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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Halm, Philipp Maria: Dilettantismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0045

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(Diketkantrsmus.

(Von Dr. (PH. M. Hakm.

ie Alage über den tiefen Aland des
Volksgeschmackes ist keine neue,
kleines Wissens hat Gottfried
Asm per in seiner Broschüre
„Wissenschaft, Industrie und
Aunst", welche zwar schon gelegent-
lich der Londoner Weltausstellung von \85i( erschien,
die aber noch keineswegs veraltet ist, sondern auch
für unsere Zeit noch viele goldene, sehr beherzigens-
werte Worte enthält, als Erster den Finger auf diese
Wunde gedrückt. Den ungünstigen Stand der Aünste
zu jener Zeit schrieb er damals neben einem anderen
Umstand namentlich „dem unveräußerlichen Recht der
Entscheidung zu, welches dem einzelnen und den: kollek-
tiven Menschen auch in Geschmacksachen über das-
jenige zukommt, was er sich bestellt und kauft". „Für
die Hebung des Volksgeschmackes," sagte er, „muß
gewirkt werden, oder vielmehr das Volk muß selbst
dafür wirken. Besser, es treibt noch eine Zeit lang
Unsinn, als daß es sich einen Geschniack vorschreiben
läßt." Fünfzig Zehre flössen seitdem dahin, und
jenes Land, dem Semper vor allen: diese Worte zu-
gedachte, England, wurde Führer und Lehrer in den
dein Volke zunächst stehenden, den dekorativen
Aünsten. Für uns Deutsche verhallten ja auch
keineswegs Sempers Worte, die die Hebung der
Aünste anstrebten, aber die Hebung des Volks-
geschmackes blieb weit hinter den: erstrebenswerten
Ziele zurück. Zmmer lauter wurden die Alagen,
immer größer und nachdrücklicher der Drang und

das Bedürfnis, die breiten Massen des Volkes zum
Verständnisse echter Aunst und ihrer Werke zu er-
ziehen. Die verschiedenartigsten Maßnahmen führte
man ins Treffen, insonderheit sollten Schulen zum
Siege verhelfen. Es wurde gewiß einiges Terrain
gewonnen, aber doch nur wenig im Verhältnis zum
1 Angestrebten. Man forschte nach neuen Mitteln und
wandte einem ein besonderes Augenmerk zu, den:
Dilettantismus.

Als eines interessanten Vorläufers der verschie-
denen theoretischen Abhandlungen über Bedeutung
: und (IDert (des Dilettantismus muß hier an erster
z Stelle eines Vortrags von Max Haushoferx) Er-
wähnung geschehen. Haushofer gibt uns haupt-
sächlich ein geistreiches Essay über das Wesen des
1 Dilettantismus im weitesten Sinne und aus allen
Gebieten. Wenngleich er nun auch noch nicht die
Pflege eines gediegenen Aunst - Dilettantismus im
Sinne von heutzutage empfiehlt, so erkennt er doch
seinen inneren Wert klar und deutlich, und gar
manche, von den Verteidigern und Vorkämpfern des
Dilettantismus ins Treffen geführte Weisheit hören
i wir dort zun: ersten Male ausgesprochen. Zum
Belege citiere ich nur folgendes: „Der wirkliche
Aünstler mag sich wohl manchmal über die An-
! maßung des Dilettanten ärgern, aber er wird sich
doch immer sagen müssen, daß der Dilettant sein
bester Freund ist. Wenn es nicht so überaus zahl-
reiche Musikdilettanten gäbe, würden Rich. Wagner
! und Beethoven den größten Teil ihres Publikums
verlieren und die unsterblichen Symphonien blieben
| einfach schwarze Aäpfchen auf weißem Papier. Seine

i) Siehe „Der Dilettantismus" in der Zeitschrift des
Bayer. Aunstgewerbevereins. z886, S. 8: ff.

Aunst und Handwerk. 52. Zabrg. Heft 2.

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