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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Nicolai, M. A.: Des Kunsthandwerks junge Mannschaft, [5]
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Gruner, O.: Der Einzelne und seine Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0225

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Der Einzelne und seine Kunst.

Heft sind es überwiegend Entwürfe flächenhafter Natur,
die ■— mit Ausnahme einiger noch aus früherer
Zeit stammenden Griefe, Abb. 320—327 — durchaus
im Sinne der neuzeitlichen Strömung gehalten sind x).
Nicolai, f876 auf einem niederbayerischen Dorfe
geboren, erfuhr — nach einjähriger Vorbereitung
auf der städtischen Zeichenschule in München seine
Ausbildung zum kunstgewerblichen Zeichner durch
einen vierjährigen Besuch der Münchener Aunst
gewerbeschule (\891 —1895); darauf folgte ein drei-
jähriges Studium auf der Kunstakademie (Naturklasse
Gysis), wobei Arbeiten für kunstgewerbliche Geschäfte
nebenher liefen, die das tägliche Brot lieferten. Mit
jedem einzelnen seiner Entwürfe beweist Nicolai, daß
ihn die sogenannte „alte Schule" nicht im geringsten
gehindert hat, den künstlerischen Forderungen und
Neigungen der Gegenwart zu folgen; am deut
lichsten geht das wohl aus der Thatfache hervor,
daß er feit einem Zahr in einem Baubureau be-
schäftigt ist, dessen Leiter zu den entschiedensten Ver-
tretern einer neuzeitigen Baukunst zählen: Schilling
& Graebner in Dresden.

Der auf S. 20H dargestellte Hauseingang weist
am meisten auf den Zufammenhang hin, in welchem
der Entwerfer zu den genannten Dresdener Architekten
steht, namentlich hinsichtlich der wuchtigen Derbheit
der formen, die dem Steinmaterial so trefflich ansteht.
Ein ähnlicher Zug urwüchsigen Empfindens für die
Verteilung der Massen geht auch durch die zahl-
reichen Druckverzierungen, die auf den folgenden
Seiten eingestreut sind, während die Schmuckentwürfe
zeigen, daß ihr Verfertiger gegebenenfalls auch mit
zierlichen, eleganten formen umzugehen weiß.

Zn der Richtung farbiger dekorativer Arbeiten
hat Nicolai sich erst in den letzten Zähren versucht;
mit wieviel Glück, das beweisen seine Entwürfe zu
Wandbehängen und Teppichen, die dem weichen,
warmen Materialcharakter der Wolle in vollkommener

9 Vgl. auch die Einbanddecken im Iahrg. ;8I8, S. 35s
und 337, sowie die Tischdecke im Iahrg. \yoo, Tafel 5.

3^0 u. 34p Entwurf von M. A. Nicolai, Dresden.

Weise Rechnung tragen. Auf die Vielseitigkeit und
Anpassungsfähigkeit Nicolais an jede Aufgabe darf
man wohl die Hoffnung gründen, daß dem Aunst-
handwerk auch von dieser jungen Araft noch viel
Gutes beschert werde.

kDer Smzekne und seine (KunfL1)

er Verfasser des vor vier Zähren erschie-
nenen Buches „Volkskunst" geht hier-
von der Voraussetzung aus, daß es ihm
dort gelungen sei, den Nachweis zu er-
bringen, daß es eine Volkskunst in der
That gegeben hat, und wer nicht bloß sein Buch
ohne Voreingenommenheit gelesen, sondern sich auch
selbst mit offenen Augen und warmem Herzen in
unserm Lande danach umgesehen hat, der wird diese
Voraussetzung als richtig gelten lassen. Daß uns
nur zu lange Zeit der Blick dafür fehlte, hat nicht
bloß zu dem fast gänzlichen Erlöschen des ange-
borenen künstlerischen Lebens und Ausübens in den
breiten Volksmassen geführt, sondern hat überhaupt
eine Entfremdung für das eigentliche Wesen der
Aunst zur Folge gehabt, so daß mit dem Worte
Ärmst sich allnrählich ein Begriff verbunden hat, der
sich nrit der ursprünglichen Bedeutung bei weitem
nicht deckt und der die Sache selbst jenen breiten
Schichten unerreichbar erscheinen läßt. Mielke be-
handelt deshalb in seinem Buche zunächst das Wer-
den und Wesen der Ärmst und bezeichnet es als „das
Zanusgesicht der Aunst", wenn bis irr die Anfangs-
jahrzehnte des fß. Zahrhunderts die durch das Hand-
werk gepflegte alte Volkskunst einerseits und die mehr-
in den Manufakturbetrieb geleitete höfische Residenz-
kunst anderseits friedlich-schiedlich nebeneinander aus
derselben Quelle genährt wurden. Das zweite Aapitel
bespricht den „Einfluß wirtschaftlicher Betriebsformen
auf die Aunst" und wirft zu dem Zwecke Rückblicke
auf die soziale Stellung und wirtschaftliche Ergiebig-
keit der künstlerisch wirkenden Areise von den ältesten
Zeiten an. Der dritte, „Aunst und Zndustrie" betitelte
Abschnitt geht auf die Verwirrung näher ein, in die
uns die Zndustrie nrit ihrer Scheiirkunst gebracht hat,
und gibt zu, daß dieser, der Zndustrie, der Ruhm
gebührt, namentlich Gegenstände der Bequemlich

9 Beiträge zu einer Gkonomie der Kunst von Robert
Mielke. Leipzig und Berlin. Georg Heinrich Meyer. Heimat-
vertag. ;goo.

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