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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Lasser, Moritz Otto von: "Einkehr Geißelgasteig" bei München: nach Skizzen und Entwürfen der Architekten Gebr. Rank
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0104

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J47. Geiselgasteig, von (Sebr. Rank, München. Eingang.

„(Bmifkßr

bei München.

(Nach Skizzen und Sntwiirfen der -Architekten <8ckr. (Nank.

enn man über die gegenwärtige
Aunst schreibt, kann man sich mit-
unter nicht versagen, zurück in die
Vergangenheit zu schweifen, ein
bißchen darüber nachzudenken, wie
unsere Vorfahren geschaffen haben,
Vergleiche anzubahnen zwischen dem peute und Giltst,
und indem man so scheinbar ganz zufällig da ulid
dort verweilt, gelangt man zum eigentlichen Ver-
ständnis dessen, was wir sehr oberflächlich mit dein
Worte „unsere Zeit" bezeichnen.

Man spricht freilich auch von einer eisernen,
papierenen, von einer wissenschaftlichen Epoche, und
da sie letztere Bewertung mit Recht verdient, so
dürfen wir wohl den forschenden Zeitabschnitt an-
deren gegenüberstellen. Nun, gehören unsere Tage
dem Gelehrten, die früheren gehörten vielmehr dem
Aünstler. Auch dann, wenn er scheinbar nur als
Handwerker, wie andere auch, gewertet wurde. Denn,
sonderbar genug! es will mir scheinen, als ob die
Vergangenheit dem Aünstler wohl glänzende, auch
recht armselige, doch niemals den rechten gesellschaft-

lichen Platz angewiesen habe. Es schadete vielleicht
nicht sehr viel: große Aünstler hatte sie jedenfalls,
und herrliche Kunstwerke hat sie uns hinterlassen.

Denn die Innigkeit und Naivität der alten
Meister . . . ., wo finden wir heute solch köstliche
Gaben? freilich, die Zeiten sind eben auch andere
geworden: früher hatte beispielsweise die Welt bei
dem jeweiligen Schlagbaum ein Ende. Man lebte
eben in Schachteln. Und es war schon viel, sehr
viel, wenn die Menschen aus der einen Schachtel
dann und wann zu jenen einer anderen gingen,
wenn Deutschland, polland, Italien miteinander in
Berührung kamen. Man hatte also nicht die Breite
für sich, aber man konnte still und durfte Tiefes
schaffen . . . Ach! welche Werke blühten aber auch
hervor aus den Zellen emsiger Mönche, den ein-
fachen Gelassen der Maler, wie sehr war die Aunst
ein inbrünstiger Gottesdienst! Schöne Morgenzeit,
wo die Menschheit an kindlichen Altären opferte,
du bist vorüber! Andere Tage traten an deine Stelle.
Die alten Anhänger der Materie hatten neuen Zu-
lauf, die Zauberer organisierten und modernisierten
sich und wurden Arzte, Gelehrte, wissenschaftlich
untersuchende, zerteilende und zerlegende Menschen.
Die Naturwissenschaften löschten auf den Tafeln das
Wort „Gott" aus und schrieben dafür Gleichungen
usw. hin.

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Aunst und Hundwerk. 55. Iahrg. Heft

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