikern der bildenden Kunst: bei den Griechen und
Römern, oder den von ihnen beeinflußten Italienern.
Auch für Grabmalzwecke ist das vielfach geschehen
und wenn auch das Kreuz selbst den heidnischen
Lehrmeistern fremd oder höchstens ein Spott war,
wurde doch sein Unterbau, Hintergrund und seine
Detailbildung mit fMlfe antiker Formen und Glieder
bereichert. Auch die Renaissance hat auf diesem Ge-
biet sehr vieles geschaffen, was als vorbildlich be-
zeichnet werden darf, nur sind das ineist große Pracht-
anlagen oder einzelne kostbare Kunstwerke, an deren
Nachahmung nur in seltenen, außergewöhnlichen
Fällen gedacht werden kann. <£s liegt hier ein ähn-
liches Verhältnis vor, wie hinsichtlich des Häuserbaus,
wenn es sich unr die Errichtung eines einfachen, an-
muthenden Familienheims handelt. In einein solchen
Falle wählen unsere auf eigenen Füßen stehenden
Architekten auch nicht inehr den strengen, akademischen
Grundriß oder die klassische Fassade, sondern sie
nehmen die Bauwerke zum Wüster, die unsere Alt
vordern aus deutschem Geiste herausgeschaffeii haben
und in denen das deutsche Empfinden noch heute
Freude und Genüge findet. So wie hier die Rück-
kehr zur wurzelechten Einfachheit und Gemüthstiefe
namentlich durch ländliche Vorbilder begünstigt wurde,
so verinögen auch unsere Friedhöfe auf dem Dorfe
und bei kleinen Städten uns manchen geistesverwandten
Zug, manchen sympathischen Gedanken zu liefern,
wenn es sich darum handelt, ein schlichtes und doch
zum Herzen sprechendes Erinnerungszeichen auf das
Grab zu pflanzen.
Vielleicht wird man uns einhalten, daß diese
alten, ländlichen Grabinäler zumeist aus Holz be-
stehen und somit nur geringe Dauer versprechen.
(45 u. (46. Grabkreuze.
Aus Mehlen (sächs. Schweiz). Aus Unkersdorf (bei Meißen).
Dem läßt sich aber erwidern, daß auch in Stein ein-
fache Ausführungen möglich sind, und daß die Holz-
kreuze unserer Vorfahren vielfach länger ausgehalten
haben, als die Umtriebszeit unserer Friedhöfe zu
dauern pflegt. Die Ruhezeit eines Kindergrabes
dauert ineist nur (0 Jahre, die einer erwachsenen
Person wohl nirgends länger als 20 Jahre; die
Dorffriedhöfe enthalten aber noch zahlreiche Holz-
kreuze aus dein Anfang unseres Jahrhunderts, außer-
dem gibt es jetzt mancherlei Wittel, das Holz witte-
rungsbeständiger zu machen, auch eine Armirung des
in den Boden eingegrabenen Theils mittels Eisen
ließe sich wohl anbringen. Wie unsere raschlebige
Zeit auch hinsichtlich des Totenkultus sich an den
Wechsel gewöhnt, wird inan zuweilen in sehr wider-
wärtiger Weise inne, wenn man nämlich Grabplatten
sieht, die zuin zweiten Wale verwendet worden siiid
und auf der Rückseite noch die, etwa auf den Kopf
gestellte, Inschrift ihrer erstmaligen Verwendung
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