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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Lasser, Moritz Otto von: Wohnhaus Baron W. v. Bissings in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0334

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Wohnhaus Baron N). t>. Bissings in München.

539. Wohnhaus W. v. Bissing, München. Umbau von <£. R. Fiechter,
farbige Ausschmückung von Franz Ringer, München.

"wohnßaue KaronA). v. lKissmge
in München.

Umgebaut von Assistent und Architekt Ernst Robert F i e ch t e r.

Die städtische Aunst Mün-
chens hat Schritt gehalten mit
der Entwicklung der Metropole,
die Aünstler des Stadtbauamtes
haben alle modernen Aufgaben
in vornehmster und künstlerischster
Meise gelöst. Ein Blick auf un-
sere neuen Friedhöfe, Schulhäuser,
das Volksbad, mit einem Morte
die städtischen Bauten genügt,
um diese erfreuliche Überzeugung
zu gewinnen, dagegen beschritt
die Privatarchitektur mitunter
Wege, welche nicht gutzuheißen
sind; sie ist da und dort in einer
Weise tätig, die mit Aunst wenig
Berührungspunkte hat. Neben
den vornehmen, ausgeglichenen
Schöpfungen eines Emanuel Seidl
und anderer Meister sehen wir
päuser sich breit machen, die
ihre Entstehung, ihre formen,
Farben, ihr neuzeitliches Spek-
takeln nur industriellen Erwä-
gungen verdanken; neben guten
und vorzüglichen Darbietungen
moderner Aunst wächst eine
Scheinkunst auf, der es genügt,
„modern" zu fein, modern um
jeden Preis. Das parvenühafte klebt ihr natürlich
heute ebenso an als seinerzeit, da sie darauf aus-
ging, das einfache Mohnhaus, das in Deutschland
befindliche Mietshaus, als italienischen Palast zu
fassen! „Ging"? . . . ach, es wird heute noch so
gebaut. Zum Beweise meiner Morte möge mir ge-
stattet sein, den verehrtenLeser flüchtig durch die
Georgenstraße zu führen, J^ier, unweit der Leopold-
straße, beschäftigt zunächst das Auge ein Bau, der
noch nicht vollendet, aber bereits mehr als zur
Genüge erraten läßt, wie er sich später darstellen
wird. Der Schöpfer dieser lärmenden Fassade, der
Mann, der da Säulen auf Säulen häufte, sich nicht
genug tun konnte an (Ornamenten, Skulpturen, der
Verwendung goldner Details u. s. w., heißt pölzle
und ist, seinem Türschilde zufolge, Architekt.

Nach diesen kurzen Notizen sei mir gestattet,
weitere Morte über seine jedes gebildete Auge ver-
letzende Arbeit zu sparen, dafür aber längere Zeit
zu verweilen bei der Beschreibung jenes pauses, das
sich dem vorerwähnten anschließt. Seinerzeit eben-
falls von pälzle erbaut, wurde es voriges Jahr von
Architekt Fiechter umgebaut. Zn seiner Einfachheit
und ungesuchten Eleganz wirkt es nun ungemein

er mit künstlerischem Blick begabt die
Straßen Münchens durchwandert, wird
ob des reichen Architekturbildes, welches
dis nieisten bieten, erstaunen; in seiner
Seele mag aber auch ein Verwundern
darüber Platz greifen, über die Unausgeglichenheit
mancher Straßenzüge, über das unvermittelte Neben-
einander verschiedener Formen und Farben. Frei-
lich, geht man der Geschichte, dem Werdegang unserer
schönen Stadt nach, so ist die Erklärung für solche
Erscheinungen bald gefunden. München hat sich
nämlich nicht ruhig und stetig, plötzlich hat es sich
zur Großstadt entwickelt, schnell brach das Neue aller-
orten herein, ergriff Besitz, prägte und schuf um.
Derartige, tiefeingreifende Vorgänge übten nun na-
türlich nicht nur auf das gewohnte Leben und Treiben
ihren Einfluß aus, sie brachten auch auf dem Gebiete
des Pausbaues, der bürgerlichen Wohnhäuser rc. eine
um sich greifende Bewegung hervor.
 
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