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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Schur, Ernst: Über die ethische Kraft des Konstruktiv-Notwendigen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0058

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Uber die ethische Kraft des KonstruktwNotwendigen.

95. Maximilianskirche; Leuchter und Tabernakel vom 5t. Ludwigsaltar (Bronze und Lmail);
von Ferd. bfarrach & 5ohu, München, der wirk!. Gr.)

(Über die ethische 0<rast dee
(Üonstrußtiv r Notwendigen.

(Von Srnst Schur.

(Schluß.)

IV.

ur die formen werden dauern,
die n u r konstruktiven Erkennt-
nissen folgen und auf ihnen auf-
gebaut sind.

Darin liegt mehr als zufällige
Begründung.

Jede gewollte Schönheit zerstört sich mit der
Zeit selbst. Augenblicklich wohl kommt sie dem
Wollen der Zeit entgegen. Aber so wie dieses sich
wandelt, ist ihm der Boden entzogen. Der Boden
des Wahren und Notwendigen aber, der Konstruktions-
folgerichtigkeit, kanti ihm nicht entzogen werden.

Nur eine Schönheit dauert. Die Schönheit,
die dis Zeit gibt. Das heißt die Schönheit, die
sich rnit der Zeit bildet, sich gleichsam ansetzt wie
Edelrost an Erz. Das ist die Schönheit, die der
Architektur und den gewerblichen Künsten, als Tätig-
keiten, die am Dinge haften, eignet. Die freien
Künste haben ihre Schönheit und die gebundenen
Künste haben ihre Schönheit für sich. Bei beiden

resultiert sie folgerichtig aus dem Wesen, das sich
nach der Bestimmung richtet.

Alles einzelne Wollen, das hier weiter will, das
sich will, ist — auf diesen Gebieten ■— mehr als ver-
gänglich. Es ist unsachlich, launenhaft. Es trägt
Äußerliches in ein inneres Wachsen hinein. Es
dient dem Augenblick und empfängt von hier seinen
Lohn: Augenblickslohn. Aber in demselben Maße
bröckelt — zum Entgelt — die Zeit seine Schönheit ab
und entzieht den Lohn. Denen aber, die nicht so
handelten, die die innere, natürliche Schönheit der
Dinge lieben, denen zahlt sie späterhin ihre Schuld,
die sie ihnen schuldig blieb, mit Zins und Zinseszins.

So käme noch eines hinzu.

Diese Art — eine reiche Wahl von einzelnen
sinngemäßen Vorbildern zur Folge — würde mit
der Produktionsart unserer Zeit, rnit der Maschinen-,
nrit der Fabrikarbeit pand in pand gehen können.

Gerade diese einfachen, in gewissem Sinn immer
bleibenden Formen werden dahin drängen. Es
wird nröglich werden, daß danrit diese Aünste in
weitere Kreise eiridringen und sich dort festsetzen
können. Neben dem Handwerk wird diese Arbeit,
wo sie sinngemäßer ist, eingreifen.

Mit der Betonung dieser drei Forderungen:
Konstruktives Erkennen — solidestes Material —
ehrlichste Arbeit ist der Kreis umgrenzt. Alles
andere wirke die Zeit.
 
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