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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Bredt, Ernst Wilhelm: Richard Riemerschmids Schauspielhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0306

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459- Zierleiste von Robert Arnold, München.

Mchard Memerschmide
Achauspiekßaub.

Limplex sigillum veri.

S ist eine Lust zu leben in unserer
Zeit, jedenfalls hat es feit mehr
als vier Jahrhunderten keine so
schaffenssrische Zeit gegeben, wie
sie jeder Aunstfreund jetzt beob
achten kann. Um ein ähnliches
Neuentdeckenwollen, Neuerfassenwollen der Natur
und ihrer Gesetze zu finden, wie es heute besonders
in Nlünchen eine ganze Reihe voll Künstlern wie
Richard Riemerschmid erfüllt, müßte man auf
die künstlerischen Regungen zurückgehen, die in
Deutschland etwa von der Witte des Jahr-
hunderts ab mit ungeahnter Schnelligkeit sich Geltung
verschafften.

Jedoch Parallelen giebt es in der Geschichte
nicht - überdies ist hier nicht der Ort zu historischen
Exkursen. Aber nur an Eines mag hier erinnert
werden.

Daiuals war alles voll Symbolen, von Typen
der Außenwelt erfüllt, die durch jahrhundertelangen
Gebrauch als ununlstößlich galteil. Bis heute be-
herrschten uns aber formen verschiedener künstle-
rischer Epochen so sehr, wir haben sie endlich sogar
so zu beherrschen gelernt, daß die Zufriedenen kein
Bedürfilis fühlen, vorwärts zu schauen. Nur unzu-
friedene aber fördernde Geister schauen sich um nach
Erweiterung, nach Erneuerung.

Dainals hatte der Baum und der Berg, die
Erde und der fjimmel, ja sogar Leib und Seele ein
prägnant formuliertes äußeres Bild, das immer noch
der Stümper einigermaßeil zu stenographieren wußte.
Während läilgst alles zu sehen verlernt hatte, koiliite
ein jeder in jenen Bilderbibeln- uild -Fibeln, die

mehr noch als in Handschriften an den Wänden
Verbreitung fanden, geläufiger lesen als heute die
meisten ein Stenograninl. Als dann aber auf einmal
Anderssehende anfingen den Berg nicht wie einen
Zuckerhut, die Wolken und Wellen nicht wie ein
regelmäßig gelegtes Band zu zeichnen, als nun
das Fernere kleiiler und wohl gar luftiger als das
Nähere dargestellt wurde, da mögen nlanche das
Lesen, jedenfalls die Lust am Bilderleseil, Bilderseheil
verlernt haben. Gewiß hätten auch noch länger
die altgeheiligten Symbole der Bildersprache genügt,
wie uns heute ja auch unsere Buchdrucktypen und

460. Münchener Schauspielhaus — Rich. Riemerschmid. —
Eingangs-Korridor.

Run st und Handwerk. 5P Iahrg. Heft ^0.

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