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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 53.1902-1903

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Moderne Zierschriften
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Hagen, Luise: Die Kunststickerei in der Entwicklung des modernen Stils
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https://doi.org/10.11588/diglit.7001#0358

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Moderne Zierschrifteu.

564. Tafelaufsatz für das Gffizierskasiuo in Lindau gestiftet
von fferm. Nester, entworfen und ausgefiihrt von Theodor
Heiden, München.

man ihn nicht ganz ohne Mühe entziffert hat, so mag
— wie dies auch z. B. bei gotischen Grabsteinen meist
zutrifft — die Ruhe und Gleichmäßigkeit der zugleich
als Ornament wirkenden Schriftzüge in erster Linie
in Betracht gezogen werden; will nian aber Statious-
häuser mit dem Namen der Haltestellen versehen,
Fahrkartenschalter deutlich kennzeichnen rc., dann wird
man mit gut unterscheidbaren Buchstaben arbeiten
und die gleichmäßige Ruhe der Schrift etwas beiseite
lassen müssen, wenn nicht der Hauptzweck, daß die
Schrift rasch, aus den ersten Blick übersehen und
gelesen werden kann, vereitelt werden soll.

Klare, einleuchtende Grundsätze, wie Schriften
den künstlerischen Forderungen gerecht werden können,
hat Rud. v. Larisch schon vor fahren aufgestellt
(vgl. darüber Zahrg. sß00, S. f9^), und auch die

oben genannten beiden Publikationen machten sich
jene Grundsätze zunutze; Grinrm bezieht sich in
seinein Vorwort ausdrücklich auf Larischs „Zier-
schriften im Dienste der Kttnft". Die Einheitlichkeit
des Schriftcharakters ist bei jedem der Alphabete
sorgsam gewahrt und meist auch — wenigstens bei
Grimms Schriften — Unleserlichkeit der einzelnen
Buchstaben vermieden. Ehlerding hat einige Buch-
stabensormen gebracht, die nicht ganz unbedenklich
erscheinen, insofern sie nur im Zusammenhang mit
Sicherheit als das erkannt werden können, was sie sein
wollen. Beispielsweise könnte aus Tafel3 das P ebenso-
gut ein 0, das Y ebensogut ein G sein, während
das 2 einer 2 gleicht; auf Tafel 9 befremden be-
sonders die Formen des P und des R, während
anderseits allerdings Schreibfehler wie »Piazzo« in-
folge der nicht allzu großen Verschiedenheit des a
und o eher übersehen werden. Als nicht nachahmens-
wert möchten wir das Zufammenziehen von Buch-
staben bezeichnen, die nichts miteinander zu tun haben;
es erhöht keineswegs die Schönheit des Aussehens,
beeinträchtigt dagegen die Leserlichkeit, wenn —■ wie
bei Grimm, Tafel. ^5 — in dem Wort KREFELD
die Buchstaben KR EF und EL miteinander ver-
bunden sind. Doch derartige Entgleisungen wird der
Praktiker schon selbst in Ordnung zu bringen wissen —
j)m allgemeinen können beide Werke denSchriften-
malern empfohlen werden, das Grimmsche — seines
größeren Maßstabs wegen — besonders für Firmen-
maler, das Ehlerdingsche mehr für Kunstschreiber,
Urkundenmaler rc. N.

(Vie (Kunfffftcßmt in der Snir
wiclikunz dee mo-ernen Süke.

Ile Ornamentik ist in einem bestimmten
Sinne Beherrschung einer Sprache toter
Dinge. Nicht eigentlich toter Dinge viel-
leicht, solcher jedoch, die sich dem Menschen
gegenüber passiv verhalten. Zmmer aber
sind sie nicht so weit passiv, daß man aus ihnen
herauslocken kann, was man will. Denn schließlich
bleibt das Material dein Künstler gegenüber immer
das Instrument des Musikers. Es ist nicht ganz
unmöglich, der Geige einen Ton zu entlocken, der
an die Klangfarbe eines Waldhorns erinnert: dennoch
behält jedes Instrument stets seine eigene Klang-
farbe. Dieser Klangfarbe entspricht im Kunsthand-
werk und in der Kleinkunst, schließlich wohl in jeder
bildenden Kunst gleichfalls das, was inan mit Recht
die „Seele" des Materials genannt hat. Das Ver-

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