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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Bredt, Ernst Wilhelm: Architektonische Zeitbetrachtungen: ein Umblick an der Jahrhundertwende
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Kerschensteiner, Georg: Gewerbliche Erziehung: Festvortrag, gehalten zum 50jährigen Jubiläum des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0289

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Architektonische Zeitbetrachtungen.

4.53. Tapete (Grund grün, Zeichnung grün und gold); Entwurf von Tiara Möller,
Toburg. — Schule Dasio, München. (Ungefähr der wirkt. Gr.)

neueren Gebäude geben ihrem Zwecke klaren Aus-
druck, aber auch sie liefern den Beweis, daß es nicht
auf den Schmuck, sondern auf das Gefüge ankomint.

Möge nur die Rede Hermann Muthesius' von
allen der Run st Nahestehenden recht beherzigt werden.
Wir können dann getrost in eine wirklich schöne und
große Zukunft unserer Aunft uild unseres Lebens
blicken! E. W. B.

(Beroerßftcße (Bt^ieljung.

Lestvortrag, gehalten zum so jährigen Jubi-
läum des Bayerischen Kunstgewerbevereins
von llr. Georg Kerschensteiner.

S ist ein Zeichen des Ernstes un-
serer .Zeit, daß an diesen: Jubel-
feste eine Frage zur Erörterung
kommen soll, die Frage der ge-
werblichen Erziehung, deren ernste
Bedeutung der Staatsmann wie
der Bürger, der Gewerbetreibende wie der Industrielle,
fa man kann sagen alle Vaterlandsfreunde fühlen.
Als der Festausschuß all mich mit dein Ersuchen
herantrat, an: heutigen Tage über diese Frage zu
sprechen, da sagte ich keineswegs leichten Herzens zu.
Denn gerade die eingehenden Studien der ganzen

Angelegenheit auf meinen
Reisen in Deutschland und
seinen Nachbarstaaten haben
mich zu der Überzeugung
gebracht, daß keine Erzieh-
ungsfrage schwieriger ist, als
diese, daß aber andernteils
keine wichtiger ist als sie,
weil eine einsichtsvolle Lösung
derselben zugleich auch die
Lösung der Frage der Er-
ziehung überhaupt für die
Massen bedeutet. Die Schwie-
rigkeit der Frage hat schon
der berühmte Organisator des
österreichischen gewerblichen
Erziehungswesens, Baron
v. Dumreicher, in seiner Denk-
schrift „Uber die Aufgaben
der Unterrichtspolitik im In-
dustriestaate Österreich" treff-
lich gekennzeichnet, indenr er
sagt: „Niemals sind die Staats-
männer den Aufgaben der
Unterrichtspolitik mit geringerer Sicherheit des Urteils
gegenübergestanden als heute. Sie haben fast durchwegs
nnt dem Bedürfnis großer Massen zu rechnen, und Be-
dürfnisse wie Massen kennen keinen Entwickelungsstill
stand; jene vermannigfachen und verändern sich rascher
als jemals, diese fluktuieren so ungehemmt ineinander
wie noch nie. Denn die Demokratisierung der Ge-
sellschaft, die freie Berufswahl, die Zugänglichkeit
der Bildungsmittel, die Entfaltung aller Zweige des
öffentlichen Dienstes, die Umwälzung in: Verkehrs
wesen, die Wandlungen der industriellen Produktion
haben eine unberechenbare Bevölkerungsbewegung
in: Gefolge, wie frühere Zeiten mit ihren festen
socialen und beruflichen Gliederungen sie nicht ahnen
konnten. Rann es da wohl den: Staatspädagogen
gerade auf den: erscheinungsreichsten Gebiet der
ganzen Unterrichtspolitik: auf dem Gebiete des ge-
werblichen Bildungswesens gelingen, die allgemeinen
wie örtlichen Verhältnisse stets zu überschauen und
jede Wirkung seiner Maßnahmen vorherzusehen?

Die Wirkung unserer schulischen Maßnahmen
erscheint noch unabsehbarer, wenn wir uns bewußt
werden, daß rein schulische Erziehungseinrichtungen
zwar eine notwendige aber nicht hinreichende Grund-
lage der gewerblichen Erziehung bilden, daß viel-
:nehr die Lösung dieser Frage abhängig erscheint
nicht nur von der Lösung aller anderen Erziehungs-
fragen, sondern vor allen: auch von der Lösung
einer Reihe rein socialer und wirtschaftlicher Fragen.
 
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