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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Halm, Philipp Maria: Künstlerische Bilderbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0138

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20h. Wandbordüre von J a kobs & Kainz. Malergeschäft, München.

Aünskkeriscße (Kikderßücßer?)

(Vsn Or. PH. M. Hakin.

eder Winter wirft uns eine Hoch-
flut von Bilderbüchern und illu-
strierten Zugendschriften auf den
weihnachtlichen Büchermarkt, :n:d
es läßt sich nicht leugnen, daß ein
stattliches Teil davon, namentlich
was die letzteren anlangt, sich eine künstlerische Aus-
stattung angelegen sein ließ. Man erkennt deutlich
die Absicht, dem Publikum etwas Gutes — freilich
in vielen Fällen auch nur etwas Bestechendes — zu
bieten, und man muß oft geradezu staunen, welche
großen materiellen Wittel von seiten der Verleger
ausgewendet wurden, um, wie sie glauben, etwas
wirklich Gutes zu liefern. Der Wunsch und die
Sehnsucht nach guten Ainderbilderbüchern haben sich
ja schon seit Jahrzehnten geregt, und zweifellos ent-
sprang diesen: Wünschen und Sehnen auch schon
manches Erfreuliche; es läßt sich aber auch nicht in
Abrede stellen, daß trotz der besten Absichten, ja
vielleicht gerade unter den: Drucke derselben wohl
künstlerische, aber durchaus nicht zweckentsprechende
Bilderbücher entstanden sind. Denn wenn auch
schließlich ein jedes für Rinder bestimmte Bild den
Stempel einer Aünstlerhand tragen soll, so ist doch
damit noch nicht gesagt, daß ein jedes von wirk-
lichen Rünstlern dargebotene Bilderbuch deshalb
schon allen Anforderungen genüge. Unerläßlich bleibt
es für den Aünstler immer, in seiner Darstellungsart
und Vortragsweise dem Alter, d. h. der Begriffs-
fähigkeit und den: Anschauungsverinögen der Rinder
Rechnung zu tragen. Was nutzt es, dem Rind mit
einem großen Aufwand von malerischen: Empfinden
und kulturgeschichtlichen: und ethnographischen: Bei-

i) Betrachtung im Anschluß an die Wanderausstellung des
Deutschen Buchgewerbevereins: „Die Kunst im Leben des
Kindes" im alten Rathaussaale zu München.

werk das Leben Jesu vorzuführen, wie es etwa
Rämpfer, obgleich etwas süßlich, aber n:it der
besten künstlerischen Absicht, thut, wenn das Rind
nur mit Wühe die Scene zu erkennen vermag!
Wieviel mehr unmittelbare Wirkung erzielt, u:n nur
einen zu nennen, mit nur zwei oder drei Farben-
tönen Ri viere in dem inhaltlich verwandten Werke:
La marche a l’etoile. Einfach, klar heben sich die
Silhouetten der Figuren von: Grunde los, voller
Überzeugung; das Rind wird keinen Augenblick über
das Was und Wer der einzelnen Bilder in: Zweifel
fein. Trotzdem dürften Rivieres Bilder erst einem
reiferen Empfinden dargeboten werden; das jüngere
Rind begehrt eine naturwahrere, eine ihm näher
liegende, exaktere Darstellungsweise. Zn keinem Falle
aber soll, soweit es sich um Bilderbücher überhaupt
handelt, vollständig auf eine gewisse Gefälligkeit im
Vortrage Verzicht geleistet werden. Zch kann z. B.
nicht begreifen, wie sich in die Wanderausstellung
des Deutschen Buchgewerbevereins der Lbemin de
Croix mit E. Woreau-Nelatons Steinzeichnungen
verirrte; so trefflich diese als künstlerische Leistungen,
nainentlich von technischer Seite betrachtet, auch sein
mögen, so steht doch sicher, daß die Zugend sie
weder verstehen, geschweige denn irgend welchen
Gewinn daraus ziehen wird, denn sie setzen in der
Derbheit ihrer Diktion, in der Eigenart ihrer Technik
ein so reifes Kunstverständnis voraus, wie es für
gewöhnlich der Zugend, und käme auch die reifste
in Betracht, versagt ist. Wan darf nicht aus einem
Extren: ins andere verfallen, nicht an Stelle der
mangelnden Runst eine so hohe Kunstsprache setzen,
die das Rind, ja oft nicht einmal der Erwachsene
versteht. Doch sei damit durchaus keine spezifische
Rinderkunst gefordert, denn die gibt es nicht. Wilheln:
Spohr sagt ganz richtig: „Zu Runst, die auf einen
kindlichen Ton gestiinmt ist, n:uß auch der Erwachsene
ein genießendes Verhältnis gewinnen können; Runst,
die dem Erwachsenen als kindisch und läppisch er-
scheint, ist keine Runst und auch für das Rind zu

— ;2H —

Aunst und Handwerk. 52. Zahrg Heft 5.

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