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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0251

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Sieger in dem Wettbewerb fällt als Preis die Ausführung zu;
für den in der ersten Augustwoche abzuliefernden Gegenstand
stehen insgesamt *000 M. zur Verfügung.

Der Besuch der Vereinsbibliothek steht bedauerlicherweise
nicht im Verhältnis zu ihrer Bedeutung und zu den feit meh-
reren Monaten geschaffenen Erleichterungen, wir machen daher
unsere Vereinsmitglieder darauf aufmerksam, das; die Bibliothek
täglich von 9—>2 und 3—5 (Sonntags nur von 9— >2) sowie
an zwei Abenden (Mittwoch und Freitag) von 7—9 Uhr geöffnet ist.

Mochenversaminkungen.

Sechzehnter Abend — den ><>. März — Vortrag von
Dr. Karl Trautmann: „Herzog Wilhelm V. als

Kunstfreund und die ursprünglichen Entwürfe
für das Kaiferd enknra l in der Frauenkirche." Selten
ist int Verein ein Vortrag von solchem wissenschaftlichen Ge-
halt gehört worden, und wir bedauern aufrichtig, uns hier auf
einen gegenüber dem reichhaltigen Material recht bescheidenen
Bericht beschränken zu müssen. Der nachmalige Herzog Wil-
helm V. hatte sich als Kronprinz im Februar >5S8 mit Renata
von Lothringen vermählt und darauf feinen Hof in Schloß
Trausnitz zu Landshut anfgefchlagen, wo alsbald ein fröhliches
Hofleben begann; Sänger und Musiker zog er dahin, ■— aber er
wollte auch Bleibendes im und am Schlöffe schaffen. Und als im
Jahre >573 der in Amsterdam geborene und in Italien aus-
gebildete etwa zo jährige Friedrich Sustris in des Herzogs
Dienste trat, da begann die künstlerische Um- und Ausgestaltung
des Schlosses zu dein was es heute noch im wesentlichen ist: ein
Schatzkästlein der Renaissance. Das unbegrenzte vertrauen des
Herzogs in Sustris erhob diesen gewissermaßen zum General-
direkter der bildenden Künste am bayerischen Hof; und Sustris,
der es verstand, überall die richtigen Leute an den rechten Fleck
zn stellen, und der in allen ihm anvertrauten Aufträgen eine
rücksichtslose Energie entwickelte, wußte sich trotz aller Neider,
die ihn als „Baudilettanten" verlästerten, zu behaupten. So
wurde er, nachdem er Schloß Trausnitz und dessen Garten
künstlerisch ansgestaltet hatte, nach dem Regierungsantritt wil-
helms V. (>579) ausdrücklich zum obersten Architekten für alle
herzoglicherr privatunternehmen — zu denen auch die Michaels-
kirche gehörte — ernannt; der Herzog brach damit offiziell mit
der in München herrschenden „Baubureaukratie". Daß letztere
aber nicht ohne Grund sich gegen die in Bauangelegenheiten
eingeschlagenen Maßregelii wandte, ist begreiflich, tvenn mail
erfährt, daß scholl >575 sich eine Schuldenlast von 250000 fl.
(etwa 5 Millionen Mark) angesammelt hatte, so daß eine be-
deutende Einschränkung des Hofhaltes erfolgen mußte. — Die
erste bauliche Unternehmung Wilhelms V. nach feiner Thron-
besteigung war der Gartenbau im Jägergäßl, der jetzige
Grottenhof; im Jahre >583 begann der Bau der Michaelskirche.
Im Jahre >590 plante der Herzog für sich und feine Gemahlin
ein Grabmal, das sich allmählich durch die große Menge von
Erzstatnen zu einem Grabdenkmal der wittelsbacher ausgestalten
sollte. Die Entwürfe des Sustris siiid verloren gegangen; aus
den Archiven läßt sich aber die ungefähre Idee — deren Aus-
führung dein Lrzgießer Hubert Gerhard anvertraut war —
rekonstruieren. Den Kcrii des Ganzen bildete eil, Kruzifix,
au dcffeii Seiten der Herzog mit feinem Sohne und die Her-
zogin mit den Töchtern aiibetend knien; für beit Unterbau
waren Brouzereliefs gedacht. Um dieses Mausoleum herum:
in drei Brdnungen die hervorragendsten wittelsbacher, — au
den Ecken: vier Staiidarten haltende Wächter, — auf den um-
gebenden Schranken: >s Ahnen der Renata, — außerhalb der !

Schranken: tvtto von Wittelsbach und ein Engel mit weih-
decken. Als aber Wilhelm dem Throne entsagte, war erst ein
kleiner Teil von alledem fertig: das Kruzifix, das sich wie die
Reliefs und der genannte Engel in der Michaelskirche befindet
und Wilhelms V. Grabmal bildet, — die Wächter an dem Grab-
mal Kaiser Ludwigs des Bayern, — die vier Löweil vor der
Residenz. Es ist nicht uuwahrfcheiiilich, daß auch die vier
Bronzekandelaber in der Michaelskirche für das Grabmal an-
gefcrtigt worden waren. — vielleicht gelingt es dem unermüd-
lichen Forscher, der mit seinem Vortrag den lebhaftesten Beifall
fand, doch noch, die Entwürfe Sustris zu dem großartigen
Monnmeut ausfindig zu machen; feine Studien hätten wahrlich
einen solchen Erfolg verdient.

Siebzehnter Abend — den 2>. März — Vortrag des
Kgl. Archivrats Ernst v. Destouches über „Die Ent-
stehung des Münchener Wappens und die Anwen-
dung des Münchener Kindls'". Der überaus reichhaltige
und von tiefgründigster Forschung zeugende Vortrag war von
einer erdrückenden Menge Abbildungsmaterial begleitet, das
z. T. dem Entgegenkommen der Staats- und der städtischen
Bibliothekei!, teils der Zuvorkommenheit von Geschäftsleuten
und Privaten zu danken war. Da wir einen mit geeigneten
Abbildungen ausgestatteteil Auszug aus jenem Vortrag zu
bringen gedenken, so beschränken wir uns hier nur auf die
Feststellung der Tatsache, daß der Vortragende in der sehr zahl-
reich besuchten Versammlung allseitigen Beifall fand.

Achtzehnter Abend — den 28. März — Vortrag des
Kunstschriftstellers Alexander Heilmeyer über den Maler
Karl Spitzweg. Unterstützt von einem zahlreichen Jllustra-
tionsmaterial, zu welchem Herr Ebenböck >5 Briginalölbilder
beigesteuert hatte, und durch zahlreiche Lichtbilder verstand es
der Vortragende, von dem Schaffen des fo bescheidenen und
erst in unseren Tagen so recht gewürdigten Künstlers ein leben-
feiges Bild zu entwerfen. Spitzweg ist heute der berühmteste
j uiiter beit Münchner Kleinmalern. Geboren am 5. Februar >808
I und ursprünglich zum Apotheker bestimmt, lernte er einige
Jahre in der Hofapotheke. >837 trat er zuerst mit einem
fertigen Bildchen hervor, mit „dem armeil Poeten", aber schon
diese Erstlingsarbeit ist ein rechter und echter Spitzweg. Später
war er zunächst ein hervorragender Mitarbeiter der „Fliegeiidcii
Blätter", von seine» Zeitgenossen hat er weiiig Anregungen
eiiipfangeii, dagegen wareii die holläiidischen Kleinmeister von
größtem Eiiisluß auf ihn. Ferner die französischen Koloristen,
die er nainentlich durch eine Reise nach Paris im Jahre >85>
kennen lernte. Insbesondere erschloß ihm die französische Laud-
schaftsmalerei einen ganz neuen Stoffkreis, den des (Orients,
eine Beschäftigung, die seinen Kolorismus erst voll zur Eilt-
faltung brachte, von nun an taucht er feinen Pinsel energifdjer
in die Farbe, ohne jedoch in ein virtuoseiitum zu verfallen,
sonderii immer war ihm die Hervorhebung des Malerischen die
vornehmste Aufgabe. Die künstlerische Tätigkeit Spitzwegs ist
überhaupt ganz der Ausfluß einer durchaus persönlich gefühlten
Weltanschauung und der Humor ist das Gebiet, auf dem er
sich meisterhaft bewegt; er selbst, wenn er nach außen schüchtern
war und sich von jeder Gesellschaft zurückzog, war innen durch
und durch voll echtem Humor. Seine bürgerliche Uingebung
aus der Zeit von >850—>8S0 hat er unübertrefflich dargestellt,
er hat uns in feinen Bildern gewissermaßen die ganze Kultur
jener Kreise aufbewahrt. Spitzweg starb >885, aber seine
Werke haben Leben behalten. — Den sehr beifällig aufgenom-
mcnen Ausführungen folgten gediegene Vorträge des wachter-
fchen Mandolinen-Enfembles.

verantw. Red.: prof. £. ©melitt. — Herausgegeben vorn Bayer. Aunstgewerbeverein. - Druck und Verlag von R. Mldenbourg. München.
 
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