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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Habich, Georg: Emil Dittler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0260

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38t. Relief von f Emil Dittler. (vgl. Abb. ^16 u. ^(7.)

Smik (Dritter f.

(Von Dr. (Aeorg Hatieh.

ie München er Plastik stand,
von einigen wenigen klassizistischen
Nachzüglern abgesehen, bis zum
Ansang der neunziger Jahre fast
ausschließlich unter dem Zeichen
des Dekorativen*). Gedon und
Wagmüller, diese beiden glänzenden Namen, stehen
als Titel über dein "Kapitel, welches die Münchener
Bildhauerei in der Regierungszeit König Ludwigs II.
zum Gegenstand hat, und die Spur von ihren Erden-
tagen wird auch jetzt, wo sich eine entscheidende
Wendung in der Anschauung vont Wesen der Plastik
gerade wieder in München so vielversprechend an-
kündigt, noch lange nicht untergehen. Entwickelungs-
geschichtlich betrachtet, ist jene Richtung zunächst auf-
zufassen als Reaktion auf den Formalismus der
klassizistischen Schule und der in München durch
Schwanthaler vertretenen Abart von jener,
welcher die Kunstgeschichte einen eigenen Abschnitt
unter dem Namen „Romantik" einräumt, die aber
eigentlich nur stofflich (dem Inhalt nach) vonr Klassi-
zismus unterscheidbar ist. In formaler Beziehung,
und darauf kommt es lediglich an, kann diese nun
glücklicherweise überwundene Kunstweise kaum daraus

') Wir gebrauchen diesen Ausdruck, im Gegensatz zu dem
modernen Bildhauerjargon, in dem älteren und richtigeren
Sinne des äußerlich Wirkungsvollen, auf den malerischen
Effekt Ausgehenden: Dekorationsmäßigen. Für das
moderne Prinzip der Architekturbildhauerei und des plastischen
Flächenschmucks als raum füllenden Elementes möchten
wir dagegen den guten alten Terminus „tektonisch" wieder
einzuführen vorschlagen. Die Plastik des Barocco, des alten
Jesuitenstils z. B., wie des Neubarock in Berlin (Begas) ist
dekorativ. Der bildhauerische Schmuck des Bismarck-Turms
von Floßmann ist tektonisch.

Anspruch machen, als eigene Stilrichtung betrachtet zu
werden. Wollte man dagegen die durch Wagmüllers
Vorbild in erster Linie zum Durchbruch gekommene
Anschauuilg auf ihren Ursprung zurückverfolgen, so
würde man weit, bis auf die Zeit des Barock, zurück-
greisen müssen. Die malerisch-dekorativen Tendenzen
der Barockplastik waren ja nie ganz aus der Ent-
wickelung verschwunden, selbst zur Zeit des strengsten
Klassizismus existierten sie in Frankreich als Unter-
strömung fort.

In dem München der 70 er und 80 er Jahre
wirkte, trotz der Alteingesessenheit des Klassizismus,
doch vielerlei günstig zusammen zu einer gedeih-
lichen Entwickelung jener durch Wagmüller und
Gedoit so glänzend vertretenen Richtung. Ist es
doch derselbe Boden, auf dem der Iesuitenstil einst
eine solche Pochblüte erlebt hatte; jedenfalls war
dem warmblütigen Naturell des katholischen Südens
die lebhafte, temperament- und empfindungsvolle
Kunst eines Wagmüller wesensverwandter als die
kühle Pallung der Thorwaldsen, Rauch oder Schwan-
thaler. Gefördert wurde die Ausprägung des Stils
in München nicht wenig durch ihre Schwesterkunst,
die Malerei. Diese zeigt parallele Strömuitgen in den
farbenrauschenden Pistorien pilotys und den groß-
artigen Dekorationen eines Makart. Und wollte
man eine psychologisch begründete Kunstgeschichte
dieses Stils schreiben, so hätte man auch die anti-
klassizistische Richtung in der Ulusik, das Werk
Richard Wagners, und in der gleichzeitigen Litte-
ratur die üppig ins Kraut schießende Emanzipatioit
vom Epigonismus, wie sie etwa die allzu farben-
reichen und allzu gestaltlosen Dichtungen eines Robert
pamerling darstellen, gleichfalls in das Bereich der
Betrachtung zu ziehen.

Eine mächtige Förderung äußerer Art erfuhr
dann die bereits zur Schule ausgebildete Richtung
durch die Bauliebe König Ludwigs II. Nicht nur

— —

Kunst und Handwerk. 52. Iahrg. Heft 9.

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