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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900

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Schorß, Max: Eine Aufgabe der Akademie für graphische Künste zu Leipzig
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Schulze-Köln, Otto: Wurzel-Fragmente
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https://doi.org/10.11588/diglit.7134#0324
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Wurzel-Fragmente.

H76 —H87.

(Z. Th. auf s. 303.)
wurzelbildungeu.
Gez. von F Frhr.
v. Löffelholz.

erregte, und die Polemiken, die er hervorgerufen hat,
trotzdem das Gesagte in die schonendste Form ge-
kleidet war, und Niemand persönlich getroffen wurde,
können als Beweis dafür gelten, daß die personal-
frage in diesen Areisen mittlerweile eine brennende
geworden ist, zumal die rapiden Fortschritte unserer
Reproduktionstechniken täglich immer größere An-
forderungen an die Intelligenz und die Geschicklich-
keit jedes Einzelnen stellen.

Max Schorß.

Studien von Freiherrn v. Löffelholtz (f).

n den hier abgebildeten Studienblättern
aus dem Nachlasse des verstorbenen
Nialers Prof. Freiherrn v. Löffelholtz
bietet sich uns ein so eigenartiges Ma-
terial phantastischer Forinengestaltung,
daß es wohl Anspruch auf ein allgemeines Interesse
erheben darf. Es handelt sich um eine freie zeich-
nerische Wiedergabe von Fragmenten lebendig be-
wegter Wurzelbildungen, die von dem geistigen Auge
des Aünstlers offenbar so gesehen sind, ohne die
Phantasie übermäßig in Anspruch zu nehmen. Durch-
weg sind es Theile von zu Tage getretenen Wurzel-
knorren, an denen der Witterungswechsel mit scharfem,
nagendem Zahn eine Perausschälung von Einzel-
heiten bewirkte, bedeutend erleichtert durch das Fehlen
der Säfteströmung in den dem Verfall preisgege-
benen Baumstümpfen und -Resten.

Der Pochwald ist nicht arm an solchen Bil-
dungen; besonders häufig sind sie an Berghängen,
Bergbächen und an jenen stellen, wo Unterwaschungen
und Felsgeröll ein leichtes Spiel hatten, das Erdreich
von den Wurzelarmen zu lösen. Schnee, Lonne,

Sturm, Geröll, Thiere haben dann die Lösung der
Rinden, die Vernichtung ganzer Theile und die Bloß-
legung der nicht zum Auswuchs gelangten Wurzel-
augen und Abzweigungen bewirkt. Das ist eine
kurze Umschreibung des Werdens dieser uns hier
gebotenen eigenartigen und unsere Phantasie offenbar
reizenden Formenelemente. Gleichgültig ist es, was
der Einzelne darin zu erblicken glaubt, wennschon
die Deutungen nicht allzuweit auseinandergehen
dürften; überraschend dagegen, daß es sich hier
durchweg um thierische Aopf- bezw. Schädelformen
handelt, an denen Einzelheiten ganz wunderbare
anatomische Grundzüge aufweisen.

Unseren: Leserkreis gegenüber eine eingehende
Beschreibung der für sich selbst so unzweideutig
sprechenden Fragmente zu geben, halte ich für über-
ffüssig, eine besondere Einpfänglichkeit für derartige
Spielforinen nicht für nothwendig. Viel wichtiger
scheint mir die Frage, ob es angängig ist, derartige
Zufälligkeiten in der Aunst zu verwerten — auf
Widerspruch und Ablehnung werde ich kaum stoßen.
Zu allen Zeiten haben sich die Künstler von solchen
Anregungen inspiriren lassen. Rafael, Dürer, Kilian,
pabermann, Tuvillies, Toro, Schwind, Unger,
Burger und viele andere haben uns zahllose Belege
Übermacht, und jeder Laie, dem die Phantasie in
glücklichen Stunden, in Anwandlung von Schwäche
oder Schreck naht, wird enipfunden haben, welche
Geisterwelt ihn: Wolken, Flainmen, Rauch, Fels-
massen, Strauchwerk, Schatten, Sandbänke, Nebel,
Wattfluthen, ja — auch zerbröckelnde putzwände vor-
zuzaubern vermögen.

Was das „innere" Auge alles zu schauen ver-
mag, ist noch kaum hinreichend sestgelegt worden;
Visionen wunderbarster und wunderlichster Art haben
Einfältige und pysteriker genarrt und die Menge
hypnotisirt — jene, welche die Muse küßte, haben der

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