Ignatius Taschner.
verdorrtes, aufgerolltes BIatt(Abb.3—-6); die schönsten
Tapetenmuster erblickt er im schwankenden Schlag-
schatten einer Staude (Abb. st), und in dem Geranks
einer vertrockneten Schlingpflanze enthüllt sich ihnr
ein elegantes Muster für ein Schmiedeeisen-Grua-
ment. Alles, was kreucht und fleucht, Aaser, Frösche,
Lurche uird sonstiges Geziefer zeichnet er mit Liebe,
um es später in der
Stilisierung noch als
Organismus zu emp-
fiitden. Tin nackter,
aus dem Nest ge-
fallener Spatz wird
von allen Seiten be-
sehen, das komische
Volk kaum dem Ti
entschlüpfter Küchlein
macht ihm unend-
liches pläsir (Abb. 7
und 8). hier steckt etwas von der
großen Liebe eines Lionardo und
Dürer zum Kleinen und Kleinsten
der Schöpfung, der nichts zu gering
ist, und der Goethe in jener gol-
denen Malerregel Ausdruck gab,
die er in jungen fahren einem
Freunde auf die Zeichenmappe
schrieb:
Geb Gatt dir Lieb' zu deinem Pantoffel,
Ehr jede krüpplige Kartoffel,
Erkenne jedes Dings Gestalt,
-ein Leid und Freud', Kuh' und Gewalt
Und fühle, wie die ganze Welt
Der große Pimmel zusammenhält;
Daun du ein großer Zeichner, Kolorist,
paltungs und Ausdrucks Meister bist."
Wäre Taschner damals, wie
cs keineswegs undenkbar, in den
mißlichen Verhältnissen stecken ge-
blieben und hätte er den Weg
nach München nicht mehr zurück-
gefunden, so wäre zweifellos ein
unvergleichlicher hafnermeister, Messinggießer oder
ein ganz eigenartiger Wachszieher, Lebzelter oder so
etwas Ländlich-Künstlerisches aus ihm geworden.
Tin glücklicherer Stern führte den inzwischen über
die Lehrjahre hinaus gediehenen Künstler in die
Hauptstadt zurück, wo er in einem großen Kreis
gleichaltriger Mitstrebeuder erst die Anregung 511
mutigerem hervortreten bekam. In den Jahren
\890 — H 903 entstand in rascher Folge die ganze
Reihe jener originellen Kleinbildwerke, die den
Namen Taschner zu einem festen künstlerischen Be-
griff stempelten und ihm aus den Ausstellungen der
;6. Kruzifixus (der Gekreuzigte
Silber, das Kreuz Bronze).
Sezession, dann in der „Luitpoldgruppe" zu
unverhofft schneller Anerkennung verhalsen. Störte
bei einer „hl. Täcilia" (von (89?), die sichtlich von
piglheius „Blitideit" inspiriert ist, noch ein gewisser
theatralischer Zug zum Visionären, so war gleich in
deinselbem Jahr mit dem prächtigen Schnapphahn,
der mit den: Sack aus den: Buckel und einem ge-
stohlenen Gockel als
Beute sich meuch-
lings davoumacht, der
große Wtirf gelungen
(Abb. (0). Ttwas
von: Geiste des allen
Trasmus Graffer,
dem Meister des
Schalksnarrentanzes
im Alten-Rathaus-
saal, ist in diesem
grotesken Gesellen
lebendig, von dem man nicht
weiß, ob inan lachen oder sich
grauen soll, hier zeigte Taschner
zum ersten Rlale seine eminente,
in freiem Anschluß au die großen
Holzbildner der Riemeuschneider-
Zeit entwickelte Begabung für das
Schnitzmesser und den holzmeißel.
Tin kleines Rieisterstück für sich
in der Handhabung der holz-
schueideinstrumeute ist der tote
Gockel, und in den Details der
Figur — man beachte die frei
überstehendeu Stulpenstiefel, ferner
auch den Zuschnitt der haare —
zeigt sich ein Verständnis für das
Material, das übrigens nicht wenig
auch aus der höchst material-
gemäßen Bemalung in trockenen,
stumpfen, aber dabei doch deko-
rativ wirksamen Farben hervor-
leuchtet. Die volle Freiheit, mit
der Taschner den mittelalterlichen Meisterwerken
gegenübersteht, bewährt er in der chromoplastischen
Behandlung, die das Helle Holz keineswegs verdecken
will, sondern partienweise die Naturfarbe in voller
Geltung beläßt.
Nahe steht diesem nicht eben vertrauenerweckenden
Burschen in der Auffassung der „Strauchdieb" zu
hfferd (Abb. (2), fürwahr der würdige Herr jenes
getreuen Knappen, ein Stück vorurteilslosen Busch-
klepperdaseius, woran, denk' ich, unser alter Wilhelm
Diez, an dessen Wegelagerer man erinnert wird,
seinen 5paß haben muß. Tcht wie sein Reiter ist
verdorrtes, aufgerolltes BIatt(Abb.3—-6); die schönsten
Tapetenmuster erblickt er im schwankenden Schlag-
schatten einer Staude (Abb. st), und in dem Geranks
einer vertrockneten Schlingpflanze enthüllt sich ihnr
ein elegantes Muster für ein Schmiedeeisen-Grua-
ment. Alles, was kreucht und fleucht, Aaser, Frösche,
Lurche uird sonstiges Geziefer zeichnet er mit Liebe,
um es später in der
Stilisierung noch als
Organismus zu emp-
fiitden. Tin nackter,
aus dem Nest ge-
fallener Spatz wird
von allen Seiten be-
sehen, das komische
Volk kaum dem Ti
entschlüpfter Küchlein
macht ihm unend-
liches pläsir (Abb. 7
und 8). hier steckt etwas von der
großen Liebe eines Lionardo und
Dürer zum Kleinen und Kleinsten
der Schöpfung, der nichts zu gering
ist, und der Goethe in jener gol-
denen Malerregel Ausdruck gab,
die er in jungen fahren einem
Freunde auf die Zeichenmappe
schrieb:
Geb Gatt dir Lieb' zu deinem Pantoffel,
Ehr jede krüpplige Kartoffel,
Erkenne jedes Dings Gestalt,
-ein Leid und Freud', Kuh' und Gewalt
Und fühle, wie die ganze Welt
Der große Pimmel zusammenhält;
Daun du ein großer Zeichner, Kolorist,
paltungs und Ausdrucks Meister bist."
Wäre Taschner damals, wie
cs keineswegs undenkbar, in den
mißlichen Verhältnissen stecken ge-
blieben und hätte er den Weg
nach München nicht mehr zurück-
gefunden, so wäre zweifellos ein
unvergleichlicher hafnermeister, Messinggießer oder
ein ganz eigenartiger Wachszieher, Lebzelter oder so
etwas Ländlich-Künstlerisches aus ihm geworden.
Tin glücklicherer Stern führte den inzwischen über
die Lehrjahre hinaus gediehenen Künstler in die
Hauptstadt zurück, wo er in einem großen Kreis
gleichaltriger Mitstrebeuder erst die Anregung 511
mutigerem hervortreten bekam. In den Jahren
\890 — H 903 entstand in rascher Folge die ganze
Reihe jener originellen Kleinbildwerke, die den
Namen Taschner zu einem festen künstlerischen Be-
griff stempelten und ihm aus den Ausstellungen der
;6. Kruzifixus (der Gekreuzigte
Silber, das Kreuz Bronze).
Sezession, dann in der „Luitpoldgruppe" zu
unverhofft schneller Anerkennung verhalsen. Störte
bei einer „hl. Täcilia" (von (89?), die sichtlich von
piglheius „Blitideit" inspiriert ist, noch ein gewisser
theatralischer Zug zum Visionären, so war gleich in
deinselbem Jahr mit dem prächtigen Schnapphahn,
der mit den: Sack aus den: Buckel und einem ge-
stohlenen Gockel als
Beute sich meuch-
lings davoumacht, der
große Wtirf gelungen
(Abb. (0). Ttwas
von: Geiste des allen
Trasmus Graffer,
dem Meister des
Schalksnarrentanzes
im Alten-Rathaus-
saal, ist in diesem
grotesken Gesellen
lebendig, von dem man nicht
weiß, ob inan lachen oder sich
grauen soll, hier zeigte Taschner
zum ersten Rlale seine eminente,
in freiem Anschluß au die großen
Holzbildner der Riemeuschneider-
Zeit entwickelte Begabung für das
Schnitzmesser und den holzmeißel.
Tin kleines Rieisterstück für sich
in der Handhabung der holz-
schueideinstrumeute ist der tote
Gockel, und in den Details der
Figur — man beachte die frei
überstehendeu Stulpenstiefel, ferner
auch den Zuschnitt der haare —
zeigt sich ein Verständnis für das
Material, das übrigens nicht wenig
auch aus der höchst material-
gemäßen Bemalung in trockenen,
stumpfen, aber dabei doch deko-
rativ wirksamen Farben hervor-
leuchtet. Die volle Freiheit, mit
der Taschner den mittelalterlichen Meisterwerken
gegenübersteht, bewährt er in der chromoplastischen
Behandlung, die das Helle Holz keineswegs verdecken
will, sondern partienweise die Naturfarbe in voller
Geltung beläßt.
Nahe steht diesem nicht eben vertrauenerweckenden
Burschen in der Auffassung der „Strauchdieb" zu
hfferd (Abb. (2), fürwahr der würdige Herr jenes
getreuen Knappen, ein Stück vorurteilslosen Busch-
klepperdaseius, woran, denk' ich, unser alter Wilhelm
Diez, an dessen Wegelagerer man erinnert wird,
seinen 5paß haben muß. Tcht wie sein Reiter ist