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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7007#0287

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Chronik des Bayer. Kuustgewerbevereins.

Auch Bauamtmann Bertsch verniag sich
diesen Bedenken nicht zu entziehen, glaubt
aber, daß man die dargebotene ksand er-
greifen müsse; da es indessen jetzt gelte, das
Höchste einzusetzen, so müsse vor allen Dingen
der Glaspalast daraufhin untersucht werden,
ob in ihm das Höchste erreicht werden könne
oder nicht.

Hofgoldschmied Heiden meint — ent-
gegen den Ausführungen des Vorsitzenden
— daß nicht das gesunkene vertrauen, son-
dern lediglich die wirtschaftliche Krisis die
Durchführung des Kohleninsel - Projekts er-
schwere.

Hofjuwelier Merk
stellt fest, daß die An-
sichten Riemerschmids
in Bezug auf den
Glaspalast die glei-
chen seien wie die
des Ausschusses. Die
Schaffung einer kunst-
gewerblichen Centrale
auf der Kohleninsel
sei nach wie vor die
idealste Aufgabe des
Vereins. Er halte
es aber für logisch und zweckmäßig, sich vorläufig in dem
gebotenen Rahmen zu halten, und glaube, daß deni Herzens-
wunsch des Vereins am besten gedient sei, wenn der vom
Ausschuß vorgeschlagene Punkt I aufs Eingehendste bearbeitet
werde.

Im weiteren verlaufe der Verhandlungen nimmt Professor
Fr. v. Miller Veranlassung, den Empfindungen Ausdruck zu
geben, die sich der Versammlung bei den Ausführungen des
Vorsitzenden bemächtigt hatten, und er spricht Prof. v. Thiersch
den verbindlichsten Dank des Vereins für seine Haltung in
dieser schwierigen Angelegenheit aus. Darauf schildert er die
bisherigen vergeblichen Bemühungen das Kohleninselprojekt
der Verwirklichung entgegenzuführen, und sprach es als seine
Überzeugung aus, daß die Durchführung der Allerhöchst an-
geregten Ausstellung im Glaspalast das wirksamste Mittel zur
Förderung jenes Projektes sei, zumal das Kohleninselprojekt
eine Sache sei, die man nicht bis zum Jahre oder
machen könne.

Staatsminister v. Feilitzsch griff alsdann in die Ver-
handlungen ein. Indem er aus seinem vollen Vertrauen zum
Münchener Kunstgewerbe kein Hehl machte, glaubt er auch aus
seinen Ausstellungserfahrungen in Bezug auf Erfolge und Miß-
erfolge die Hoffnung schöpfen zu dürfen, daß bei der Benutzung
des Glaspalastes wenigstens materiell keine Schädigung ent-
stehe. Der Prinzregent sei durchdrungen von dem Gedanken,
daß das Knnstgewerbe gefördert werden müsse, und um den
materiellen Mißerfolgen der letzten Ausstellungen auszu-
weichen, habe der Regent beschlossen, den Glaspalast anznbielen,
um dem Kunstgewerbe eine Stätte und eine Gelegenheit zu
bieten, wo es zeigen solle und könne, was in München geleistet
wird. Diesen Gedanken zu erwägen und zu prüfen sei das
erste. Er selbst, wie auch die Kgl. Staatsregierung seien von
jeher und bis jetzt dem Kohleninselprojekte wohlwollend gegen-
übergestanden, aber die Durchführung desselben sei eine Zeit-
srage. Er glaube, daß die Glaspalastfrage erst nach dem Vor-
schlag des Ausschusses auch nach der finanziellen Seite hin genau

geprüft werden müsse und es dann Aufgabe einer
späteren Versammlung sei, über das Für und
Wider zu beraten und Beschluß zu fassen. Er
glaube, daß, wenn sich der Glaspalast ver-
wenden lasse, diese Ausstellung zum Grund-
pfeiler des künftigen Kohleninselprojekts werden
kann. Wenn dann eine künftige Versammlung
einen endgültigen Beschluß fasse, daß dies
oder jenes für das Kunstgewerbe geschehen
müsse, so dürfe man auch sicher sein, daß dieser
Beschluß an den maßgebenden Stellen gerechte
Würdigung finden werde; aber jetzt schon große
Projekte ins Auge zu fassen und damit vielleicht
gar Fiasko zu machen, das würde den aller-
größten Schaden
bringen.

Der Vor-
sitzende dankt
dem Minister für
sein warmes In-
teresse nnd schlägt
vor, den Punkt >
in der Fassung
des Ausschusses
anzunehmen; be-
vor aber zur
Abstimmung ge,

schritten wird, wiederholt Maler R. R i e m e r sch m i d seinen Antrag,
die beiden Projekte nebeneinander zu behandeln in der Fassung:
„Der Ausschuß wird ferner beauftragt, gleichzeitig das Kohlen-
inselprojekt, unter Beiziehung sämtlicher Urheber des Projektes
in finanzieller und organisatorischer Hinsicht nach Möglichkeit zu
fördern und über beide Projekte in einer Generalversammlung
bis spätestens — — — — — zu berichten." Nachdem Bau-
amtmann Bertsch die gleichzeitige Verfolgung beider Projekte
wegen Zersplitterung der Kräfte für unthunlich erklärt hatte,
wird Punkt ; in der vom Ausschuß vorgeschlageneu Fassung
angenommen, der Antrag Riemerschmid dagegen mit Mehrheit
abgelehnt.

Über den zweiten Punkt des Ausschußantrages entwickelt
sich eine längere Debatte; angenommen wird er nach deren Be-
endigung in folgender Fassung mit Mehrheit:

„Die Versammlung steht dem Kohleninselprojekt
sympathisch gegenüber und beauftragt den Ausschuß,
dessen Förderung neben der Ausstellungsidee im Auge
zu behalten."

Anf Vorschlag des Bauamtmanns Bertsch wird der
vom Ausschuß eventuell in Aussicht genommene Punkt z noch
zur Verhandlung gestellt; derselbe lautet:

„Der Ausschuß wird beauftragt, für den Fall,
daß sich der Glaspalast als nicht geeignet Heraus-
stellen sollte, schon jetzt zu untersuchen, wie das
Kohleninselprojekt der Verwirklichung mit besonderem
Hinblick auf die Allerhöchst angeregte Idee näher
geführt werden könnte."

Der Vorschlag fand lebhaften Widerspruch, der Antrag
wurde aber schließlich dennoch der Abstimmung unterstellt;
dabei ergab sich Stimmengleichheit. Da indessen viele vereins-
initglieder den Saal bereits verlassen hatten, fomit die Meinung
der Generalversainnilung nicht mehr zum Ausdruck gelangen
konnte, so wurde der Beschluß wegen zweifelhafter Abstimmung
als unentschieden erklärt.

Schluß der Versammlung um “/il Uhr nachts.

verantw. Red.: ssrof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. MIdenbourg, München.
 
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